In wenigen Monaten hört Michael Frenzel als Vorstandschef des Touristikkonzerns TUI in Hannover auf. Nachfolger kommt von Vodafone.

Hannover. Die Tage von Michael Frenzel als Vorstandschef des Touristikkonzerns TUI in Hannover sind gezählt. Auf die Nachricht, dass er im Februar kommenden Jahres von Friedrich Joussen, Deutschland-Chef des Mobilfunkkonzerns Vodafone abgelöst wird, reagierte die Börse gestern eindeutig: Die Aktie des weltweit größten Touristikkonzerns erlebte einen Kursprung um 3,5 Prozent.

Dass der absehbare Abgang des dienstältesten deutschen Vorstandschefs eines Großkonzerns die Börse entzückte, hat nicht nur damit zu tun, dass die TUI seit jetzt bereits fünf Jahren keine Dividende mehr ausschüttet. In den ersten Jahren nach Amtsantritt im Jahr 1994 war das noch anders: Da galt Frenzel als Vorzeigemanager mit Visionen. Er krempelte den alten Industriekonzern Preussag um, trennte sich von Stahl und Anlagenbau, schmiedete den Reisekonzern inklusive Umbenennung zu TUI.

Im Jahr 2000 wurde er dafür sogar zum Manager des Jahres gewählt. Er wolle raus aus den zyklischen Geschäften, war damals sein Credo. Aber er landete durch den Einbruch der Reisemärkte nach dem 11. September 2001, weitere Anschläge in Touristikregionen und Konjunktureinbrüche samt neuer Konkurrenz im Reisegeschäft durch das Internet in einem seither extrem zyklischen Geschäft mit Höhen und noch mehr Tiefen.

Verlässlich waren in der Konzernzentrale in Hannover bald nur noch die regelmäßigen Strategiewechsel, bei denen zudem immer wieder andere Köpfe rollten. Hamburg bekam dies zu spüren, weil Frenzel zeitweilig auf ein Zweisäulenmodell von Reise und Containerschifffahrt setzte. Dann aber gab es im Jahr 2008 auch hier einen weiteren Schwenk, und weil ein Verkauf von Hapag-Lloyd mit Sitz in Hamburg an die Rederei Neptune Orient Lines (NOL) drohte, machten in der Hansestadt Wirtschaft und Politik mobil.

+++ Tui setzt trotz Finanzkrise auf Urlaubslaune +++

Das Hamburger Konsortium Albert Ballin unter Führung des Logistikunternehmers Klaus-Michael Kühne und unter Beteiligung der Stadt Hamburg kaufte die Mehrheit des Unternehmens, sicherte so den Firmensitz. Dabei ging es immer erklärtermaßen auch darum, den Hafenstandort zu sichern und für Wettbewerb zu sorgen. Im Jahr 2013 wird sich die TUI absehbar von ihren letzten Anteilen trennen. Für den jetzt 65-jährigen Frenzel ging es bei dem Verkauf eigentlich nur darum, den unter hohen Schulden stöhnenden Reisekonzern flottzuhalten und den Aktionären durch anstehende Verkäufe wenigstens Renditeaussichten zu versprechen und sie so bei Laune zu halten.

Unter Druck steht Frenzel aktuell auch durch den größten TUI-Aktionär Alexej Mordaschow, der sich im Laufe der Jahre auf 25,06 Prozent der Aktien hochgekauft hat. Der russische Milliardär Mordaschow hat seit dem Beginn seines Engagement 2007 nicht nur keine Dividenden gesehen, sondern hat wie alle anderen Aktionäre zusehen müssen, wie der Wert der Aktie sich auf fünf Euro umgerechnet auf ein Viertel des früheren Wertes reduzierte.

Zusammen mit dem seit vielen Jahre als Frenzel-Feind ausgewiesenen zweiten Großaktionär, dem norwegischen Reeder John Fredriksen mit einem 15-Prozent-Anteil, könnte Mordaschow dem Vorstandschef Frenzel zunehmend das Leben schwer machen. Zumal sich auch der neue TUI-Aufsichtsratschef Klaus Mangold, so berichtete es am Wochenende die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" immer häufiger auf Mordaschows Seite schlage. Eine für ihn komfortable handzahme Mehrheit im Aufsichtsrat zu organisieren, das galt in der Vergangenheit quer durch alle Krisen des Unternehmens und eigene Fehlentscheidungen als eine der größten Stärken von Michael Frenzel.

Derzeit wird die TUI von zwei Zentralen in Hannover und London in einem verschachtelten Konzern geführt, der neue Chef Friedrich Joussen, 49, wird versuchen müssen, für klare Strukturen zu sorgen und endlich wieder auskömmliche Preise im Reisegeschäft zu erzielen - trotz Internet und sich ändernder Trends in der Branche. Bei seinem bisherigen Arbeitgeber Vodafone, hinterlässt Joussen eine rentable Deutschland-Tochter. Joussen wird noch bis zu 30. September bei Vodafone bleiben. Auf seinen dortigen Chefsessel folgt Jens Schulte Bockum, der bei dem Konzern bisher das Niederlande-Geschäft leitete.

Bei TUI in Hannover wird Joussen dann noch einige Monate als Vorstand mit dem Vorstandschef Frenzel zu tun haben. Der Nachfolger beginnt im Oktober, Frenzel geht erst im Februar. Und auch danach wird der alte dem neuen Chef quasi über die Schulter schauen bei dem Versuch, bei der TUI Klarschiff zu machen: Frenzel soll Aufsichtsratschef der wichtigsten Tochter TUI Travel bleiben und auch das Amt als Präsident des Welt-Tourismusverbandes behalten.