Hamburgs Retter fordern für den A-7-Deckel in Stellingen eine moderne Sprühnebelanlage. Doch der Bund will lieber sparen.

Hamburg. Der Autobahndeckel über die A 7 ist eines der ehrgeizigsten Bauprojekte in Norddeutschland. In Schnelsen, Stellingen, Bahrenfeld und Othmarschen soll die viel befahrene Autobahn auf einer Gesamtlänge von rund 3500 Metern aus Lärmschutzgründen überdacht werden, knapp 700 Millionen Euro lassen sich Bund und Hamburg die gigantische Baumaßnahme kosten - doch spart der Bund dabei auf Kosten der Sicherheit der Autofahrer?

So sieht es zumindest die Hamburger Feuerwehr, die beim 893 Meter langen, vom Bund getragenen Tunnelbauwerk in Stellingen von einem "hohen Risikopotenzial" spricht und deshalb den Einbau einer modernen Beregnungsanlage fordert. Zehn Millionen Euro soll diese "Hochdrucknebel-Brandbekämpfungsanlage" kosten, die bei simulierten Großbränden in spanischen Tunnelbauwerken bereits erfolgreich getestet worden ist. Doch zahlen will der Bund nach einem Bericht von NDR 90,3 dafür nicht.

Denn ob so eine Anlage sinnvoll oder überflüssig ist, darüber sind sich Feuerwehr und Bund uneins. "Bereits im August hat die Feuerwehr in einer Stellungnahme auf die Notwendigkeit einer Sprühnebelanlage hingewiesen", sagt der stellvertretende Hamburger Feuerwehrchef Werner Thon. Aus Berlin hieß es, gestützt auf Gutachten: Der Tunnel sei auch ohne das automatische Brandbekämpfungssystem sicher. Das Bundesverkehrsministerium sah sich am Dienstag nicht in der Lage, eine entsprechende Anfrage des Abendblatts zu beantworten.

Aus Gründen des Brandschutzes, so die Hamburger Feuerwehr, sei eine Sprinkleranlage indes dringend erforderlich. Mehr als 150.000 Autos rollen täglich über die A 7 im Abschnitt Stellingen. Werner Thon, bei der Feuerwehr zuständig für den vorbeugenden Brandschutz, sieht im Stellinger Tunnelbauwerk "enorme Unfallgefahren". Als besonders problematisch stuft der Feuerwehrvize die geplante Verkehrsregelung während der ersten Bauphase ein (Beginn 2014 oder 2015). Dann rollen Verkehr und Gegenverkehr in einer Röhre auf insgesamt sechs Spuren, während die zweite Röhre noch gebaut wird. "Wir gehen davon aus, dass es in der ungefähr einjährigen Bauzeit zu deutlich mehr Staus kommen und damit auch die Unfallgefahr steigen wird", sagt Werner Thon. "Das wird eine ganz heiße Phase für die Feuerwehr."

Denkbar sei beispielsweise ein Szenario, bei dem ein verunglückter Lkw plötzlich in Flammen stehe und einen Großbrand auslösen könne, der "einem Inferno" gleichkomme. Nach Einschätzung der Feuerwehr könnten im Stellinger Tunnel von einem derartigen Brand bis zu 1000 Autofahrer gleichzeitig betroffen sein, sagt Thon und erinnert an den 31. März 2011: Damals stand im Elbtunnel ein Laster in Flammen und hätte um Haaresbreite einen Großbrand ausgelöst.

Solche Lkw-Brände seien mit der geforderten, modernen Sprinkleranlage in den Griff zu kriegen, so Thon. Pro Minute setze die Anlage rund 3000 Liter zerstäubtes Wasser frei, der Tunnel würde in kürzester Zeit in einen dichten Wassernebel gehüllt. Die Flammen eines brennenden Tanklastzuges ließen sich so zwar nicht niederschlagen, aber zumindest könne die Brandhitze eingedämmt werden, sodass Feuerwehrtrupps bis nah an den Brandherd vorrücken könnten. Inzwischen sei auch der 50 Kilometer lange Eurotunnel mit den Sprinkleranlagen nachgerüstet worden. Auch wenn die Feuerwehr die Installation der Sprühnebelanlage favorisiert, so könnten alternativ auch zwei Tunnelwachen geschaffen werden.

Wie beim Elbtunnel könnte je eine Löschmannschaft im nördlichen und südlichen Teil des Stellinger Tunnels postiert werden. Nachteil: Die Kosten von zwei Millionen Euro pro Jahr müsste Hamburg übernehmen. Nach nur vier Jahren wäre diese Lösung teurer als die effektive Beregnungsanlage, so Thon.

Für den ADAC Hansa ist es schlicht unverständlich, warum der Bund bei einem Projekt in dieser Größenordnung ausgerechnet bei der Sicherheit sparen will. ADAC-Sprecher Carsten Willms: "Es ist eine Sauerei, dass der sinnvolle Vorschlag der Hamburger Feuerwehr, die schließlich im Bereich Tunnelsicherheit in Deutschland führend ist, offenbar ignoriert wird." Beim ADAC stößt zudem das Sicherheitskonzept für den Stellinger Tunnel auf Kritik. Wenn es in einer der beiden Röhren brennt, müssten Autofahrer über die Gegenfahrbahn zur anderen Röhre flüchten und dann zur Tunnelausfahrt laufen. "Das birgt natürlich erhebliche Gefahren", sagt Willms. Es sei wahrscheinlich, dass sich die Sicherheitsrichtlinien in einigen Jahren ändern und Sprinkleranlagen in Tunneln zum Standard gehören würden. Dann müsste der Stellinger Tunnel wohl nachgerüstet werden. "Und das wird ein Vielfaches von dem kosten, was jetzt zu zahlen wäre."