Stundenlang fuhren keine Züge. Taxis waren auch nicht zu bekommen. Schon am Morgen hatte es bereits wetterbedingte Probleme gegeben.

Hammerbrook/Harburg . Stundenlang standen die Bahnen still, Tausende Hamburger froren an den Gleisen des Hauptbahnhofs und am Bahnhof Harburg - sie wollten nur weg. Aber wie? Bei Bauarbeiten an der Banksstraße nahe den Deichtorhallen ist am Donnerstagnachmittag eine Gashochdruckleitung angebohrt worden. Weil stundenlang Gas ausströmte, durften keine Bahnen zwischen genannten Stationen verkehren. Ein Funken an der Oberleitung hätte das Gas-Luft-Gemisch zur Explosion bringen können. Die Folge: Chaos am Hauptbahnhof, selbst Taxis waren nach einer halben Stunde nicht mehr zu bekommen.

Eine der Wartenden, die gestern vom Hauptbahnhof in Richtung Süden fahren wollten, war Nadine Reimers. Sie war mit einer Freundin unterwegs: "Wir standen eine halbe Stunde am Bahnsteig, sind aber nicht mal ansatzweise in die Nähe der Bahn gekommen. Wir haben Koffertrolleys dabei. Das ist bei diesem Gedränge fast lebensgefährlich", sagte sie.

Die beschädigte Stahlleitung - eine Hauptversorgungsleitung - wird mit einem Gasdruck von 16 Bar betrieben, das entspricht dem achtfachen Druck eines Autoreifens. Zeitweise bangte der Energieversorger E.on gar um die Versorgungssicherheit der Innenstadt. Grund: Durch den plötzlichen Druckabfall mussten Techniker den Gasdruck erhöhen, sagte Bernd Eilitz, Sprecher von E.on Hanse. Rund 20 Spezialisten des Unternehmens waren im Einsatz. "Das war recht schwierig, da wir einerseits die Sicherheit gewährleisten, anderseits aber auch sicherstellen mussten, dass die Versorgung gewährleistet ist."

Das Gasnetz von E.on Hanse umfasst rund 26.000 Kilometer. Ähnliche Unfälle ereignen sich, so der Energieversorger, beinahe täglich - wenn auch nicht mit so starken Auswirkungen. Allerdings: Die Erdgasleitungen seien in den sogenannten Planwerken verzeichnet, die vor Beginn von Tiefbauarbeiten von den ausführenden Firmen eingesehen werden müssen. "So etwas kann passieren, darf aber nicht", sagt Eilitz. Um das Leck abzudichten, musste zuvor die Gasdruckregelanlage R1268 heruntergefahren werden. Danach wurde das Loch verschweißt. Um 19.14 Uhr meldete der Energieversorger Vollzug - die Leitung war wieder dicht.

Lange zuvor, um exakt 16.07 Uhr hatten Polizei und Feuerwehr verfügt, dass der Zugverkehr eingestellt werden müsse. Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis: "Betroffen waren neben dem gesamten Fernverkehr auch die Metronom-Züge im Nahverkehr." Die Fernzüge wurden nach Auskunft von Meyer-Lovis in Harburg und im Hauptbahnhof "gedreht". Sie fuhren von dort jeweils in die Richtung, aus der sie gekommen sind, zurück.

Die Feuerwehr evakuierte bereits kurz nach Beginn des Zwischenfalls die Deichtorhallen und einige umliegende Gebäude. Der Autoverkehr war von dem Malheur nur am Rande betroffen, da sich in dem von der Feuerwehr auf 50 Meter festgelegten Sperrradius keine Hauptstraßen befanden.

Probleme hatte es bei der Bahn schon am Morgen gegeben: In diesem Fall waren sie allerdings eher "hausgemacht": Ein Zug der Linie S 3 blieb gegen 5.30 Uhr in Neugraben stehen, als es wetterbedingte technische Probleme beim Umschalten von Gleichstrom auf Wechselstrom gab. Auch auf der Strecke zwischen Itzehoe und Hamburg warteten Fahrgäste zum Teil eine Stunde lang. Durch eine zugefrorene Weiche war ein Güterzug stehen geblieben. Dabei hatte Bahnchef Rüdiger Grube erst im Oktober vollmundig verkündet: Sein Unternehmen sei winterfest. Zweistellige Millionenbeträge investierte die Deutsche Bahn in diesem Jahr in den Winterschutz. Im Sommer seien Weichenheizungen überprüft, Abdeckungen gegen Eisbrocken installiert und Abläufe geprobt worden, sagt Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis. Bei der hohen Zahl von täglichen Zugfahrten im Raum Hamburg sei die Ausfallquote zwar relativ gering, so der Bahnsprecher, aber "für den Kunden, der am Bahnsteig warten muss, ist es immer ein Ärgernis". Noch mehr verärgern dürfte manche Kunden die erneute Preissteigerung bei der Bahn: Vom zweiten Advent an erhöht das Unternehmen seine Ticketpreise, eine Fahrt wird dadurch im Schnitt rund 2,8 Prozent teurer. Die Bahn rechtfertigt den Schritt mit dem gestiegenen Strompreis.

Dass auch die beste Vorbereitung nicht hilft, zeigte der Vorfall auf der Strecke zwischen Itzehoe und Hamburg: Ein sogenannter Iglu-Effekt habe die betroffene Weiche lahmgelegt. "Der Schnee ist kuppelförmig über der Schiene festgefroren und hat sie blockiert. Die Weichenheizung konnte den Schnee somit nicht abschmelzen", sagt Meyer-Lovis.

Ähnliche Erfahrungen machte auch die Hochbahn. Während die U-Bahn lediglich eine Weichenstörung meldete - gegen 7 Uhr morgens auf der Strecke der U 1 -, verspäteten sich einige teils überfüllte Busse im dichten Berufsverkehr.