Hamburg bekommt die höchsten Oberfeuer Europas - doch Klagen drohen. Zehn Millionen Euro kalkuliert die HPA für die neuen Türme ein.

Waltershof. Wer dort einmal ganz nach oben möchte, muss 468 steile Treppen erklimmen. Dann wird man die Spitze des wohl höchsten Leuchtturms Europas erreicht haben, der auf dem Eurogate-Gelände in Waltershof geplant wird - schräg gegenüber von der Strandperle in Övelgönne. Mit 99,2 Meter Höhe wird der neue Hamburger Leuchtturm jeden deutschen Rekord brechen und eben auch in Europa Spitze sein: Noch gilt ein Natursteinturm auf einer kleinen Insel in der Bretagne mit einer Höhe von 82,50 Metern als höchster Leuchtturm des Kontinents. 360 Stufen sind es übrigens dort, die man bis nach oben bewältigen muss.

Der Hamburger Rekordturm ist Teil der seit einigen Jahren schon vorgesehenen sogenannten Westerweiterung des Eurogate-Containerterminals, bestätigt der Sprecher der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA), Alexander Schwertner, die Pläne. "An den Türmen planen wir eigentlich schon seit 2009, sind jetzt aber mit dem Projekt weiter", so Schwertner.

Tatsächlich ist das offizielle Genehmigungsverfahren für dieses Mammutprojekt bereits 2009 von der Stadt in Gang gesetzt worden: Die Landspitze am Bubendey-Ufer wird im Zuge der Westerweiterung zum Teil abgetragen, der alte Petroleumhafen zugeschüttet und die Flächen für Schiffsliegeplätze um mehr als einen Kilometer verlängert. Auch dort, wo heute am Ufer noch eine lange Reihe mit Pappelbäumen steht, sind Liegeplätze geplant.

Nach Fertigstellung können mehr Schiffe mehr Container umschlagen. Bis 2018 soll sich der Umschlag auf dem erweiterten Terminalgelände um ein Drittel auf jährlich sechs Millionen Standardcontainer (TEU) erhöhen, so die Planvorgabe. Vergleich: Derzeit werden im gesamten Hafen rund neun Millionen TEU pro Jahr umgeschlagen.

Zudem wird ein riesiger Drehkreis von 600 Metern in der Einmündung zum Waltershofer Hafen geschaffen, damit die neuen großen Frachter dort gedreht werden können. Rund 400 Millionen Euro investiert die Stadt in das Vorhaben, 250 Millionen das Unternehmen Eurogate. Dieses gewaltige Bauprojekt erfordert eben auch eine Neuplanung der Richtfeuerlinie (s. Infokasten). Dazu gehören zwei Leuchttürme, ein höherer und ein tieferer. Der hohe neue Rekordturm dürfte allerdings kaum als neues Wahrzeichen taugen, weil er hinter den neuen Containerbrücken stehen wird. Sichtbarer wird der etwas kleinere, aber mit 75,92 Metern über Normalnull immer noch vergleichsweise hohe zweite Turm am Bubendey-Ufer, der einen bisherigen Leuchtturm ersetzen soll.

Um eine Verwechslung mit den überwiegend rot lackierten Containerbrücken auszuschließen, bekommen beide Türme einen Anstrich mit schwarz-weißen Streifen. Insgesamt zehn Millionen Euro kalkuliert die HPA für die neuen Türme ein. Geplant ist aber auch noch ein dritter Turm - und zwar direkt am gegenüber liegenden Ufer am Elbstrand. Dort muss der HPA zufolge wegen des neuen Drehkreises auch ein etwa 33 Meter hoher neuer Radarturm gebaut werden, damit die Radarüberwachung des Hafenverkehrs jederzeit lückenlos bleibt. "Dieser Turm wird wohl deutlich sichtbarer sein als die Leuchttürme im Hafengebiet", vermutet Schwertner. Die Optik sei daher mit dem Oberbaudirektor abgestimmt worden. Sorgen vor gefährlichen Radarstrahlen müsse man sich am Elbufer nicht machen, versichert der HPA-Sprecher. Die Radarstrahlung zum Elbhang hin werde bei jedem Umlauf des Radarsenders quasi abgeschaltet. Geplanter Standort ist nahe dem Felsen Alter Schwede, in etwa dort, wo der Hohlweg am Strand mündet.

Wann aber die beiden Leuchttürme und der neue Radarturm gebaut werden, ist noch offen. In den kommenden Wochen erwartet die HPA den Planfeststellungsbeschluss zur Westerweiterung. Baubeginn könnte daher noch 2013 sein - allerdings rechnet man mit Klagen, die eine gerichtliche Auseinandersetzung nach sich ziehen könnten. Tatsächlich hatte es Protest von Anwohnern am Elbhang gegen das Projekt gegeben, rund 250 Einwendungen kamen beim Erörterungstermin 2011 auf den Tisch. Und auch Naturschutzverbände haben Bedenken angemeldet.

Das lässt an die Elbvertiefung denken, die nach dem Planfeststellungsbeschluss derzeit bis zur weiteren Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht gestoppt ist. Auch die Elbvertiefung macht den Bau von neuen Richtfeuer-Leuchttürmen in Hamburg notwendig, weil nach Vertiefung und Verbreiterung des Fahrwassers die großen Schiffe elbaufwärts etwas weiter südlich fahren werden. Geplant sind daher von der HPA auch zwei neue Leuchttürme auf Blankeneser Seite. Der größere für das Oberfeuer soll immerhin 70 Meter hoch werden - gut fünf Meter höher als der Eisengitter-Leuchtturm von Campen an der Ems, der bisher als höchster deutscher Leuchtturm gilt.

Ob nun der Turm in Blankenese oder der Turm in Waltershof als Erstes Rekorde brechen wird, hängt von den Klagen und Gerichten ab. Gesichert ist in Sachen Leuchtturm aber ein Hamburger Rekord, den niemand mehr verhindern kann. Der älteste deutsche Leuchtturm wurde um das Jahr 1300 auf der Hamburger Insel Neuwerk gebaut. Damals wohl ganz ohne Planfeststellungsverfahren und klagende Naturschützer