Hamburgs Ordnungshüter sind unzufrieden, veranstalten einen Protestzug zum Rathaus. Kritik an schlechten Arbeitsbedingungen.

Hamburg. Wenn Innensenator Michael Neumann (SPD) heute im großen Saal des Congress Centers Hamburg (CCH) bei der Personalversammlung vor Hamburgs Polizisten tritt, wird er sich viel Kritik anhören müssen. Denn die Ordnungshüter der Hansestadt sind unzufrieden. Sie klagen über geringe Beförderungsaussichten, schlechte Arbeitsbedingungen und zu wenig Personal. Ihren Unmut wollen die Beamten heute auch den Hamburgern zeigen - für den Nachmittag haben sie eine Demonstration angekündigt, zu der sie 3000, möglicherweise sogar bis zu 5000 Teilnehmer erwarten. Um 15.30 Uhr beginnt der Protestzug am Dammtor, dann geht es über den Gänsemarkt zum Rathaus. Dort ist für 16.30 Uhr eine Abschlusskundgebung geplant. Mit erheblichen Verkehrsbehinderungen muss gerechnet werden.

Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, sieht Hamburgs Polizisten nicht nur zu stark belastet - er befürchtet auch, dass die Polizei nicht gut für die Anforderungen der Zukunft aufgestellt ist. "Es geht uns natürlich in erster Linie um die Mitarbeiter. Das schließt auch die Zukünftigen ein", sagt Lenders. "Was die Kollegen heute belastet, wird zukünftige Bewerber davon abhalten, sich in Hamburg zu bewerben. Das ist aber eine der großen Herausforderungen." Katastrophal seien die Beförderungsaussichten. "2008 wurden 2230 Beförderungen und Ernennungen ausgesprochen", sagte Lenders. Dieses Jahr seien es nur 200 gewesen. "Die rund 3,85 Millionen Euro, die dafür vorgesehen waren, müssen auch bereitgestellt werden", fordert er. Es fehle einfach die Perspektive. Ein weiteres Problem sei die Heilfürsorge. Polizisten, die nach 2005 ihren Dienst antraten, müssen sich privat versichern. "Wir haben die Situation, dass zwei Beamte mit dem gleichen Dienstgrad auf einem Peterwagen fahren, aber einer von ihnen gut 200 Euro weniger im Monat in der Tasche hat." Auch Gerhard Kirsch, Landesvorsitzender der Gewerkschaft GdP, moniert: "Die Stimmung nähert sich dem Nullpunkt. Schlechte berufliche Perspektiven, die Flucht des Senats aus der Fürsorgepflicht und eine durch Personalnot verursachte Arbeitsverdichtung sind für viele Kollegen zu einem unerträglichen Zustand geworden."

Optimistischer blickt André Schulz von der Kripo-Gewerkschaft BDK in die Zukunft: "Die Lage ist ernst, aber definitiv nicht hoffnungslos, denn im Vergleich zu vor noch gar nicht langer Zeit besteht aktuell bei ehrlicher Betrachtung für wesentliche Bereiche innerhalb der Polizei so etwas wie Zuversicht und durchaus in Teilen Aufbruchsstimmung."

Dass sich zumindest bei der Heilfürsorge etwas ändert, deutet SPD-Fraktionschef Andreas Dressel an. Geplant ist die Möglichkeit einer gesetzlichen Krankenversicherung mit Selbstbeteiligung. Das wäre für Berufseinsteiger viel günstiger als das jetzige Modell. "In der Innenbehörde wird an dieser Lösung gearbeitet", sagte Dressel. Wichtig sei, dass für die Stadt keine "erheblichen Mehrkosten" entstünden.