Protest der Hamburger Polizisten birgt eine Gefahr

Der Polizist als Wutbürger: Frust regiert bei unseren "Freunden und Helfern". Sie gehen heute auf die Straße, um gegen ihre angeblich miserablen Arbeitsbedingungen zu demonstrieren. Nach Ansicht der Berufsverbände der Schutzpolizei steht die Hamburger Ordnungsmacht (einmal mehr) vor einem Kollaps, ist die innere Sicherheit der Hansestadt akut bedroht.

Doch entspricht diese Darstellung der Realität? Nein, so dramatisch, wie die Gewerkschaften es darstellen, ist die Lage nicht. Nach wie vor bietet die Polizei - im Vergleich - ein in vielen Teilen intaktes Arbeitsumfeld.

Natürlich gibt es Probleme, die schleunigst gelöst werden müssten und die die Polizeiführung vor große, wenn nicht gar unlösbare Aufgaben stellen: Da ist die hohe Einsatzbelastung bei schlechten Beförderungsaussichten, da ist das Dilemma der gestrichenen freien Heilfürsorge - was faktisch weniger Geld bedeutet. Da ist natürlich auch der tägliche Umgang mit Menschen, die die Polizei so gar nicht als Freund und Helfer ansehen, aggressiv auf Uniformierte reagieren, die buchstäblich kratzen und beißen, schlagen und treten. All das ist sowohl körperlich als auch emotional hochgradig anstrengend.

Dennoch: Viele der organisatorischen Probleme werden derzeit angegangen. Und positive Aspekte eines Berufes, den viele, die ihn ausüben, eher als Berufung empfinden, haben Bestand: Kaum eine Tätigkeit ist so abwechslungsreich, kaum eine Firma - und als solche kann man die Polizei ruhig einmal betrachten - ermöglicht es ihren Mitarbeitern, eigene Interessen und Fähigkeiten so intensiv einzubringen. Zu Recht sind Polizisten beamtet. Jobangst kennen sie also im Gegensatz zu Mitarbeitern von privaten Sicherheitsdiensten und allen anderen Arbeitnehmern in der freien Wirtschaft nicht.

Vor diesem Hintergrund müssen sich auch die Polizeigewerkschaften wie DPolG und GdP fragen lassen, ob sie mit ihren lauten Alarmrufen, die Situation sei katastrophal, der Zustand unerträglich, das Maß voll und die Stimmung nähere sich dem Nullpunkt, nicht dazu beitragen, dass die Nachwuchsgewinnung immer schwieriger wird - und sich die Situation am Ende weiter verschlechtert.