Jetzt gibt es zwei Vorschläge, den Strom in luftiger Höhe per Gondel zu überwinden.

Hafencity. Die Tür schließt leise. Lautlos und mit einem sanften Ruck setzt sich die Seilbahnkabine am U-Bahnhof HafenCity-Universität in Bewegung. Erst schwebt sie ein paar Meter über dem Erdboden, dann gewinnt sie rasch an Höhe. Am südlichen Ende des Lohseparks geht es hinaus auf die Elbe. Hier - am höchsten Punkt - sind es bis zur Wasseroberfläche fast 95 Meter. Spätestens in diesem Moment zeigt es sich, ob man schwindelfrei ist.

Dann geht es rasch wieder hinunter auf den nördlichen Teil des Kleinen Grasbrooks. Am Boden vollführt die Seilbahnkabine einen Richtungswechsel. Jetzt schwebt die Kabine in einer Höhe zwischen 50 und 60 Metern parallel zu den Hafenanlagen elbabwärts. Vorbei am Oswaldkai, am Hafenmuseum und am Stückgutterminal. Der Blick auf die HafenCity und die dann fertige Elbphilharmonie ist atemberaubend. Beim Musicalzelt senkt sich die Seilbahn zu Boden, und die 15-minütige Reise geht zu Ende.

So in etwa stellen die Initiatoren der HafenCity-Seilbahn sich den kurzen Trip mit ihrer Bahn vor, wenn diese - in ein, zwei Jahren vielleicht - Wirklichkeit werden sollte. Am Freitag präsentierten Vertreter des weltweit agierenden Seilbahnbauers Leitner AG zunächst einmal die Pläne für die HafenCity-Seilbahn. Die panoramareiche Strecke ermögliche den Fahrgästen einen Blick auf Hamburg, wie er bislang nicht zu erleben sei, warb Prof. Phillip W. Goltermann vom Entwicklungsbüro Drees & Sommer für das Projekt.

Die Idee, mit einer Seilbahn die Norderelbe zu überwinden, ist indes nicht neu. Ursprünglich stammt sie von der Stage Entertainment GmbH und dem österreichischen Seilbahnproduzenten Doppelmayr, die mit dem attraktiven Gefährt in erster Linie Musicalgästen eine spektakuläre Anreisemöglichkeit zu der "König der Löwen"-Spielstätte bieten wollen. Von St. Pauli aus über die Elbe bis hin zum Musicalzelt schweben: Angesichts des harten Konkurrenzkampfs, den deutsche Musicalstandorte sich liefern, wäre das ein Plus für das Hamburger Angebot.

Die am Freitag vorgestellte zweite Seilbahn-Idee rückt hingegen die Touristen in den Mittelpunkt. Natürlich könnten auch Musicalbesucher die Bahn nutzen, sagte Goltermann. Im Kern gehe es aber darum, Hamburgs Skyline, den Elbstrom und das Hafenareal erlebbar zu machen, sagte er etwas pathetisch. Wer sich von der HafenCity aus per Seilbahnkabine mit 22 Kilometern pro Stunde auf die gut viereinhalb Kilometer lange Strecke mache, der solle die Stadt aus einem anderen Blickwinkel erfahren.

Daran, dass hier Profis am Werk sind, wurde bei der Vorstellung kein Zweifel gelassen. Seit gut 120 Jahren baue die in Sterzingen beheimatete Leitner-Gruppe Seilbahnen, sagte Vorstandsreferent Gerold Siller. Groß geworden sei das Unternehmen, das mit seinen mehr als 3250 Mitarbeitern im vergangenen Jahr einen Umsatz von fast 800 Millionen Euro erwirtschaftete, im Wintersportgeschäft. Seit gut 20 Jahren engagiere man sich allerdings auch in Metropolen. Sogenannte urbane Seilbahnen der Leitner AG gebe es unter anderem in Hongkong, Barcelona, New York und Rio de Janeiro.

In Deutschland sei man besonders auf den Skyliner stolz, sagte Siller. Der hatte in Hannover auf der Expo 2000 innerhalb von fünf Monaten neun Millionen Besucher transportiert. Dagegen nehmen sich die geschätzten 1,5 Millionen Fahrgäste pro Jahr für die HafenCity-Seilbahn zwar bescheiden aus. Doch Siller ist sich des Erfolgs in Hamburg sicher: "Unser Projekt wird ein touristisches Highlight und rentabel sein."

Das muss es auch, denn die Südtiroler versprechen eine private Finanzierung von Bau und Unterhalt der Seilbahn. Und das bei Preisen von 6,50 Euro für eine Fahrt. Für Hamburger soll der Ticketpreis sogar nur bei fünf Euro liegen. Bis zu 2000 Gäste könnte sie innerhalb einer Stunde auf der Strecke von der HafenCity zum Musicalzelt transportieren, sagte Michael Tanzer, Vertriebsleiter Seilförderanlagen bei der Leitner AG. Aber in verkehrsschwachen Zeiten sei auch eine reduzierte Geschwindigkeit der Kabinen drin. "Dann dauert die Sightseeingtour zwei, drei Minuten länger."

Wichtig ist den Südtirolern, dass die Kabinen behindertengerecht sind. Sowohl auf dem Kleinen Grasbrook als auch am Musicalzelt könnten die Passagiere aus- oder zusteigen. Und da die Abendfahrt besonders attraktiv sein dürfte, würde die Seilbahn wohl bis 23 Uhr betrieben", sagt Tanzer.

Die Konkurrenz einer von St. Pauli kommenden Seilbahn über die Elbe fürchte man nicht, sagte Goltermann. Vielleicht könnten sich beide Bahnen sogar ergänzen. Das Problem, vor dem die Initiatoren beider Seilbahnprojekte stehen, sind Hamburgs Behörden. Dort war man am Freitag - offiziell jedenfalls - sichtlich überrascht und versprach, was Behörden in so einer Situation immer versprechen: Man werde die Pläne prüfen.