Das Hotel an der Fontenay erlebte im letzten Jahrhundert glanzvolle Zeiten. Nach dem Wegzug der Spielbank 2006 wurde es deutlich ruhiger.

Rotherbaum. Eigentlich sind alle Vorbereitungen getroffen für die festlichsten Wochen des Jahres. In genau einem Monat soll ein lauschiger Weihnachtsmarkt auf dem "Alster-Rondell" vor dem Hotel InterContinental Adventsstimmung verbreiten - Glühwein, frische Waffeln oder Steckrübeneintopf inklusive. Und wer Silvester mit erhabenem Gefühl feiern will, kann schon jetzt ein Sechs-Gänge-Menü in der neunten Etage buchen. Für 189 Euro. Nach einem Begrüßungs-Champagner stehen Köstlichkeiten wie lauwarmer Hummer mit Mango-Papaya-Relish und Rinderfilet mit Trüffelkruste auf dem Speiseplan.

Doch ob an der Fontenay 10 zum Jahreswechsel tatsächlich gut gelaunt die Korken knallen können, ist fraglich. Nach dem Konkursantrag des Eigentümers und Betreibers Grod Hotel GmbH sieht die Zukunft des erstklassigen Hauses an der Außenalster finster aus: Der Stern über einer der vornehmsten Adressen Hamburgs könnte erlöschen. Gut vier Jahrzehnte nach der Eröffnung droht das Aus.

"Noch ist das Licht an", sagte Hotelsprecherin Claudia Glantz mit einem Hauch von Trotz. "Der Betrieb geht weiter." Fragt sich nur, wie lange noch. Nach Angaben der Besitzerfirma Grod GmbH mit Unternehmenssitz in der Schweiz habe ihre Hamburger Hausbank die Geschäftskonten "eingefroren", sodass Insolvenz angemeldet werden musste. Das Konkursamt in Zug, so heißt es in einer offiziellen Mitteilung, "wird grundsätzlich über die Fortführung entscheiden". 140 Mitarbeiter, die um ihre Arbeitsplätze fürchten, hatten gestern alle Hände voll zu tun, die interne Nervosität nicht auf die Gäste zu übertragen. Fotografen und Kamerateams wurde der Zutritt verwehrt.

Leider passt der Titel des just angelaufenen James-Bond-Thrillers "Skyfall" ins aktuelle Bild: Himmelssturz. Denn nach dem Hotelstart im Januar 1972 bot das InterConti, wie die Hamburger kurz und knapp zu sagen pflegen, Glanz und Glamour sogar für die internationale Bühne. So war es für 007-Darsteller Timothy Dalton eine selbstverständliche Ehre, anlässlich der Deutschland-Premiere des Spionagefilms 1987 im seinerzeit angesagten Hotel an der Fontenay zu wohnen. Titel des Kassenschlagers damals: "Der Hauch des Todes". Auch der Waffenschmied Ihrer Majestät, der Erfinder Mister "Q", setzte sich im obersten InterConti-Stockwerk an den Kessel und ließ die Roulettekugel rollen. Vom Vorspiel an der Fontenay wurden die Ehrengäste in Doppeldeckerbussen zur Premiere im Streit's am Jungfernstieg chauffiert.

Seit dem Eröffnungstag am 20. Januar 1972, an dem 237 Flaschen Champagner auf Kosten des ersten internationalen Kettenhotels in der Hansestadt geleert wurden, trug das Kasino zum illustren Ruf des Hotels bei. Mit dem Umzug der Glücksspielstätte gen Esplanade im Jahr 2006 war nicht nur dieser Glanzpunkt perdu. Zwar wurden immer wieder viele Millionen in bessere Zimmer, Restaurants sowie einen luxuriösen Wellnessbereich investiert, doch änderte sich an der unwirtlichen Fassade im kühlen Stil der 70er-Jahre wenig.

Das InterConti mag zwar den Komfort von fünf Sternen bieten, ist jedoch nicht klassifiziert. Von Jahr zu Jahr stand die Betonburg an der Außenalster mehr im Schatten der Konkurrenz, neben deren Portal tatsächlich fünf Sterne prangen. Dennoch loben Besucher nach wie vor den freundlichen Service, die guten Restaurants und ganz besonders die hervorragende Lage direkt am Wasser. "Es ist alles in Ordnung", sagt ein Stammgast, "aber eben auch nicht mehr." Selbst Freunde des Hauses meinen, bei aller Liebe, dass Glanz und Gloria der Vergangenheit angehören. Hohe Investitionen konnten kein besseres Image erkaufen. Immer wieder wechselten Besitzer und Manager, derweil alte Rivalen besser nachrüsteten oder neue Hotels aufmachten.

Was waren das noch für Zeiten, in denen die High Society im Hotel InterContinental Hof hielt! Zwischen 1983 und 2000 begrüßte der damals stadtbekannte Direktor Fritz Bielefeld die Prominenz reihenweise. Der 20. Geburtstag im Jahre 1992 wurde im Rahmen einer prunkvollen Gala mit 1800 Ehrengästen gefeiert.

Dauergast Udo Lindenberg war dabei, bevor es ihn ein Hotel weiter zog. Gemeinsam mit Bill Ramsey und anderen tanzten die Brasilianerinnen von Via Brasil durch eine lange Nacht. Zum Dessert wurden zwei Quadratmeter Tiramisu in den Saal gerollt. Wunderkerzen brannten. Dass Drogenfahnder zwei Monate später drei Dealer mit 2,6 Kilo Kokain festnahmen, konnte offensichtlich in den besten Häusern passieren. Das Gästebuch zeugte von Sternstunden. Tina Turner trug sich ein, Karl Lagerfeld ebenso, auch Max Schmeling oder Mario Adorf. Und als das Tennis-Turnier am Rotherbaum noch Weltklasse war, fand die renommierte "Players Night" - natürlich - im "Interconti" statt.

Nicht nur in Hamburg fragte man sich, mit wem sich Boris Becker zu fortgeschrittener Stunde absentiert hatte. Die Antwort kannte weder der Wind noch Howard Carpendale, der auf ein paar Drinks präsent war. Derweil parkten draußen vor der Tür, von der Boulevardpresse aufmerksam notiert, ein stahlblauer Porsche aus Stockholm, ein weinroter Luxuswagen aus Monaco und andere Boliden vom Feinsten und Teuersten. Blitzlichter und laufende Kameras gehörten zum Alltag.

Gesellschaftsreporter auf der Suche nach Prominenz wurden zwischen der Drehtür am Haupteingang, der Rezeption, Lounge und Bar in der Regel problemlos fündig. In der 82 Quadratmeter großen Fontenay Suite wohnten in der Gründerzeit Stars wie Barbra Streisand, Leonard Bernstein, Harry Belafonte, Placido Domingo oder Sir Alec Guinness. Von der Präsidenten-Suite aus genoss José Carreras den Blick über Hamburg. 1987 wurde ein 700 Quadratmeter großer Ballsaal eingeweiht - der alte war "durchtanzt". Verdammt lang ist's her.

Trotz aller Bemühungen wurde es immer ruhiger im früheren Luxuspalast. Im vergangenen Jahr lockte die Präsentation des Kinofilms "Gegengerade" Uwe Ochsenknecht rund 500 weitere Gäste an. Da weilte James Bond längst in anderen Sphären.