Die Verhandlungen mit dem Baukonzern sind seit drei Wochen auf Eis gelegt. Kulturbehörde spricht von “kritischer Phase“.

Hamburg. Drei Monate nach der Einigung mit dem Senat, die Elbphilharmonie gemeinsam fertigzustellen, wird jetzt doch eine Kündigung des Essener Baukonzerns Hochtief durch die Stadt immer wahrscheinlicher. Nach Abendblatt-Informationen haben sich die Verantwortlichen des Projekts in einer sogenannten Lenkungsgruppe zuletzt am 18. September zusammengesetzt - seitdem herrscht Funkstille zwischen den zerstrittenen Parteien. Auf der Baustelle stehen die Arbeiten seit nunmehr einem Jahr quasi still. Im Rathaus wird mit einer Trennung gerechnet. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) lässt sich bereits detailliert darüber informieren, wie ein Weiterbau ohne Hochtief gelingen könnte.

"Hochtief hat die Verpflichtung aus der Eckpunktevereinbarung bisher nicht erfüllt", sagte gestern Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde, dem Abendblatt. "Trotz mehrfacher Zusagen des Bauunternehmens, zum Beispiel das Saaldach abzusenken, und trotz der Einigung über die Eckpunkte einer Neuordnung gibt es bis heute keinen substanziellen Fortschritt. Die Verhandlungen mit Hochtief sind daher in einer kritischen Phase."

Anfang Juli war die Trennung von Hochtief in letzter Minute verhindert worden. Damals hatte die Stadt dem Konzern ein Ultimatum gestellt. Hochtief-Vorstand Marcelino Fernandez Verdes und Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) präsentierten ein Eckpunktepapier. Vereinbart wurden das "Planen und Bauen aus einer Hand" sowie die Fertigstellung des Konzerthauses im August 2015.

Doch noch immer sind vier wesentliche Punkte strittig:

- Bei der Statik für das Dach des Großen Saals geht es um ein installiertes Messverfahren zur Überprüfung der Sicherheit des Tragwerks. Die Stadt hält die Konstruktion für sicher, der Konzern hält es für erforderlich, das Stahl-Beton-Geflecht an zahlreichen Stellen zu "ertüchtigen". Nun ist ein Streit über die Technik entbrannt und darüber, ob die installierten Geräte ausreichen, um beim Absenken des Daches brauchbare Ergebnisse zu bekommen.

- Bei einer Neuordnung sollen Hochtief und die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron als Generalplaner zukünftig gemeinsam planen. Bei einer solchen Lösung verlangt der Generalplaner, aus der Haftung für mögliche bisherige Planungsfehler entlassen zu werden. Eine solche Freistellung wird die Stadt nicht akzeptieren, da sie sonst alleine auf den Fehlern der Vergangenheit hängen bleiben würde.

- Als Fertigstellungstermin wurde im Eckpunktepapier der August 2015 festgeschrieben. Da die Neuordnungsvereinbarung immer noch nicht unterschrieben ist, geht der Konzern jetzt von einer Fertigstellung Ende 2015 aus. Das will die Stadt nicht akzeptieren.

- Auch die Kosten für das Bauwerk, das für den Steuerzahler momentan mit 323 Millionen Euro zu Buche schlägt, sind strittig. Teurer wird es in jedem Fall. Während Hochtief vor der Neuordnung eine möglichst große finanzielle Einigkeit erzielen will, strebt die Stadt an, alle strittigen Forderungen in ein Schiedsgerichtsverfahren zu stellen.

Hochtief-Sprecher Bernd Pütter ist "zuversichtlich, dass wir eine gemeinsame Lösung hinkriegen. Die Gespräche dauern an, die Materie ist sehr komplex." Dagegen hat die Stadt einen Plan B in der Tasche. Nach der Kündigung würde die städtische ReGe die Leistungen, die teilweise neu ausgeschrieben werden müssten, einzeln vergeben.