Die Bauarbeiten sollen bei fließendem Verkehr umgesetzt werden. Außerdem wird die Strecke bis zu achtspurig ausgebaut.

Stellingen. Zu später Stunde am 23. März wurde es auf der Autobahn 7 zwischen der Abfahrt Stellingen und dem Dreieck Hamburg-Nordwest plötzlich ganz still. Kein Auto, kein Laster, kein Bus rollte über die sechs asphaltierten Fahrbahnen. An dem Streckenabschnitt, wo täglich im Schnitt 150.000 lärmende Fahrzeuge gezählt werden, schien die Erde still zu stehen. Punkt 22 Uhr hatte die Polizei die Autobahn in beide Richtungen gesperrt. Die Brücke der Umgehungsbahn - sie kreuzt die A 7 nördlich der Anschlussstelle Stellingen - sollte ausgetauscht werden.

Was die Verantwortlichen in diesem Frühjahr als vorbereitende Arbeiten für den Ausbau der Autobahn auf sechs beziehungsweise acht Spuren bezeichneten, war ein Testlauf für das, was die Autofahrer in den kommenden zehn Jahren auf der A 7 nördlich des Elbtunnels immer wieder mal erwarten wird: die zeitweise vollständige Sperrung einer der meist befahrenen Verkehrstrassen Deutschlands.

Die Autobahn soll bis Ende dieses Jahrzehnts in den Abschnitten Altona und Stellingen von sechs auf acht Spuren erweitert werden, im Bereich Schnelsen von vier auf sechs Spuren. Zudem ist geplant, drei Lärmschutztunnel mit einer Länge von insgesamt rund 3,6 Kilometern zu errichten. Neben der Verbesserung der Verkehrssituation verfolgen die Verkehrs- und Stadtplaner ein großes Ziel: Durch die Tunnel, auf deren Dächer Grünflächen, Parks, Wege sowie Kleingärten geplant sind, soll der Westen Hamburgs, den die A 7 durchschneidet, wieder verbunden werden.

Seit dem Jahr 2008 liefen die Planungen auf Hochtouren, erzählt Bernd Rothe, zuständiger Bereichsleiter bei der Deges GmbH, die im Auftrag des Bundes und der Stadt das Projekt umsetzt. "Die Vorgabe lautet, die Bauarbeiten bei laufendem Verkehr auf sechs Spuren umzusetzen." Der Vorteil: Die gesamte Autobahn muss "nur punktuell und zeitlich begrenzt" gesperrt werden und nur dann, "wenn es anders wirklich nicht geht". So wie im Frühjahr, als die etwa 350 Tonnen schwere Eisenbahnbrücke installiert werden musste.

Die Anforderung, die Bauarbeiten bei fließendem Verkehr umzusetzen, machen das Projekt kompliziert und vor allem teuer. Insgesamt sollen die Kosten bei fast 550 Millionen Euro liegen, von denen die Hansestadt etwa 195 Millionen Euro trägt. Darin ist eingerechnet, was im Dezember vergangenen Jahres bekannt wurde: dass im Vergleich zu ersten Planungen über den Bau der Tunnel mit Mehrkosten in Höhe von rund 112 Millionen Euro zu rechnen ist. Die Opposition kritisierte die Kostensteigerung heftig, und das böse Wort von einer "zweiten Elbphilharmonie" machte die Runde. Und über eines sind alle Beteiligten sich einig: Die 550 Millionen Euro sind eine Schätzung "Stand Sommer 2012". Wie teuer es am Ende wirklich wird, ist derzeit nicht abzusehen.

Im August sorgte nun Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch für Aufregung, als er die Planungen für den A-7-Deckel im Bereich Altona infrage stellte. In einem Interview mit der Zeitung "Die Welt" deutete Horch an, es könne Verkürzungen und geänderte konstruktive Maßnahmen geben, "die es uns erlauben, Kosten einzusparen". Fragt man inoffiziell in den zuständigen Behörden für Wirtschaft und für Stadtentwicklung nach, stößt man auf Achselzucken. Niemand weiß so recht, was der parteilose Senator eigentlich gemeint haben könnte.

Offiziell sagt die Sprecherin der Wirtschaftsbehörde, Helma Krstanoski, es sei üblich, dass bei einem über Jahre dauernden Bauprojekt die Kostenschätzungen sich änderten. "Wenn es aus dem Ruder läuft, benötigt man einen Plan B." Wie dieser aussehen könnte, dazu wollte Krstanoski allerdings nichts sagen.

Bernd Rothe von der Deges kann die Debatte über die Kostensteigerungen nur schwer nachvollziehen. Als 2008 die erste Studie über das Bauprojekt der Öffentlichkeit vorgestellt worden sei, "war eigentlich jedem klar, dass die Baupreise fortgeschrieben werden müssen". Insofern war auch die seinerzeit erhobene Kostenschätzung vorläufig. Nach Rothes Worten sind es vor allem steigende Baupreise, die zu zusätzlichen Kosten führten und - "wie es weitergeht, ist schwer prognostizierbar" - führen werden.

Wie schwer vorhersehbar das Ganze offensichtlich ist, zeigt die Entwicklung der vergangenen Jahre. "Nachdem wir zwischen 1992 und 2005 eher stagnierende Preise erlebten, war in den vergangenen sechs, sieben Jahren die Steigerung sehr deutlich", sagt Rothe. "Energie wurde um rund 25 Prozent teurer, Bitumen sogar um 100 Prozent." Auch die Preise für Zement und Stahl, neben Bitumen die wichtigsten "Zutaten" beim Straßenbau, kannten nur die Richtung nach oben. Das wirkt sich jetzt auch deshalb kostentreibend aus, weil inzwischen beschlossen wurde, die Fahrbahn insgesamt zu erneuern. "Bei den ersten Planungen hatte man einen Teil nur sanieren wollen", sagt Bernd Rothe.

Hinzu kommen im Laufe der Jahre beschlossene Veränderungen bei der Ausstattung der drei Tunnel und erhöhte Sicherheitsanforderungen. "Wir wollen natürlich, dass bei Fertigstellung eines Tunnels die zu diesem Zeitpunkt beste Technik eingebaut ist", sagt Bernd Rothe. Lüftungsanlagen, Notrufsäulen, Videoüberwachung, zusätzliche Notausgänge und eine gut ausgestattete Tunnelleitzentrale - alles Elemente, die Geld kosten, aber für die Sicherheit derjenigen, die das A-7-Teilstück nutzen, unabdingbar sind. "Hinzu kommt, dass gerade in Sachen Sicherheit das Niveau in Deutschland hoch ist", sagt Bernd Rothe. "Die Richtlinien werden die Jahre über fortgeschrieben und erhöhen dadurch natürlich die Kosten."

Die Opposition in der Bürgerschaft sieht das nicht ganz so locker. "Wir reden hier immerhin von einer Preissteigerung in Höhe von 35 Prozent", sagt der FDP-Abgeordnete Wieland Schinnenburg. Bei einer Steigerung um zwei oder drei Prozent hätte er nichts einzuwenden. "Meine Kritik: Der Senat plant nicht gut genug." Das sei bedenklich, zumal die Finanzierung durch den Bund noch nicht in trockenen Tüchern sei. "Nicht alle Straßenbauprojekte, die in Berlin als vordringlich angemeldet wurden, werden auch gebaut", sagt Schinnenburg. Der FDP-Politiker fürchtet daher, dass Meldungen über große Kostensteigerungen die Finanzierung durch den Bund gefährden könnten.

Deges-Experte Rothe geht hingegen davon aus, dass die notwendigen Gelder in Berlin bewilligt werden. Die A-7-Erweiterung im Bereich Schnelsen korrespondiere mit einem Ausbau der Autobahntrasse in Schleswig-Holstein, sagt er. Dieses Projekt sei aber im vergangenen Jahr europaweit ausgeschrieben worden. Was den Zeitplan angehe, so könne dieser in erster Linie durch Einsprüche von Anwohnern oder Klagen noch durcheinandergebracht werden. "Es hängt jetzt vom Ausgang der Planfeststellungsverfahren ab, ob wir im Bereich Schnelsen im kommenden Jahr und im Bereich Stellingen im Jahr 2014 beginnen können."

Die meiste Unklarheit gibt es im Bereich Altona. Bislang ist geplant, den Bereich von der Behringstraße bis zur S-Bahn nur halb - lediglich die westlichen Fahrbahnen - zu überdeckeln, da auf der östlichen Seite der Autobahn ein Gewerbegebiet liegt. Kritiker fordern hingegen die Überdecklung der gesamten Trasse. Die Mehrkosten in Höhe von 14 Millionen Euro, die Hamburg tragen müsste, könnten über den Verkauf von dann verkehrsberuhigten Grundstücken am Rand der Autobahn aufgebracht werden. Der Stadtentwicklungsausschuss der Bürgerschaft empfiehlt aber bislang, an dem geplanten "halben" Deckel festzuhalten.

Diskutiert wird ebenfalls darüber, warum der Altonaer Tunnel nicht bis an den Elbtunnel herangezogen wird. Die Stadtentwicklungsbehörde beziffert die Mehrkosten auf mehr als 120 Millionen Euro, die Hamburg übernehmen müsste. Die Kosten würden explodieren, weil Elbtunnel und Altonaer Tunnel zusammen rund 5,5 Kilometer lang wären, was die Anforderungen an die Sicherheit und die Belüftung enorm steigern würden.

Wer in diesen Herbsttagen auf der Brücke steht, wo der Wördemanns Weg die A 7 überquert, kann sein eigenes Wort nicht verstehen. Schier endlos rollen die Fahrzeuge heran, der Krach kennt kaum Unterbrechungen. Dann wird einem rasch klar, dass an dem Tunnelprojekt kein Vorbeikommen ist. Selbst wenn es am Ende teurer wird.