Der Parteivorstand beurlaubt den 37-Jährigen. Der bestreitet alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe.

Beamte der Staatsanwaltschaft und der Polizei haben am Freitagmorgen die Wohnung des Hamburger SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Bülent Ciftlik durchsucht. Ciftlik soll eine Scheinehe zwischen einer Deutschen und einem Türken vermittelt haben. "Es besteht der Anfangsverdacht zum Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz", sagte Wilhelm Möllers, Sprecher der Staatsanwaltschaft, dem Hamburger Abendblatt.

Der 37-Jährige ist migrationspolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion und seit 2004 Pressesprecher der SPD in Hamburg. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Hausdurchsuchung hat SPD-Chef Ingo Egloff Ciftlik als Parteisprecher beurlaubt. Vorausgegangen war ein Gespräch Egloffs mit seinen beiden Stellvertretern Frank Richter und Inka Damerau. "Ich bin ziemlich erschüttert. Ich habe von den Ermittlungen nichts gewusst und eben erst davon erfahren", sagte Egloff dem Abendblatt.

Ciftlik muss sich seit Tagen mit Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Stimmzettelklau bei der SPD-Mitgliederbefragung zur Bürgermeisterkandidatur am 25. Februar 2007 auseinandersetzen. Parteiinterne Kritiker halten Ciftlik vor, dass er in Befragungen unterschiedliche Angaben darüber gemacht hat, wann er am Tag der Tat die Parteizentrale verlassen hat. Dort stand die Urne, aus der knapp 1000 Stimmern gestohlen wurden. Bis heute ist kein Täter ermittelt worden. Egloff hatte Ciftlik stets gegen alle Vorwürfe verteidigt (siehe auch Bericht Seite 14). Ciftlik ist innerhalb der SPD unter anderem auch deshalb umstritten, weil ihm vorgeworfen wird, mit zweifelhaften Mitteln im Bürgerschaftswahlkampf 2008 um Stimmen, vor allem bei türkischstämmigen Wählern, geworben zu haben.

Die Ermittlungen gegen Ciftlik laufen nach Abendblatt-Informationen seit März dieses Jahres. Laut Möllers soll er eine 32-jährige Deutsche überredet haben, eine Scheinehe mit einem türkischen Staatsangehörigen (38) einzugehen, damit dieser eine Aufenthaltsgenehmigung bekommt. Diese Ehe soll Anfang 2008 geschlossen worden sein. "Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zu irgendeinem Zeitpunkt vollzogen wurde", erläutert Möllers. Die Ermittlungen seien von Amts wegen aufgenommen worden. Möglicherweise ist die Ausländerbehörde auf Ungereimtheiten gestoßen.

Der SPD-Mann bezeichnet die Vorwürfe gegen sich als "völlig haltlos". Er sagt: "Weder handelt es sich bei der Beziehung um eine Scheinehe, noch habe ich zum Zusammenkommen dieser Beziehung in irgendeiner Weise beigetragen." Ciftlik war bei der Durchsuchung seiner Wohnung anwesend. Ihm droht bei einer Verurteilung eine Höchststrafe von drei Jahren Haft.

Bislang gebe es laut Staatsanwalt Möllers keine Erkenntnisse, dass Geld geflossen sei. Ciftliks Unterlagen und sein PC wurden sichergestellt. Deren Inhalte werden nun ausgewertet.

Die Vorsitzenden der Bürgerschaftsfraktionen wurden vor etwa vier Wochen von Bürgerschafspräsident Berndt Röder (CDU) informiert, dass es ein Ermittlungsverfahren gegen einen Abgeordneten gebe. Gegen welchen, sagte er aber nicht. Röder gab lediglich bekannt, dass der Abgeordnete auf Immunität verzichtet habe. Grund: Das Verfahren habe nichts mit dem Mandat zu tun.

Zu dieser Zeit ist auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Neumann über die Ermittlungen gegen Ciftlik informiert worden. Von der Wohnungsdurchsuchung erfuhr er erst durch das Abendblatt. "Es ist ein schwebendes Verfahren, dessen Ergebnisse wir abwarten müssen", sagte Neumann. Er werde aber "das Gespräch mit seinem Abgeordneten suchen". CDU und GAL wollten sich mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern.