Stadt steckt 1,44 Millionen Euro in drei Fischtreppen, eine direkt am Rathaus. So viele Arten wie möglich sollen zum Laichen flussaufwärts ziehen.

Altstadt. Es muss mehrere Hundert Jahre her sein, dass der letzte frei schwimmende Lachs in der Alster gesichtet worden ist. Seit die Hamburger den Fluss aufgestaut haben, gab es keinen direkten Zugang mehr zur Elbe. Das soll sich jetzt ändern, denn die Stadt baut drei Fischtreppen, um den Tieren das Wandern in die Laichgebiete zu ermöglichen. Eine davon an der Rathausschleuse. Umweltsenatorin Jutta Blankau (SPD) hofft, dass in drei Jahren wieder die ersten Lachse in die Alster ziehen.

Hintergrund des 1,44 Millionen Euro teuren Vorhabens ist eine EU-Vorschrift namens "EG-Wasserrahmenrichtlinie", die vor knapp zwei Jahren in Kraft getreten ist. Sie verpflichtet alle Staaten der Europäischen Union, ihre Gewässer bis zum Jahr 2015 in einen guten ökologischen und chemischen Zustand zu bringen. Dazu gehört auch, die Durchgängigkeit von Gewässern wieder so herzustellen, dass Fische jeden von ihnen benötigten Lebensraum erreichen können. Das sind dann etwa auch die Laichgebiete in den Oberläufen der Gewässer.

+++ Eine Treppe ist nur der Anfang +++

Im Dezember beginnen die Arbeiten an der Rathausschleuse. Unterhalb der Alsterarkaden entsteht die erste Fischtreppe, welche es den Fischen ermöglichen soll, vom Alsterfleet in die Alster zu gelangen. Eine zweite Fischtreppe entsteht an der Mühlenschleuse am Nikolaifleet. Über das Nicolaisperrwerk am Binnenhafen sollen die Tiere den Zugang zur Alster aus der Elbe finden. Umweltsenatorin Blankau rechnet mit vier Monaten Bauzeit, also bis zum Frühjahr 2013. Allein diese beiden Fischtreppen kosten 1,3 Millionen Euro. Ein Antrag auf EU-Fördermittel werde demnächst gestellt.

Die dritte Fischtreppe entsteht weiter oberhalb des Flusslaufs an der Fuhlsbütteler Schleuse in der Nähe des Gefängnisses Santa Fu. Die 100 Jahre alte Schleuse wird seit April 2011 umgebaut. Das alte Bauwerk drohte einzustürzen. Zudem ist der obere Alsterlauf nicht schiffbar. Deshalb entsteht jetzt ein Wehr, mit dem nur noch der Wasserstand reguliert wird. Im Zuge des Zehn-Millionen-Euro-Projektes entsteht auch ein Übergang für Fische, der 140 000 Euro kostet.

+++ Glück am Haken +++

"Damit sollen ehemalige Habitate für die Fische wieder erschlossen werden", sagt Eike Schilling, Geoökologe vom Projekt "Lebendige Alster", einem Zusammenschluss von BUND, Nabu und der Aktion Fischotterschutz. Wenn sich bislang ein Fisch von der Elbe in die Alster verirrt habe, sei dies rein zufällig geschehen.

Derzeit leben 25 Fischarten in der Alster und ihren Zuläufen. 30 sollen es mit den Fischtreppen werden. Noch vor wenigen Jahrzehnten sah das in der Elbe, in der ursprünglich Lachs und Meerforelle die am häufigsten vorkommenden Edelfische waren, ganz anders aus. Dort brach nach der Industrialisierung mit Beginn des 20. Jahrhunderts die Fischpopulation zusammen. Der Fluss verkam zu einem Wirtschaftsfluss, transportierte Giftstoffe, die den Artenreichtum vernichteten.

Der Stör etwa war um das Jahr 1900 schon so gut wie ausgestorben. Und der Fluss stank nach Abwässern - in den 1980er-Jahren nach Phenol. Bekannt wurden die sogenannten "Blumenkohl-Aale" aus der Elbe, die wegen der Gifte Wucherungen an den Köpfen aufwiesen. Die Menge der Gifte, die die Elbe zu verkraften hatte, war groß: Noch 1985 waren es jährlich 28 Tonnen Quecksilber. 20 Jahre später waren es nur noch 1,3 Tonnen.

+++ 22 Fischarten leben in der Alster +++

"Die Wasserqualität ist dank moderner Kläranlagen und zahlreicher Umweltschutzmaßnahmen wieder so gut, dass ortstypische Fische darin leben können", sagt Umweltsenatorin Jutta Blankau. Jetzt gelte es, das ökologische Gleichgewicht, die Strukturvielfalt und den Artenreichtum wieder herzustellen. "Die drei neuen Fischtreppen sind ein wichtiger Schritt auf diesem Weg."

Bis in jeden der mehr als 15 Alsterzuläufe werden Lachse, Aale und Forellen vom kommenden Jahr an aber nicht vordringen können. An der Bäckerbrücke am Saseler Damm ist vorerst Schluss. In der Lottbek, Bredenbek und Ammersbek werden die Fische noch nicht ablaichen können. Wann an der Bäckerbrücke ebenfalls eine Fischtreppe gebaut wird, ist bislang unklar. "Aber immerhin", sagt der Geoökologe Schilling, "haben wir jetzt den ersten Schritt gemacht."