Bigfoot ist ein Blaustirn-Blatthühnchen, und für diese Tiere macht das Leben auf großem Fuß sehr viel Sinn. Er lebt an flachen Gewässern in Afrika.

Stellingen. Bis auf wenige, sehr spezielle Ausnahmen schauen wir Menschen uns normalerweise nicht zuerst auf die Füße. Auch bei einem Tier erinnern wir am ehesten große Augen, puschelige Ohren oder ein besonderes Muster - doch bei Bigfoot kann man einfach nicht anders. Hier ist der Name Programm, und beim ersten Blick auf den ungewöhnlichen Vogel muss man einfach dessen riesige Füße anstarren. Bigfoot ist ein Blaustirn-Blatthühnchen, und für diese Tiere macht das Leben auf großem Fuß sehr viel Sinn.

Actophilornis africana, so der wissenschaftliche Name der Vögel, lebt an flachen Gewässern in Afrika. Hier haben sich die Tiere einen sehr instabilen Lebensraum erschlossen, den moderne Stadtplaner heutzutage wahrscheinlich als "floating homes" betiteln würden: "Sie leben auf großen Seerosen- und anderen Schwimmpflanzen-Blättern", sagt Dave Nelde. Nelde ist Tierpfleger in Hagenbecks Tierpark und im Vogelhaus auch für die Blaustirn-Blatthühnchen verantwortlich.

Drei der zu den Regenpfeiferarten zählenden Vögel leben derzeit im Hamburger Tierpark: Bigfoot und zwei Weibchen. "Eigentlich ist das Geschlechterverhältnis im Freiland eher andersherum - und das ist recht besonders im Tierreich", sagt Nelde. Bei den Blaustirn-Blatthühnchen bauen nämlich die Männchen je ein Nest, und die Weibchen legen ihre Eier dann in mehrere Nester. Somit "hält" sich ein Weibchen mehrere Männchen - und da das gerade bei Hagenbeck nicht möglich ist, hat Bigfoot ordentlich Stress.

"Die Weibchen konnten sich mit Beginn des Winters nicht mehr ausstehen und haben sich nur noch angezickt", sagt Nelde und grinst. Kein Wunder: In Afrika ist jetzt Brutzeit. Kurzerhand wurde eines der beiden Weibchen in die Voliere der Brillenvögel umgesetzt; Bigfoot und das andere Weibchen verblieben in der großen Starvoliere, die sie unter anderem mit den Amethyst-Staren und den Weißkopf-Mausvögeln teilen. Seitdem ist Ruhe.

Vor zweieinhalb Jahren kamen die drei Vögel aus einer Zuchtstation in Tansania nach Hamburg. "Wir haben uns im Vogelhaus auf afrikanischen Arten spezialisiert", sagt Nelde. Er ist sehr stolz auf die Blaustirn-Blatthühnchen, denn diese werden nicht häufig in Zoos gezeigt.

Neben den riesigen grauen Zehen und Krallen haben die Vögel auch sonst optisch einiges zu bieten: Zu einer kastanienbraunen Oberseite mit schwarzen Flügelspitzen, einem schwarzen Nacken und einem schwarzen Augenstreif stechen die weißlich-gelbe Kehle und der blaue Schnabel deutlich hervor. Der blaue Schnabel läuft noch dazu in ein ebenso blaues Stirnschild aus, was den Tieren ihren Beinamen gab.

Ihre Nahrung, unterschiedliche Insekten, suchen die Vögel zu Fuß

Eigentlich sind Blaustirn-Blatthühnchen recht eindimensional - jedenfalls was die Wahl ihres Aufenthaltsorts angeht. Nelde: "Sie sind immer nur auf dem Boden unterwegs." Hier suchen sie normalerweise an und unter den Schwimmblättern nach Insekten, die sie im Tierpark jedoch morgens serviert bekommen, in einer großen, flachen Schale. "Unter anderem Heimchen und Mehlwürmer, von denen sich die Vögel den ganzen Tag über immer einmal wieder etwas holen", sagt Nelde.

Nur Bigfoot tanzt derzeit etwas aus der Reihe: Er fliege immer mal wieder auf einen Baumstamm hoch, verrät der Pfleger. "Vielleicht, um seine Ruhe vor dem Weibchen zu haben", überlegt Nelde und muss schon wieder grinsen. Verdenken könnte man es dem Vogelmann nicht: Sind die Weibchen der bis zu 30 Zentimeter langen Vögel doch eine Ecke größer als die Männchen.

Und so kommt es vielleicht auch, dass die Tiere bisher in Hamburg noch keinen Versuch unternommen haben, ein Nest zu bauen - auch wenn ihnen Nistmaterial zur Verfügung steht. In Afrika bauen sie ihre schwimmenden Nester übrigens kontinuierlich aus, und so kann es schon einmal passieren, dass das eine oder andere Gelege mit den bis zu vier braunen Eiern im Eifer des Gefechts verloren geht.

Das ist aber nicht der Grund, warum die Weltnaturschutzunion IUCN die Blaustirn-Blatthühnchen in der Roten Liste gefährdeter Arten führt. Auf diese Liste sind die Vögel durch den Rückgang an für sie geeigneten Wasserflächen gekommen.

Immerhin das hat Bigfoot nicht zu fürchten, und wenn der Frühling naht, werden sich auch die Weibchen wieder vertragen; der alljährlichen Vereinigung der Gruppe steht nichts im Wege. All das wird lautlos über die Bühne gehen, denn solange Dave Nelde die Tiere kennt, waren sie stets still: "Ich habe sie noch nie rufen gehört."

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