Wer reich und berühmt will, der kann das mittlerweile auch über das Internet erreichen. Der Tipp der Promis: “Du musst authentisch sein“.

Hamburg. Reich und berühmt werden, umjubelt als Sänger, bewundert als Gourmet-Koch, geliebt als Comedian - der Weg zu diesem Ziel führte für die meisten Promis bisher über das Fernsehen. Wer bei Gottschalk zu Gast war, hatte es geschafft, wer bei "DSDS" geschliffen wurde, gelangte zumindest in den Kinderzimmern zu einiger Prominenz. Heute aber kann die mediale Tellerwäscherkarriere genauso gut im Internet starten. Über YouTube , die Internetseite für selbst gedrehte Filme. Das erfolgreichste Video-Portal der Welt, auf das die Nutzer in jeder Minute 24 Stunden neues Filmmaterial laden.

Ebru Zander aus Elmshorn oder Albert Martin Bruhn und Alex Cheng Loew aus Hamburg sind junge Talente, die mit ihren YouTube-Filmen bereits mehrere Tausend Euro im Monat verdienen und auf der Straße nach Autogrammen gefragt werden. Der zurzeit erfolgreichste YouTuber in ganz Deutschland, Simon Desue, ist gerade aus Berlin nach Hamburg gezogen und überzeugt mit origineller Comedy im Netz. Auch Buddy Ogün aus der Hansestadt ist einer der ganz großen Netzpromis. Mehr als 16 Millionen Mal wurden seine Videos auf der Plattform schon angeklickt. Inzwischen steht das Kabarett-Talent bei Sony unter Vertrag.

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+++Hier geht's zu den verrückten Wetten von Alberto und Cheng+++

Für die Internetgeneration stehen die YouTube-Stars ihren TV-Lieblingen in nichts nach. Schließlich ist für Jugendliche Unterhaltung aus dem Netz bei der Mediennutzung längst zur Konkurrenz des Fernsehens geworden: 60 Prozent der 14- bis 29-Jährigen schauen mindestens einmal pro Woche bei einem Videoportal im Internet vorbei.

Die Karriere der Internetstars folgt dabei durchaus nachvollziehbaren Regeln. "Wir sprechen erfolgreiche YouTuber an, deren Filme häufig geklickt werden", sagt Henning Dorstewitz von Google Deutschland in Hamburg. YouTube gehört zu 100 Prozent zu dem Internetriesen und beschäftigt in der Hansestadt 20 Mitarbeiter.

Einmal als Hoffnungsträger entdeckt, können die Filmemacher einen Vertrag mit YouTube schließen. Dann wird auf ihrer Seite und vor ihren Videos Werbung geschaltet. Mehr als die Hälfte der Einnahmen, die YouTube von Werbekunden wie Coca-Cola, Lancome oder McDonald's kassiert, leitet das Internetportal an die Filmemacher weiter. "Schließlich sind es ja die Videos unserer Mitglieder, die unsere Seite attraktiv machen - und dafür belohnen wir sie", sagt Dorstewitz.

Ob sich das Geschäftsmodell von YouTube auch für das Unternehmen selber rechnet, bezweifeln Kritiker allerdings. Obgleich YouTube sich zur drittgrößten Webseite nach Google und Facebook entwickelt hat, tauge das Portal nicht zum Geldverdienen. Dazu kommt, dass sich das Unternehmen Vorwürfen gegenübersieht, es gehe nachlässig mit Urheberrechten um.

Ebru Zander - mit Schminktipps zum Liebling der Frauen

Für manche YouTuber zahlt sich ihr Engagement allerdings bereits aus. Dass sie einmal ein Internetpromi sein würde, hätte Ebru Zander aus Ellerhoop bei Elmshorn noch vor zwei Jahren nie gedacht. Heute tuscheln die Leute miteinander, wenn sie die 24-Jährige im Kino erkennen. Besonders Mutige sprechen die dunkelhaarige Frau auch offen an und fragen nach Schminktipps. Schminktipps? Ebru Zander gibt auf YouTube Anleitungen für den Ausgeh-Style oder den First-Date-Look. Jede Woche dreht sie ein neues Video, daheim in einem alten Bauernhaus mit Blick auf Pferdekoppeln. Und draußen warten Zehntausende Mädchen schon sehnsüchtig auf die neuesten Ebru-Trends. Allein ihr Video zum Avatar-Make-up, pünktlich zum Hype um den 3-D-Film, wurde 716 000-mal geklickt.

"Ich bin für die Zuschauer das Mädchen von nebenan", erklärt sich Ebru Zander selber ihren Erfolg. Sie sitzt zu Hause vor einem rustikalen Tisch, die Schminksachen ausgebreitet, dahinter der Laptop mit der Kamera, mit der sich die Beauty-Expertin selber filmt. Manchmal huscht sie in ihren Filmen auch im Pyjama durchs Bild. Das Video ist ein bisschen wie ein Besuch bei der besten Freundin, vertraut und authentisch.

Dass sich solche nett gemeinten Tipps ohne wirtschaftlichen Hintergedanken bestens als Werbeumfeld eignen, haben inzwischen auch Kosmetikkonzerne wie Lancome oder Yves Rocher entdeckt. Sie schalten ihre Werbung auf Ebrus Videos.

Sabine Fesenmayr von Yves Rocher erklärt das Prinzip: Wenn Nutzer Suchworte wie etwa Kosmetik eingeben, erscheint eine Yves-Rocher-Anzeige auf der Seite, die von YouTube ebenfalls in diese Rubrik eingeordnet wird.

Ebru Zander verdient mit ihren Filmen in guten Monaten inzwischen ein paar Tausend Euro. Auch die Ausbildung zur Kosmetikerin hat sie sich aus den YouTube-Einnahmen finanziert. Ihre bisherige Stelle als Zahnarzthelferin hat sie jedenfalls gerade gekündigt. Mit etwas Glück bringt ihr die Internetkarriere bald sogar einen Job als Moderatorin beim Fernsehen. Kürzlich hat ein Sender in Ellerhoop angerufen ...

Zwei Hamburger bringen "Wetten, dass ..?" auf YouTube

Alberto und Cheng sitzen nebeneinander am Schreibtisch, hinter sich eine Art Billy-Regal, Studentenbudenatmosphäre. Dann legen sie los. "Schafft es Jack, 37 Stufen auf Händen herunterzuspringen?", fragt Alberto und parodiert das Gehüpfe gestenreich. Cheng gibt den Wetteinsatz bekannt: "Schafft er es nicht, musst du sechs rohe Eier essen." Und Cheng lacht sich schon bei dem Gedanken daran schlapp. Die beiden Hamburger Filmstudenten haben auf ihrem YouTube-Kanal Albertoson eine Art "Wetten, dass ..?" des Internets geschaffen. Und dafür 150 000 Abonnenten gewonnen, also Nutzer, die immer dann benachrichtigt werden, wenn die beiden ein neues Video unter dem Titel "I bet you will not" in YouTube hochgeladen haben.

"Wir haben den Erfolg des Kanals nie für möglich gehalten", sagt Alberto, der allerdings auch schon als Musiker zu einiger Bekanntheit gelangt ist. Inzwischen reisen die beiden Hamburger in die ganze Welt, um ihre Filme zu drehen. "Demnächst fahren wir nach Neuseeland und in die Antarktis", sagt Alberto, der in Texas geboren und von einer Hamburger Pastorenfamilie adoptiert wurde. Die Reisen seien dabei komplett aus den YouTube-Einnahmen finanziert. Die exotischen Ziele beflügeln wiederum den Erfolg der Filme. "In Neuseeland muss der Verlierer von uns einen Wasserfall runterspringen und in der Antarktis in Boxershorts Schlitten fahren", erzählt Alberto von den nächsten Wetteinsätzen, die immer peinlich oder eklig sein müssen, aber nie andere Leute in Mitleidenschaft ziehen dürfen.

Mit dieser Mischung aus spannenden Wetten, an denen sich die gesamte YouTube-Gemeinde mit eigenen Filmen beteiligen kann, und den Filmen über die "Bestrafungen" für Alberto und Cheng sind die beiden Schnellsprecher zu den zehn beliebtesten Angeboten auf YouTube aufgestiegen.

"Die Zielgruppe der Werbetreibenden auf dem Kanal ist klar", sagt Google-Sprecher Klaas Flechsig. Die Zuschauer seien meist männlich und im Alter zwischen 14 und 25. Coca-Cola, Red Bull oder Nintendo gehörten zu den Marken, die sich an Albertoson-Fans richten.

Auch wenn Alberto und Cheng mit den YouTube-Filmen inzwischen gutes Geld verdienen, planbar ist ein solcher Erfolg wohl kaum. "Anfänger können vielleicht 300 Euro mit YouTube verdienen", schätzt Alberto. Allerdings könne auch jeder anonyme Kommentare zum Video schalten. "Da kannst du genauso schnell wieder weg sein. Das Internet kann dich hochbringen, dich aber auch morgen schon zerstören", warnt der charismatische Eidelstedter. Und verrät sein eigenes Erfolgsrezept: "Die Abonnenten müssen dich cool finden - dazu musst du immer du selbst bleiben."