Die Verhörzelle ist eine Installation des Künstlers Gerd Stange, ein Mahnmal für die Geschwister Scholl und andere Opfer des Naziregimes. Durch einen Gitterrost im Boden blickt man auf einen Kerker voller Erinnerungen.

Monatelang bin ich an dieser Sehenswürdigkeit vorbeigelaufen. Zu meiner Entschuldigung kann ich vorbringen, dass sie zwei Meter tief im Boden versenkt ist, und nach unten schaue ich bewusst nur auf ausgewiesenen Hunde-Freilaufflächen. In der Erikastraße, Ecke Geschwister-Scholl-Straße, gibt es aber schon über Tage so viel Interessantes zu sehen („Oh! Schon wieder hat ein Joghurt-Eis-Laden neu eröffnet!“), dass einem die Installation des Hamburger Künstlers Gerd Stange entgehen könnte. Es handelt sich um eine „Verhörzelle“, ein Mahnmal für die Geschwister Scholl und andere Opfer des Naziregimes.

Eine der wenigen gemütlichen Eppendorfer Bänke

Durch einen Gitterrost im Boden blickt man auf eine fast leere Zelle. Darin befinden sich nur ein alter Stuhl, eine Glühbirne und ein Wehrmachtsstahlhelm, den Gerd Stange zufällig beim Spazieren am Elbstrand fand. „Soll ich den wegwerfen, oder soll ich mich der Geschichte stellen?“, fragte er sich und entwickelte unterstützt von der Hamburger Kulturbehörde und der Weiße Rose-Stiftung die Idee zur Verhörzelle, die 1990 fertiggestellt wurde. Drumherum wurden Rosenstöcke gepflanzt (in Anlehnung an die Weiße Rose), und auf einer schwungvoll geformten Bank kann der Besucher sich seiner Freiheit erfreuen. Die Bank soll das Gegenstück zur Zelle im Boden darstellen. Anders als andere Eppendorfer Bänke ist sie sogar gemütlich. Wenn es im Lokal Borchers an HSV-Spieltagen mal wieder zu voll wird, kann man sich hierher wunderbar zurückziehen.

Die Sehenswürdigkeit ist ein bisschen verkommen

Doch zurück zur Kunst als politischer Stellungnahme: Der Blick hinab löst wirklich Klaustrophobie aus. Was man dort sieht ist ein Ensemble aus Angst, ein Kerker voller Erinnerungen. Leider ist diese Sehenswürdigkeit ein bisschen verkommen. Der kleine Garten wirkt ungepflegt, und vor lauter Blättern und Kratzern im Glas sieht man nur noch wenig von der Zelle. „Ist das ein dreckiges Grab?“ fragte ein kleiner Junge jüngst seinen Papa. Aber im Endeffekt mahnt dieses Mahnmal dadurch gleich doppelt: Kümmert Euch um Eure Erinnerungen!

Weitere Informationen: Verhörzelle, Geschwister-Scholl-Straße/Ecke Erikastraße