Chanson. Der Chanson-Preisträger spielt sein aktuelles Programm ab Gründonnerstag an drei Abenden im Polittbüro

Es gibt Szenen im Bühnenleben, die prägen sich ein. Als Tim Fischer auf dem Hamburger Theaterschiff bei einer Gala im Mai 2015 den Deutschen Chansonpreis erhielt, war er kurzzeitig sprachlos. Barbara Kisseler, die im vorigen Oktober gestorbene unvergessene Kultursenatorin, würdigte ihn nicht nur gewohnt redegewandt. Die Laudatorin sang dem wohl größten Chanson-Interpreten hierzulande auch noch ein Ständchen.

Fischer, geboren in Delmenhorst und seit fast 25 Jahren in Berlin lebend, erinnert sich an solch besondere Hamburger Momente ebenso gern wie an die Anfänge als Chansonnier in der Hansestadt. Schon als Teenie machte der androgyne Jüngling mit dem Damenbass spätabends am Tresen des alten Schmidt Theaters mit Zarah-Leander-Interpretationen nachdrücklich auf sich aufmerksam. Auf dem Kiez hatte er seinen Durchbruch. Ins St. Pauli Theater oder wie von Gründonnerstag bis Ostersonnabend ins Polittbüro nach St. Georg zieht es den Schauspieler-Sänger regelmäßig zu Gastspielen in der alten Heimat.

„Absolut!“ heißt das aktuelle Programm, in dem Fischer, 1995 der bisher jüngste Gewinner des Deutschen Kleinkunstpreises in der Sparte Chanson, wieder zeigt, wie er in mehr als zwei Jahrzehnten sein Repertoire erweitert hat. Mit Songs von Friedrich Hollaender, Jacques Brel und immer wieder Georg Kreisler. Für Gesang und Spiel in dessen Ein-Personen-Musical „Adam Schaf hat Angst“ im neuen Schmidt war Fischer 2007 mit dem Rolf-Mares-Preis geehrt worden.

Hatte der Chansonnier vor drei Jahren für sein Programm „Geliebte Lieder“ zum 25. Bühnenjubiläum bei der Studioarbeit mit Peter Plate, kreative Hälfte des Berliner Duos Rosenstolz, für sich sogar das Genre „Pop-Chanson“ entdeckt, interpretiert er in „Absolut!“ nun Edith Jeske, Sebastian Krämer und die Salon-Hip-Hopper Pigor & Eichhorn. Ein Polit-Rap à la Tim Fischer, mit großer Geste vorgetragen und doch augenzwinkernd gebrochen.

Neukompositionen hat ihm Rainer Bielfeldt, zu Hamburger Zeiten nicht bloß sein Klavierbegleiter, auf den schwarzen und nach der Pause weißen Frack geschrieben. Und selbst vor einer Schlager-Interpretation wie mit Christian Anders’ „Der letzte Tanz“ macht Fischer zuweilen nicht halt – indem er das Schnulzenhafte auf die Spitze und damit zugleich austreibt.

Fischer kann es sich erlauben. Der 44-Jährige ist – nach längst überstandenen Drogenexzessen und einer Stimmband-Operation – enorm gereift – als Künstler auf der Bühne mitsamt seinen Conférencen, vor allem aber als Person. Für die „Neue Zürcher Zeitung“ ist Fischer sogar „ein Entertainer von Weltformat“. „Er ist die Diva, neben der alle anderen wie Zwerge aussehen“, schrieb „Der Tagesspiegel“ oder eben „ein Chamäleon der Chansonkunst“, wie es in dieser Zeitung schon hieß.

In jedem Fall absolut hörens- und sehenswert. Oder um noch mal Barbara Kisseler zu zitieren: „Wer Tim Fischer noch nicht gehört hat, der weiß gar nicht, was mit Chansons möglich ist.“

„Absolut“ Do 13.–Sa 15.4., 20.00, Polittbüro (U/S Hbf.), Steindamm 45, Karten zu 20,- unter T. 28 05 54 67; www.polittbuero.de