Bei ihrer zurzeit laufenden Deutschland-Tournee beginnt Gianna Nannini ihre Auftritte mit dem Song „America“. Der markiert wieder ihre Hinwendung zu härterem Rock und auch ihr Faible für Janis Joplin. Sowohl die amerikanische Blues-Sängerin als auch die Konditorstochter aus Siena (Italien) sind mit rau-heiseren Stimmen berühmt geworden.

Um Wohlklang ging es ihnen selbst in den Balladen nie, sondern immer darum, echte Gefühle ausdrücken zu wollen – egal wie kratzig das auch klingt. Als Nannini 1979 ihr Album „California“ herausbrachte, verursachte sie in ihrer katholisch geprägten Heimat einen kleinen Skandal, weil die Freiheitsstatue auf dem Album-Cover statt der Fackel einen Vibrator in der Hand hielt. Aus ihrer feministischen Weltsicht hat die Sängerin aus der Toskana nie einen Hehl gemacht. Das hat ihr in ihrer Heimat nicht nur Freunde beschert, doch der selbstbewussten Künstlerin war das egal, zumal sie mit ihren Songs zu den erfolgreichsten Popsängern Italiens gehörte.

In die Schlagzeilen kam die 62-Jährige zuletzt vor zwei Jahren, allerdings in einer Angelegenheit, die sie lieber nicht in der Öffentlichkeit ausgebreitet gesehen hätte. Nannini wurde wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 3,7 Millionen Euro belangt, ihre Villa in Siena sowie ihr Reitstall wurden von den Finanzbehörden beschlagnahmt. Darüber hinaus erhielt sie eine 14-monatige Haftstrafe, allerdings musste sie nicht ins Gefängnis wie FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß wegen des gleichen Delikts; Gianna Nannini kam mit einer Bewährungsstrafe davon. Die Steuern sind nachgezahlt, und deshalb konnte die Sängerin, auf die das Klischee der „Rockröhre“ wirklich passt, mit einem Best-of-Programm auf Tour gehen. In Hamburg wird sie an diesem Sonntag zum ersten Mal im Mehr!-Theater auftreten.

Wenn sie in die Hansestadt kommt, hat die Popkünstlerin aus der Toskana nicht nur eine fünfköpfige Band, sondern auch sechs Streicher und zwei Background-Sängerinnen dabei. Freuen dürfen sich ihre Fans auf ein Programm mit Hits von „Latin Lover“ und „I maschi“ über „Bello e impossibile“ und „Meravigliosa creatura“ bis hin zu „Un estate italiana“. Auch der italienischen Gassenhauer „Volare“ fehlt nicht im Repertoire – Gelegenheiten genug für ihre Fans mitzusingen, in Erinnerungen an den vorigen Italien-Urlaub zu schwelgen oder sich einfach nur an der Energie und der Explosivität dieser Powerfrau zu erfreuen. Neue Songs finden sich nicht auf der Setlist, aber die erwartet eigentlich auch ­niemand.

Gianna Nannini So 9.4., 20.Uhr, Mehr! Theater, Banksstraße 28, Restkarten ab 47,60 Euro an der Abendkasse