Unternehmergeist und der Respekt gegenüber älteren Kollegen bestimmen das Arbeitsleben, sagt Jörgen Vogt.

"Es kann nur bergauf gehen!", so lautet das Motto am Kap. Während die Welt unter den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise ächzt, bestimme in Südafrika eine ungeheure Aufbruchstimmung das tägliche Leben, sagt Dr. Jörgen Vogt. Der Geschäftsführer des Pinneberger Familienunternehmens FahnenFleck sieht darin einen der augenfälligsten Mentalitätsunterschiede zwischen Deutschen und Südafrikanern. "Gerade angesichts der Krise sind die Deutschen darauf bedacht, das bereits Erreichte zu bewahren, und haben Angst vor einem Absturz. In Südafrika dagegen herrscht ein ausgesprochen motivierender Geist, aktiv zu sein", hat Vogt erfahren. "Und wer auf die Nase fällt, steht einfach wieder auf und macht sich ans nächste Geschäft." Diesen Unternehmergeist, gerade bei der jungen Generation, finde er sehr inspirierend.

Vogt ist von Südafrika begeistert, seit er das Land 1994 gleich nach Ende der Apartheid privat bereiste. Damals entschied er sich, seinen Master der Rechte (LLM) an der University of Cape Town in Kapstadt zu machen. Anschließend gründete er dort eine Personalvermittlung, die er zwei Jahre lang führte. Und er wurde Mitglied im Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. Wertvolle Kontakte, die der 38-Jährige heute bei FahnenFleck einbringt. Denn seit gut zweieinhalb Jahren unterhält der Textilproduzent eine Tochterfirma in Wellington bei Kapstadt, für die Vogt als Managing Director tätig ist. Viermal pro Jahr ist er für rund einen Monat im Land. "In Südafrika steht nicht das Geschäft im Mittelpunkt", erklärt Vogt. "Großer Wert wird auf die persönliche Beziehung gelegt."

Die lasse sich etwa durch gemeinsame Klettertouren auf den Tafelberg festigen oder - weniger anstrengend - durch private Gespräche. "Erst wird eine halbe Stunde über das letzte Rugby-Spiel geplaudert, dann geht es ans Geschäftliche", berichtet Vogt von seinen Kunden-Terminen. Angesichts solcher Gemächlichkeit empfehle es sich für Europäer, ein, zwei Gänge zurückzuschalten. "Sich den Tag mit Terminen vollzupacken bringt nicht viel. Das illustriert vielleicht ein Satz eines südafrikanischen Kollegen ganz gut: 'Ihr Europäer habt die Uhr, wir die Zeit.'"

Allerdings gebe es einen deutlichen Unterschied zwischen Kapstadt an der Südwestküste und dem im Landesinneren, nahe Pretoria, gelegenen Johannesburg, betont Vogt. "Johannesburg ist die wirtschaftlich stärkste Region Südafrikas. Entsprechend hoch stehen hier Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit im Kurs. In Kapstadt dagegen herrscht eher die Mentalität 'Komm ich heute nicht, komm ich morgen'!" Mit diesem Wissen versucht Vogt bei seinen regelmäßigen Reisen nach Südafrika von vornherein mehr Zeit einzuplanen. "Aber wenn ich nur kurz vor Ort bin und nicht alles so klappt, wie ich es mir vorgestellt habe, zieht trotz aller guten Vorsätze ein Stück weit Hektik ein. Mit mehr Zeit in petto dagegen färbt die lockere Haltung ein wenig ab und eine innere Ruhe macht sich breit."

Auch der Umgangston sei im Grunde locker, nur auf eines müsse man achten: "Sobald mehr als zwei Personen im Raum sind, wird bei der gegenseitigen Vorstellung auf die Nennung aller vorhandenen Titel Wert gelegt, vor allem im Kontakt mit diplomatischen oder politischen Würdenträgern. Dies zu unterlassen ist ein klarer Affront", betont Vogt. Auch der Respekt vor "Grauen Schläfen" sei sehr lebendig. "Das Alter spielt in der südafrikanischen Kultur eine große Rolle, ein Jüngerer würde nie einen Älteren kritisieren", erklärt Vogt. "Ein Beispiel: Nelson Mandela sagt dem Präsidenten von Simbabwe, Robert Mugabe, durchaus deutlich seine Meinung, der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki kann dies nicht. Er ist jünger als Mugabe."

Stichwort Politik: Wie weit ist die Apartheid überwunden? "Das ist regional unterschiedlich", sagt Vogt. "In Johannesburg etwa sind kaum noch Unterschiede zu spüren, in Kapstadt dagegen gibt es immer noch Bars, Restaurants und Läden, die entweder von Schwarzen oder von Weißen frequentiert werden. Und auf dem Land herrscht zum Teil noch eine sehr radikale Haltung vor." Auch die Kriminalitätsraten in Südafrika seien stark ortsabhängig. Touristenorte wie Kapstadt sind nach Vogts Meinung sicher, Johannesburg sei es weniger. "Man sollte sich unbedingt vorab informieren und entsprechend verhalten. Nicht überall ist ein einsamer Spaziergang ratsam." Aber davon lässt Jörgen Vogt sich seinen positiven Eindruck von Südafrika nicht verderben: "Ob es am Wetter liegt, ich weiß es nicht. Aber in Südafrika sind die Menschen einfach besser gelaunt. So viele lächelnde und lachende Gesichter, das ist schon auffallend."

Lesen Sie am nächsten Wochenende: Teil 11 - Thomas Jenke von Shell in Dänemark