Im Asklepios-Klinikum Barmbek stehen 16 Plätze für Frühgeborene bereit. Manuela Kalaczynski sorgt dafür, dass außer der medizinischen auch die emotionale Betreuung stimmt.

Der kleine Timo, in der 34. Schwangerschaftswoche mit einem Gewicht von 2490 Gramm geboren, ist gerade zwei Tage alt und hat bereits einen fast kompletten Blutaustausch hinter sich. Eine Blutgruppenunverträglichkeit zwischen Mutter und Kind hatte zur Bildung von Antikörpern geführt, die im kindlichen Blut die roten Blutkörper zerstörten. "Wir mussten 80 Prozent seines Blutes austauschen, um die Antikörper zu beseitigen", erklärt Manuela Kalaczynski, diplomierte Kinderkrankenschwester auf der Intensivstation der Neonatologie im Asklepios-Klinikum Barmbek. Nun geht es vor allem darum, Timo bei der eigenständigen Atmung zu unterstützen. Noch schafft das Frühgeborene das nicht allein, darum ist es an eine Atemhilfe angeschlossen. "Die Atemluft wird angewärmt, das macht es für das Kind angenehmer", sagt die Krankenschwester gerade, als ein Alarmpiepsen ertönt. Timo atmet zu flach, so bekommt er nicht ausreichend Sauerstoff, Manuela Kalaczynski erhöht deshalb zunächst den Sauerstoffgehalt etwas, bis Timo wieder tief genug atmet, dann reduziert sie ihn wieder.

In der Intensivstation ist Hochleistungstechnologie im Einsatz. Elektroden und Sonden messen Herzfrequenz und Atmung, alle Vitalwerte werden permanent überprüft. Pro Schicht kümmern sich ein Stations- und ein Bereitschaftsarzt sowie vier Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, wie der Beruf seit 2002 heißt, um maximal 16 Frühgeborene. "Wir versorgen die früh geborenen und kranken Säuglinge, die ohne diese Unterstützung nicht überleben würden", fasst Kalaczynski ihr Aufgabenfeld zusammen. Neben der Rundumbetreuung, die etwa Füttern und Wickeln einschließt, gehört auch die schnelle Reaktion bei Notfällen zuihrem Alltag. Schlagen die Geräte Alarm, wird eine Reanimation, eine Herzdruckmassage oder das Absaugen der Atemwege nötig. "Wir ziehen die Notfallmedikamente auf, reichen Instrumente und Material oder übernehmen die manuelle Beatmung", erläutert die erfahrene Schwester, die neben einer Weiterbildung in pädiatrischer Intensivpflege vor zwei Jahren eine weitere zur Praxisbegleiterin für basale Stimulation in der Pflege abgeschlossen hat.

Wichtig für die positive Entwicklung des Kindes ist außerdem die aktive Zuwendung von Eltern und Geschwistern. "Wir ermuntern sie von Anfang an, die Frühgeborenen zu berühren, zu streicheln und mit ihnen zu sprechen", sagt Kalaczynski. Der hautnahe Kontakt vermittelt den Säuglingen ein Gefühl der Geborgenheit und kompensiert so ein wenig den enormen Stress, dem die Kinder in ihren ersten Lebenswochen ausgesetzt sind. Die Kleinsten der Frühgeborenen sind zum Teil schon in der 24. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen. Entsprechend unausgereift sind innere Organe, mögliche Folgen sind Hirnblutungen, Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, Lungenerkrankungen, Ernährungsprobleme bis hin zu späterer Hyperaktivität. Doch oftmals brauchen auch die Eltern Unterstützung. "Manche Eltern stehen vor den Bettchen und starren nur auf die Geräte. Sie verfolgen die Anzeigen auf den Monitoren, anstatt die Signale ihrer Kinder wahrzunehmen. Wir müssen sie dazu bringen, zu erkennen, was ihre Frühgeborenen schon alles können."

Trotzdem können auch größte Umsicht und modernste Technik nicht jedes Kind retten. Manchmal sind die Erkrankungen zu schwer, und so gehört auch Trauerbegleitung zu den Aufgaben der Pflegerin. "Am schlimmsten war es mit einem Elternpaar, das nach dem Tod seines Kindes kein Wort gesprochen hat. Sie konnten nicht einmal weinen. Sie standen völlig unter Schock", erinnert sich die 34-Jährige an den Beginn ihrer beruflichen Laufbahn. Inzwischen hat sie eine Balance zwischen Distanz und Nähe im Umgang mit den Kleinen und Angehörigen für sich gefunden. Die Nähe ist unbedingt nötig, denn das Kind soll ja echte Zuwendung erfahren, andererseits sind Kalaczynski und ihre Kollegen nicht aus Stein und müssen mit den Todesfällen umgehen. Rückhalt in Familie und Partnerschaft sowie Freizeitsport helfen ihr, den Druck abzubauen. "Und die Gespräche im Team natürlich, damit fangen wir einander dann auf."