Einst der Traum der Schwiegermütter - und heute? “Ärzte genießen immer noch ein sehr hohes Ansehen - trotz Problemen und vereinzelter Skandale“, sagt Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Ärztekammer Hamburg und Vorsitzender des Marburger Bundes in Hamburg.

Die Perspektiven seines Berufsstandes bewertet er als grundsätzlich gut. "Ich muss mir nur die demografische Entwicklung vor Augen führen. Eine Zunahme der Weltbevölkerung um ein Drittel innerhalb der nächsten 20 Jahre ist absehbar, die Zahl der über 60-Jährigen wird sich verdoppeln."

Da es vor allem die Medizin ist, der wir die steigende Lebenserwartung und die zunehmende Lebensqualität im Alter verdanken, "gibt mehr als genug zu tun für Ärzte". Heute sind die Menschen bis ins hohe Alter aktiv. Patienten mit Herzerkrankungen, die früher in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt waren, "fahren heute Ski oder treiben anderen Sport", sagt der 57-Jährige.

Doch stehen angesichts des allgemein beklagten Ärztemangels denn ausreichend Mediziner bereit, um dieser Entwicklung gerecht zu werden? "Wir haben einen Ärztemangel, aber der ist zunächst regional zu betrachten. In Hamburg ist er weit weniger ausgeprägt, als auf dem Land. Dort gibt es zunehmend Probleme, Nachfolger für Praxen zu finden." Der medizinische Nachwuchs sei theoretisch vorhanden. "Wir bilden genug Mediziner aus, nur übt leider nicht jeder nach seinem Studium eine kurative Tätigkeit aus."

"Pro Jahr beginnen bundesweit etwa 10 000 junge Menschen ein Medizinstudium, rund 7500 schließen dieses auch ab, doch nur zirka 5000 werden anschließend tatsächlich im Kittel und mit dem Skalpell in der Hand tätig." Die anderen gehen ins Ausland oder in andere Berufe, beispielsweise in die Beratung oder die Medizin-IT. Gründe für diese Entwicklung seien schlechte Arbeitsbedingungen und zu wenig Geld. "Das gilt nicht für einige Spitzenposten, aber die nachgeordneten Positionen verdienen nicht genug." So läge der Verdienst meist nur wenig höher als der von Berufen im öffentlichen Dienst wie beispielsweise Lehrern.

"Und da gerade oft junge, gut ausgebildete Mediziner hoch mobil sind, verlieren wir sie ans europäische Ausland. Etwa nach England, wo 50 bis 100 Prozent mehr verdient wird oder auch nach Schweden, wo die Arbeitsbedingungen besser sind." In Deutschland hätten Arbeitgeber sich allzu lange auf den ethischen Impetus von Jungmedizinern verlassen, die aus dem Motiv heraus, helfen zu wollen, schlechte Bedingungen akzeptierten. "Doch nun zeigt sich, der medizinische Nachwuchs ist immer weniger bereit sich am Nasenring der Ethik durch die Manege ziehen zu lassen, sondern will selbstbestimmt arbeiten. Und wenn er das in Deutschland nicht kann, tut er es woanders."

Die Entscheidung für ein spezielles Fachgebiet habe viel mit dem Naturell des jeweiligen Mediziners zu tun: "Ob sich jemand für ein hochdynamisches Gebiet wie die Chirurgie entscheidet, weil er von dem Wunsch beseelt ist, möglichst jeden Tag Leben zu retten oder ob jemand eher eine Forschernatur ist und in der Wissenschaft tätig sein möchte. Doch sei es nun in den Laboren oder im OP - wir brauchen sie in allen Fällen."

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