Berlin. Die Wirtschaftsweisen sehen keine Bankenkrise. Sie prognostizieren leichtes Wachstum, sinkende Inflation – und sogar steigende Löhne.

Trotz der Turbulenzen im Finanzsektor ist die Stabilität der hiesigen Banken nicht gefährdet. Zu diesem Ergebnis kommen die Wirtschaftsweisen in ihrem jüngsten Gutachten. Die drei Professorinnen und zwei Professoren, die auch die Bundesregierung beraten, legten am Mittwoch ihre neue Prognose zur Wirtschaftsentwicklung vor.

Vor knapp zwei Wochen war die Silicon Valley Bank in Kalifornien vom Staat geschlossen worden. Am vergangenen Wochenende übernahm dann die Schweizer Bank UBS die in Schieflage geratene Credit Suisse.

Nun fragen sich Anleger und Privatkunden, wie sicher ihr Geld ist? Die Wirtschaftsweisen beruhigen: „Anders als in der globalen Finanzkrise“ ab 2007 basierten „die Schwierigkeiten einzelner Banken nicht auf weitgehend wertlosen Finanzprodukten“, erklärte Ulrike Malmendier, ein Mitglied des Gremiums.

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Im Augenblick grassiere kein Misstrauen zwischen den Banken, begründeten Ökonominnen und Ökonomen ihre Gelassenheit. Die Institute würden sich weiterhin gegenseitig Geld leihen – ein Zeichen der grundsätzlichen Stabilität des Finanzsektors. Auch die „Kreditversorgung der Unternehmen“ laufe ungestört.

Trotzdem überlegten viele Investoren nun: „Wie sehen die Bilanzen der Banken aus?“, sagte Malmendier. Diese „Nervosität“ habe sich auf Deutschland übertragen.

Allgemeine Wirtschaftslage hat sich „leicht aufgehellt“

Malmendier gab zu bedenken, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinsen eventuell etwas langsamer erhöhen sollte, als bisher geplant. Denn die Zinserhöhungen der Notenbanken in Europa und den USA, die die Inflation eindämmen sollen, hätten dazu beigetragen, dass einzelne Banken in Schwierigkeiten geraten sind.

Ein Passant mit Einkaufstüten geht in der Innenstadt durch eine Einkaufsstraße. Die Löhne dürften in den kommenden Monaten steigen.
Ein Passant mit Einkaufstüten geht in der Innenstadt durch eine Einkaufsstraße. Die Löhne dürften in den kommenden Monaten steigen. © dpa | Daniel Bockwoldt

Indes betrachten die Sachverständigen die allgemeine Lage als „leicht aufgehellt“. Nachdem sie kürzlich noch vermutet hatten, dass die Wirtschaft 2023 schrumpfen würde, prognostizieren sie nun ein kleines Plus von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. 2024 soll die Wirtschaftsleistung dann wieder um 1,3 Prozent zunehmen.

Dafür gebe es zwei Gründe: Zum einen habe sich die Energieversorgung nach dem russischen Angriff auf die Ukraine wieder stabilisiert, zum anderen seien die Großhandelspreise gesunken.

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Allerdings „bleibt die Gefahr erneuter Preissprünge oder gar einer Gasmangellage für den Winter 2023/24 durchaus bestehen“, sagte Ökonomin Veronika Grimm. Im Vergleich zum vergangenen Jahr dürfte die Inflation nach Einschätzung des Rats im Jahr 2023 etwas nachlassen. Der Preisanstieg, der viele Privathaushalte schmerzlich trifft, geht der Prognose zufolge auf 6,6 Prozent zurück. 2024 soll er dann nur noch drei Prozent betragen.

Reallohnverlust dürfte im Jahr 2024 Geschichte sein

Auch der Arbeitsmarkt wird sich wohl positiv entwickeln. Die Arbeitslosigkeit dürfte demnach niedrig bleiben – mit einem leichten Anstieg in diesem Jahr auf 5,4 Prozent. 2024 soll sie dann auf 5,2 Prozent absinken. Die Zahl der Arbeitsplätze „dürfte bis Ende 2024 leicht zunehmen“, prognostiziert das Beratungsgremium.

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Für 2023 sehen die Sachverständigen deutlich steigende Löhne, die allerdings noch hinter die Inflation zurückbleiben dürften, was zu Reallohnverlusten führt. Im kommenden Jahr könnte sich dieses Verhältnis jedoch umkehren: Dann nimmt die Bezahlung den Schätzungen zufolge stärker zu als der Preisanstieg. Eine Lohn-Preis-Spirale, bei der zu hohe Lohnforderungen die Inflation treiben, sei nicht zu erkennen, sagte Professor Martin Werding.

Für die öffentlichen Haushalte sieht der Wirtschaftsweise Achim Truger ebenfalls Zeichen der Entspannung. Wegen der gesunkenen Energiepreise halten sich die Ausgaben für die Gas- und Strompreise wohl deutlich in Grenzen, so dass die Schuldenquote des Staates im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung sinken könnte.