Das Vermitteln von Affären habe großes Potenzial, sind sich die Hamburger Firmengründer sicher. Sie betreiben das Internetportal von der Speicherstadt aus.

Hamburg. In Hamburg ist jetzt eine neue Seite für Liebesabenteurer an den Start gegangen. Die Gründer von prime-date kommen beide aus dem Management der Partnervermittlung Parship.de, sehen im Vermitteln von Affären aber das weitaus größere Potenzial. "Wir haben in Hamburg mit Parship.de und Elitepartner.de zwei erfolgreiche Partnervermittlungen. Aber die Wachstumschancen liegen klar in unserem Bereich", sagt Mitgründer Felix Brosius, 37, Volkswirt, der gemeinsam mit Arndt Roller, einem 43 Jahre alten Ökonomen in einem schicken Büro in der Speicherstadt die Bedürfnisse der flirtfreudigen Internetgemeinde zu Geld macht.

Auch Trendforscher Peter Wippermann bescheinigt den Vermittlern der unverbindlichen Liebe gute Chancen. Er sieht eine wachsende Verführbarkeit in der Gesellschaft: "Der Leistungsgedanke erreicht unsere Sexualität", sagt der Hamburger Wissenschaftler. "Die Menschen verlieren in einer langen Beziehung das Gefühl für ihre Marktfähigkeit." Dies sei für viele Männer und Frauen Grund genug, ihren Wert außerhalb der Partnerschaft zu testen.

Der Pionier der Affärenagenturen, Ashley Madison, mit offenbar sieben Millionen Mitgliedern in den USA, bietet seine Dienste seit kurzer Zeit in insgesamt neun Ländern an. Die Seite ashleymadison.com ist das umsatzmäßig am schnellsten wachsende soziale Netzwerk nach Facebook, sagte kürzlich Europachef Constantin Dietrich. In Deutschland erregt die Agentur mit TV-Spots Aufsehen, in denen sich eine Frau und ein Mann näherkommen: "Dieses Paar ist verheiratet ... aber nicht miteinander."

Auch prime-date.de wirbt im Fernsehen, etwa auf N24, und will damit die "überdurchschnittlich gebildete und besser verdienende" Zielgruppe erreichen. Brosius: "Wir achten auf eine gute Community, sie macht schließlich den Wert des Portals aus."

Das Geschäftsmodell der Portale für die schnelle Klickbeziehung wie Ashley Madison oder prime-date.de beruht auf Gebühren für die Mitglieder. Bei prime-date.de kostet das Vergnügen 20 bis 40 Euro im Monat, dafür gibt es die Möglichkeit, sich selber mit einem Profil zu präsentieren, seine Vorlieben anzukreuzen und die dann gefilterten Kontakte anzuschreiben.

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Der Service der Seiten kennt dabei wenig Grenzen. Anbieter wie firstaffair.de oder c-date.de geben Tipps zum Verheimlichen von Affären, empfehlen Bücher von Autoren mit mehreren Frauen oder nennen verschwiegene Orte für ein Stelldichein. Manche kooperieren dazu mit Hotels, die auf der Seite werben dürfen und auf Parkplätze hinter dem Haus hinweisen. Die Website Seitensprung.de lässt sich sogar als Portal eines Tauchklubs tarnen, damit der Partner keinen Verdacht schöpft.

Für die wenig Kreativen oder Schreibfaulen, "meistens sind das die Männer", sagt Brosius schmunzelnd, bietet prime-date auch Textvorlagen an, um der Angebeteten den Kontaktwunsch zu übermitteln. An dieser Stelle sieht Henning Wiechers, Geschäftsführer des Bewertungsportals Singleboersen-vergleich.de allerdings auch eine Schwachstelle der Datewebseiten. "Die Männer schreiben meistens alles an, was sich bewegt", sagt Wiechers. Dadurch sei die Ausbeute für Frauen zwar häufig groß, aber nicht wirklich brauchbar und passend.

Felix Brosius verfolgt seine Geschäftsidee, die derzeit gut 1000 bis 1500 neue Mitglieder am Tag gewinnen soll, übrigens ohne jeglichen privaten Hintergedanken: Er selber ist glücklich verheiratet. "Mein Herz ist vergeben", sagt der Unternehmer, und treu sei er auch. "Eine Beziehung ohne die gegenseitige Exklusivität halte ich nicht für erstrebenswert."

Auf der anderen Seite des Atlantiks kritisieren derweil etliche Amerikaner, die Seitensprungagenturen zerstörten Tausende von Ehen. Selbst das an sich moralisch unbedenkliche Facebook tauche bei jeder fünften Scheidung in der Begründung auf. "Wiederholtes Fremdgehen oder eine längere Affäre gefährden eine Beziehung. Das Argument, ein Seitensprung könne die eigene Ehe lebendig halten, ist nicht haltbar", ist auch der Hamburger Paartherapeut Michael Thiel überzeugt. Wer beim Fremdgehen die Nähe, die Sexualität suche, die er in seiner eigenen Beziehung vermisse, löse das Problem nicht. Nur wer sich bei dem Wunsch nach einem Seitensprung eingestehe, dass dies ein Alarmsignal ist und darüber rede, könne seine Partnerschaft retten, sagt der Diplompsychologe. "Alles andere ist der Anfang vom Ende der Beziehung."