Berlin. Bund und Länder sprechen beim Corona-Gipfel über den weiteren Kurs in der Pandemie. Der Kanzler stellt nun Lockerungen in Aussicht.

Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder treffen sich am 16. Februar, um über die aktuelle Corona-Lage zu beraten. Angesichts einer relativ niedrigen Hospitalisierungsrate – trotz der hohen Inzidenz und vielen Corona-Neuinfektionen – werden die Rufe nach neuen Lockerungsschritten immer lauter.

Corona-Gipfel: Beschließen Bund und Länder Lockerungen?

Scholz hat diese Rufe erhört und will beim Bund-Länder-Treffen einen ersten Öffnungsschritt in der Corona-Pandemie angehen. "Die wissenschaftlichen Prognosen zeigen uns, dass der Höhepunkt der Welle in Sicht ist", sagte Scholz in einer Ansprache vor dem Bundesrat. "Das erlaubt uns, beim Bund-Länder-Treffen in der nächsten Woche einen ersten Öffnungsschritt und dann weitere für das Frühjahr in den Blick zu nehmen." Details nannte er aber nicht.

Scholz betonte, er wolle weiter auf den Rat der Wissenschaftler hören, um bisherige Erfolge in der Pandemie nicht aufs Spiel zu setzen. „Zugleich werden wir wachsam und vorbereitet sein für den Fall, dass die Zahl der Infizierten wieder deutlich zunimmt.“

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Corona: Wer spricht sich für Lockerungen aus?

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) war als erstes mit Lockerungen für sein Bundesland vorgeprescht. Neben Bayern gibt es eine Reihe von weiteren Bundesländern, in denen die Ministerpräsidenten mit den Hufen scharren und die Corona-Regeln lockern wollen. Dazu gehört Schleswig-Holstein, das eine hohe Impfquote von 79 Prozent hat (vollständig Geimpfte).

Auch in Sachsen gelten bereits gelockerte Regeln. In mehreren weiteren Bundesländern ist dies ebenfalls im Gespräch. Aus den Reihen der FDP mehrten sich zuletzt die Stimmen, die eine rasche Öffnungsperspektive befürworteten. FDP-Finanzminister Christian Lindner forderte Planungssicherheit für Branchen wie Kultur- und Veranstaltungswirtschaft.

Wer ist gegen Lockerungen der Corona-Regeln?

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hält Lockerungen zum jetzigen Zeitpunkt für falsch. Der Höhepunkt der Omikron-Welle sei noch nicht da, er komme wahrscheinlich noch im Februar. Verbreitet sich der Omikron-Subtyp BA.2 noch schneller, könne sich dies noch länger hinziehen. Vor dem Scheitelpunkt der Welle will Lauterbach keine Regeln lockern. Er stellte aber in Aussicht, noch vor Ostern (Mitte April) Lockerungen zuzustimmen.

Corona: Wie könnten weitere Öffnungsschritte aussehen?

Nach und nach könnte 2G im Einzelhandel abgeschafft werden. Außerdem könnten die Maximalgrenzen für Stadien und Veranstaltungen generell wieder angehoben werden. In Bayern dürfen nach den Worten von Markus Söder wieder mehr Zuschauer in die Fußballstadien, die Corona-Sperrstunde wird abgeschafft.

In Sachsen dürfen neben Geimpften und Genesenen auch negativ Getestete wieder shoppen gehen (3G statt 2G) – Voraussetzung ist eine niedrig bleibende Belastung der Krankenhäuser. Ist dies erfüllt, dürfen auch die Geschäfte wieder länger öffnen. Zuletzt mussten sie um 20.00 Uhr schließen. Restaurants und Cafés dürfen unter 2G-Bedingungen – statt 2G plus – Gäste empfangen.

In Schleswig-Holstein soll nur noch eine Maskenpflicht im Einzelhandel gelten (kein Nachweis von Impfung oder Genesung mehr erforderlich). Drinnen und draußen sollen wieder Veranstaltungen mit mehreren tausend Zuschauerinnen und Zuschauern möglich sein. Außerdem soll die Sperrstunde in der Gastronomie (ab 23.00 Uhr) fallen. Auch interessant: Israel - Warum es so viele Corona-Schwerkranke gibt wie nie

Bund und Länder: Kommen einheitliche Corona-Regeln?

Dass beim Gipfel einheitliche Regeln für alle Bundesländer beschlossen werden, ist eher unwahrscheinlich. Zum einen sind die Impfquoten in den einzelnen Bundesländern, aber teilweise auch von Region zu Region sehr verschieden. Dies führt zu sehr unterschiedlichen Belastungslagen der Krankenhäuser.

Zum anderen verfolgen die Länderchefs sehr unterschiedliche Ansätze. Unionspolitiker preschen eher vor und werben für konkrete Öffnungsschritte. Grüne wie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sprechen zwar von Hoffnung, mahnen aber noch zur Zurückhaltung.

Hinzu kommt: Die bundesweit geltende Corona-Schutzverordnung nach dem Infektionsschutzgesetz, wo etwa auch die Maskenpflicht und das Abstandsgebot im öffentlichen Raum geregelt sind, läuft nach dem 19. März aus. Was danach kommt, ist noch offen. Wahrscheinlich scheint aber, dass es zu individuelleren Regelungen in den Bundesländern kommen wird.

Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, warb dafür, dass die Länder die Corona-Regeln unabhängig voneinander lockern können sollen. Dies spricht eher für einen erneuten Flickenteppich bei den Maßnahmen. Gut möglich ist jedoch, dass die Bundesländer beim Abstandsgebot und bei der Maskenpflicht bleiben und vor allem die 2G- und 2G-plus-Regel abschaffen.

Impfpflicht für Pflegekräfte: Kommt sie oder kommt sie nicht?

Die Teil-Impfpflicht soll ab 16. März für Mitarbeitende im medizinischen Sektor greifen. So sieht es der bisherige Plan der Bundesregierung vor. Doch die einrichtungsbezogene Impfpflicht gerät stark ins Wanken, seit Bayern das Vorhaben am Montag auf unbestimmte Zeit ausgesetzt und vom gesamten CDU-Vorstand dafür Unterstützung bekommen hat.

Auch in Sachsen regt sich Protest gegen das Bundesgesetz zur Teil-Impfpflicht. Ein entsprechender Leitfaden für Pflegekräfte werde nicht veröffentlicht, teilte der Regierungssprecher in Dresden am Dienstag mit. Man sehe das Bundesgesetz "sehr kritisch". In Sachsen sei rund ein Drittel der Pflegekräfte nicht geimpft.

Der Bundesgesundheitsminister zeigte wenig Verständnis für diese Vorstöße. Es gehe darum, die vulnerablen Gruppen in Krankenhäusern und in Alters- und Pflegeheimen zu schützen. Lauterbach kritisierte Mitarbeitende in diesem Sektor, die sich nach wie vor nicht impfen lassen wollten. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) äußerte scharfe Kritik am bayerischen Alleingang und mahnte zur Geschlossenheit.

Auch der Bundeskanzler bekannte sich ausdrücklich zur einrichtungsbezogenen Impflicht, deren Umsetzung derzeit Gegenstand kontroverser Debatten ist. „Es geht jetzt um den Schutz derer, die darauf ganz besonders angewiesen sind: Kranke und die ältesten Mitglieder unserer Gesellschaft.“ Deren Schutz "muss und wird weiterhin höchste Priorität für uns haben". Unterdessen wies das Bundesverfassungsgericht am Freitag eine Klage gegen die Teil-Impfpflicht ab. Ziemlich sicher ist: Das Thema wird am Mittwoch für erhitzte Gemüter sorgen.

(mja/mit dpa/afp)

Dieser Artikel ist zuerst auf morgenpost.de erschienen.