Raub und Entführung: Thomas Wolf sieht seinem Urteil entgegen, geht es nach der Staatsanwaltschaft, verschwindet er lange hinter Gittern.

Wiesbaden. Im Prozess gegen den Schwerverbrecher Thomas Wolf vor dem Wiesbadener Landgericht hat die Staatsanwaltschaft 15 Jahre Haft gefordert. Wolf soll eine Wiesbadener Bankiersgattin entführt und zwei Banken überfallen haben. Bei der Entführung im März 2009 erpresste der geständige 58-Jährige 1,8 Millionen Euro. Die Anklage zeigte sich am Dienstag nach dem neunmonatigen Verfahren am Dienstag überzeugt, dass er sich in drei Fällen der schweren räuberischen Erpressung sowie des erpresserischen Menschenraubs schuldig gemacht hat.

Unter anderem habe Wolf im März 2009 die Frau eines leitenden Bankangestellten gekidnappt und von ihrem Mann die Millionensumme erpresst. Zudem muss Wolf nach Ansicht der Staatsanwaltschaft für die beiden Banküberfälle büßen, die er in Hamburg und Eindhoven in den Niederlanden verübt haben soll. Bei diesen Überfällen bedrohte er die Angestellten jeweils mit einer Bombenattrappe und erbeutete zusammen mehr als 360.000 Euro. Wolf hat die Taten gestanden.

Staatsanwältin Maria Klunke sprach von „akribisch geplanten Taten“. Dem Angeklagten warf sie vor, mit massiver krimineller Energie vorgegangen zu sein. Wolf sei „durch und durch kriminell“.

Der nach einem Zeckenbiss an Borreliose erkrankte Wolf war während des ganzen Verfahrens nur eingeschränkt verhandlungsfähig. Am Dienstag kommentierte er den Vortrag der Staatsanwältin mehrfach mit einem Kopfschütteln und zeigte sich an anderen Stellen gänzlich desinteressiert.

Wolf wurde nach der Angaben der Staatsanwältin allein in den Jahren 1981 bis 1993 zu mehr als 22 Jahren Gefängnis verurteilt. Mehrfach brach er aus Gefängnissen aus. Seine ersten Diebstähle beging er mit 15 Jahren, zum ersten Banküberfall kam es 1990. Aus einem Hafturlaub kurz vor einer geplanten Entlassung Anfang 2000 kam er nach Darstellung der Anklage nicht zurück. Dann sei er untergetaucht - erst in den Niederlanden, dann wieder in Deutschland und war bis November 2009 auf der Flucht.

„Er brauchte Geld, und zwar mehr als mit Autos zu beschaffen war“, sagte Anklagevertreterin Klunke. Deshalb kam ihm die Idee mit den Banküberfällen: In Hamburg bedrohte er im Jahr 2000 mit einer Bombenattrappe eine Bankangestellte. Vor dem Überfall hatte er noch ein „Beratungsgespräch“ wegen einer Geldanlage aus einer angeblichen Erbschaft angemeldet.

Ausgehändigt wurden ihm damals knapp 250.000 Euro. Er zwang einen Angestellten, mit ihm die Bank zu verlassen, setzte ihn auf eine Bank in der City. Der Mann sollte sich eine Stunde nicht rühren - und er tat es, so die Anklägerin.

Ähnlich ging Wolf nur drei Jahre später im niederländischen Eindhoven vor. Beute damals: 110.000 Euro. Auch hier versetzte er die Angestellten in tödliche Angst und ließ sie immer wissen, dass er noch Komplizen habe.

Ab 2006 überlegte Wolf erneut wie er an Geld kommt, sagte die Staatsanwältin: „Dieses Mal sollte es aber das ganz große Ding sein.“ Schließlich sei Wolf bereits Mitte 50 gewesen, das Geld sollte „bis zu seinem Lebensende reichen“. Damals lebte er illegal mit einer nichtsahnenden Freundin seit Jahren in Frankfurt und hatte sein ganzes Leben lang höchstens Aushilfsarbeiten gemacht.

Er baldowerte das Leben der Familie eines leitenden Bankangestellten in Wiesbaden aus. Im März 2009 klingelt unter einem Vorwand bei der Frau, die allein zu Hause ist. Er drängte sie hinein, es kam zu einem Gerangel - und plötzlich hatte die Frau eine ungeladene Luftpistole in der Hand, wie sie als Zeugin berichtete. Wolf überwältigte die Frau aber und zwang sie in seinen Wagen. Was folgte war eine Odyssee über mehrere Stationen durch Wiesbaden und bis Schwarzach bei Würzburg. Von unterwegs musste das Opfer immer wieder seinen Mann anrufen und ihm den Weg zu den von Wolf versteckten Entführungsbriefen weisen.

Statt der geforderten zwei Millionen Euro brachte der Ehemann mit Hilfe seiner Bank aber nur 1,8 Millionen zusammen. Wolf ließ sein Opfer in einem Feldstück frei, band sie aber mit Kabelbinder an einen Baum. Daraus konnte sich die Verängstigte später selbst befreien und die Polizei informieren. Sie ist noch heute in psychiatrischer Behandlung .

Wolf wurde nach einem Hinweis aufgrund eines Fahndungsbilds des Bundeskriminalamts gefasst. Der Prozess wird am 13. Dezember mit dem Schlusswort des Verteidigers und des Angeklagten fortgesetzt.