Aus dem verunglückten Tanker wird ätzende Schwefelsäure in den Rhein abgelassen. Das Schiff könnte andernfalls auseinanderbrechen.

St. Goarshausen. Dreieinhalb Wochen nach der Havarie des Tankers "Waldhof" auf dem Rhein haben die Behörden begonnen, ätzende Schwefelsäure in den Fluss zu pumpen. Sie wollen so ein Auseinanderbrechen des Tankers und damit eine unkontrollierte Reaktion der Säure mit dem Rheinwasser verhindern. Durch das gesteuerte Ablassen seien „nur geringe Beeinträchtigungen des Rheins“ zu erwarten, teilte das Pressezentrum "Havarie Loreley“ am Montag mit. Das Ökosystem des Flusses sowie die Trinkwassergewinnung seien nicht gefährdet.

Am Wochenende war nahe der Loreley ein Teil der Schwefelsäure aus dem Tanker in ein anderes Schiff gepumpt worden. Dadurch sackte den Angaben zufolge der vordere Teil des auf der Seite liegenden Schiffes etwa 20 Zentimeter in eine Mulde im Flussbett ab. Der Schiffskörper verdrehte sich, aufgrund der enormen Spannung entstanden Beulen. Der Tanker drohte bei einer weiteren Bewegung auseinanderzubrechen.

Die Sicherheit der Bergungskräfte sei so nicht mehr gewährleistet, sie habe Priorität, hieß es. Bei einer unkontrollierte Reaktion der Säure mit dem Wasser würde starke Hitze entstehen, es könnte zum Beispiel gefährliche Fontänen geben. Laut Plan werden nun maximal 80 Tonnen Säure pro Stunde in den Rhein abgelassen, was 12 Litern pro Sekunde entspricht. Derzeit fließen pro Sekunde etwa 1,6 Millionen Liter Wasser im Rhein. Die Säure werde deshalb schnell neutralisiert, erklärten die Behörden.

Der Tanker hatte ursprünglich 2400 Tonnen Schwefelsäure geladen. Die Experten gehen davon aus, dass seit der Havarie rund 900 Tonnen ausgetreten sind, vermutlich durch automatische Ventile. Wie viel Säure derzeit noch an Bord sei, lasse sich nicht sagen. Ein Großteil der Ladung soll weiterhin umgeladen werden, betonte ein Behördensprecher. Wie viel in den Rhein abgelassen werden müsse, lasse sich nicht vorhersagen. „Das hängt auch von der Reaktion des Schiffes ab.“

Schwefelsäure zählt zu den aggressivsten Säuren. Experten stufen sie als schwach wassergefährdend ein. „Wir werden alles tun, um die Bevölkerung, die Einsatzkräfte und die Umwelt zu schützen“, erklärte der rheinland-pfälzische Innenstaatssekretär Roger Lewentz (SPD). Falls durch das kontrollierte Ablassen der Säure überhaupt Schäden entstünden, wären sie nach Angaben der Behörden lokal begrenzt.

Unterhalb der Unfallstelle überwacht ein Laborschiff die Aktion. Das rheinland-pfälzische Umweltministerium setzte eine Rheinwarnung ab und informierte Behörden und Trinkwasserversorger entlang des Flusses. Der Tanker "Waldhof“ war vor dreieinhalb Wochen aus noch ungeklärter Ursache gekentert. Zwei Bootsleute werden seitdem vermisst.