Das mit 2.400 Litern beladene Tankschiff liegt noch immer im Rhein nahe des Loreleyfelsens. Am Dienstag soll Bewegung in die Bergung kommen.

St. Goarshausen. Mehr als zwei Wochen nach dem Schiffsunglück im Rhein rückt das Abpumpen der Schwefelsäure aus dem gekenterten Tankschiff „Waldhof“näher. Bei planmäßigem Verlauf der Arbeiten sei für Dienstag das sogenannte Leichtern der ersten beiden von sieben Tanks vorgesehen, teilte das Pressezentrum „Havarie Loreley“ am Montag mit. Zuvor sollten an fünf Tanks jeweils etwa 50 Zentimeter große Öffnungen gebohrt werden, um den Saugschlauch anbringen zu können.

Weil der Wasserstand gefallen ist, sei dies entgegen früherer Annahmen später auch bei einem sechsten Tank möglich. Ein siebter Tank soll nach derzeitigem Stand erst zeitgleich mit der Hebung des Schiffes geleert werden. Er befindet sich weiterhin unter Wasser.

Seit seiner Havarie am 13. Januar liegt das Tankschiff mit 2.400 Tonnen Schwefelsäure auf der Seite im Rhein bei St. Goarshausen. Schwimmkräne sichern das Wrack mit Stahlseilen. Die Untersuchung von Säureproben zeigte, dass sich die Chemikalie mit Wasser gemischt hat. Dabei bildete sich explosiver Wasserstoff. Durch kleine Löcher wurde deshalb bereits in fünf der Tanks Stickstoff eingeleitet, um das Gas zu verdrängen und die Explosionsgefahr zu bannen. Die rheinland- pfälzische Umweltministerin Margit Conrad (SPD) informierte sich am Montag am Unglücksort über das weitere Vorgehen. Sie lobte nach Angaben einer Mitteilung die hervorragende Arbeit aller am Einsatz beteiligten Kräfte.

Derzeit warten nach Angaben der Einsatzleitung rund 450 Schiffe darauf, das Wrack passieren zu können – davon alleine 110 Schiffe im Bereich Mainz. Die Fahrt in Fließrichtung des Rheins ist an der Loreley seit der Havarie gesperrt. Es wird befürchtet, dass sich das mit Stahlseilen gesicherte Wrack bei Fahrten flussabwärts wegen der Strömung losreißen könnte. Nur flussaufwärts werden die Schiffer seit einer guten Woche zu bestimmten Zeiten an der „Waldhof“ vorbeigeleitet. 36 Schiffe wurden am Montagvormittag durchgelassen. Am Sonntag waren einige von der Sperrung betroffene Schiffer zusammengekommen, um ihren Unmut darüber zu äußern. Den Angaben zufolge verlieren sie wegen der Sperrung bis zu 2000 Euro am Tag.

Am Donnerstag hatte das Pressezentrum vor Explosionsgefahr am Wrack der "Waldhof" gewarnt. Untersuchungen einer ersten Probe aus einem der sieben Tanks hätten ergeben, dass darin Schwefelsäure, Wasser und Wasserstoff enthalten seien. Da der Wasserstoff hochexplosiv ist, und es beim Zusammentreffen von Säure und Wasser zu einer Verpuffung kommen kann, war der Unglücksort für die Probennahme am Mittwoch weiträumig abgesperrt worden. Mit einem Spezialverfahren hatten Experten winzige Löcher in zwei Tanks des Schiffes, das insgesamt 2400 Tonnen Schwefelsäure an Bord hat, gebohrt. Nun solle Stickstoff in den Tank 7 geleitet werden, um die Explosionsgefahr zu beseitigen, hieß es weiter.

+++ Gefundene Wasserleiche ist kein Vermisster des Säuretankers +++

Das Schiff war vor zwei Wochen nahe der Loreley aus ungeklärter Ursache gekentert. Das auf der Seite liegende Wrack ist von zwei Schwimmkränen eines niederländischen Bergungsteams mit Stahlseilen gesichert. Vor der Bergung des Wracks sollte geprüft werden, ob sich der Zustand der Säure seit dem Unfall verändert hat und ob sie abgepumpt werden kann.

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Stefanie Semsei blickt auf den Computerbildschirm und notiert Zahlen. Die Chemikerin steht in einem gut ausgestatteten Labor von rund 40 Quadratmetern und hantiert abwechselnd an einem Waschbecken und dem Computer. Eigentlich ein ganz normales Labor – wäre da nicht das leichte, unaufhörliche Schwanken, das sich an den gefüllten Reagenzgläsern ablesen lässt. Das Labor befindet sich an Bord der MS Burgund, die derzeit nahe der Loreley bei St. Goarshausen liegt.

Semsei und ihre Kollegen vom Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht überwachen bei täglichen Messfahrten der „Burgund“ die Flüsse in Rheinland-Pfalz. Das ganze Jahr über wird die Gewässerqualität von Saar, Mosel und Rhein untersucht. Durch einen Schlauch wird das Wasser aus dem Fluss direkt ins Labor gepumpt. Festgestellt werden unter anderem pH-Wert und Phosphatgehalt festgestellt, auch Fische werden routinemäßig gefangen und untersucht, um Rückschlüsse auf mögliche Umweltgefahren zu ziehen.

Insbesondere der Rhein als Hauptschlagader des Industrieverkehrs wird von den Experten der Gewässeraufsicht kontrolliert. „An das Schaukeln an Bord gewöhnt man sich schnell“, sagt Semsei. Ansonsten seien die Arbeitsbedingungen an Bord des knapp 36 Meter langen Laborschiffs die gleichen wie auch an Land. Auch angemeldete Schülergruppen können normalerweise im „schwimmenden Klassenzimmer“ etwas über Chemie und Gewässerreinhaltung lernen.

Seit zwei Wochen aber ist das Schiff nahe der Loreley im Dauereinsatz. Dort war der 110 Meter lange Chemietanker „Waldhof“ am 13. Januar mit knapp 2.400 Tonnen Schwefelsäure des Ludwigshafener Chemiekonzerns BASF aus bisher ungeklärter Ursache gekentert. Auffälligkeiten im Rheinwasser beobachten die Chemiker des Landesamtes bislang aber nicht, der Säuretanker hält demzufolge dicht. Nur direkt nach der Havarie war der pH-Wert durch einen Säureaustritt leicht gesunken, für das Trinkwasser und das biologische Gleichgewicht habe dies aber zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr dargestellt, betont Umweltministerin Margit Conrad (SPD).

Vom Tanker entnommene Schwefelsäure-Proben werden ebenfalls auf der „Burgund“ von Chemikern der BASF untersucht. Der Zustand der geladenen Säure ist entscheidend für das weitere Vorgehen bei der schwierigen Bergung. So gibt es etwa Schwierigkeiten beim beabsichtigten Abpumpen, weil die Säure durch Wassereinbruch in allen Tanks unterschiedlich hoch konzentriert ist. „Säure ist hier nicht gleich Säure“, sagt Martin Mauermann, Leiter des für die Bergung zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamts Bingen. Umso wichtiger sei es daher, direkt vor Ort chemische Analysen durchführen zu können.

Die Bergung wir laut Mauermann voraussichtlich noch zwei Wochen in Anspruch nehmen. Erst dann kann die „Burgund“ bald wieder zu Routinefahrten aufbrechen und auch wieder Schülergruppen empfangen.