In seinem Tagebuch notierte Segovia, wie irgendwann die Thunfischreserven zu Ende gingen. Und wie die Männer unter den psychischen Qualen litten.

Hamburg. Víctor Segovia, einer der 33 Bergleute aus der Unglücksmine in Chile, hat eine Rettung zunächst nicht für möglich gehalten. „Ich habe fest daran geglaubt, dass ich sterben werde. Und ich habe mir gewünscht, dass es einfach so im Schlaf passiert“, sagte Segovia in einem Interview mit dem „Stern“. Der Kumpel schrieb im Stollen Tag für Tag Protokoll. Sein Tagebuch, um das sich Verlage reißen, half Segovia zu überleben, schilderte er dem Magazin.

Die Männer waren am 5. August beim Einsturz eines Stollens in mehr als 600 Meter Tiefe verschüttet worden. 17 Tage später konnten sie durch eine bei der Suche nach ihnen gebohrte Röhre eine erste Lebensbotschaft schicken. Nach mehr als zwei Monaten Gefangenschaft unter Tage wurden die Bergleute am 13. Oktober in einer aufsehenerregenden Aktion durch einen Rettungsschacht in einer Stahlkapsel einer nach dem anderen an die Oberfläche gezogen .

Über die ersten Momente nach dem Einsturz des Stollens sagte Segovia dem „Stern“: „Die ersten Minuten hat keiner von uns ein Wort gesagt. Die Jungen, weil sie ja gar nicht wussten, was ihnen drohte. Und wir Älteren, weil wir niemandem Angst machen wollten“. Nach zwei Tagen hätten die Männer die Mine erkundet und nach einem Ausgang gesucht. „Es war aussichtslos. Irgendwann stand man wieder vor einer Wand aus Fels.“

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Schnell sei eine Hierarchie entstanden, Mario Sepúlveda habe die Chefrolle übernommen - der „Journalist“ im Stollen moderierte Videos unter Tage. Schichtleiter Luis Urzúa habe die meiste Zeit geschwiegen. „Wir alle waren froh, dass da überhaupt jemand die Initiative übernommen hat“, sagte Segovia dem Magazin. Viele Bergleute seien mit der „Situation überhaupt nicht zurecht“ gekommen. „Immer wieder hat irgendeiner geweint. Auch ich. Die Jungen haben sich noch besser gehalten als wir Alten. Vielleicht auch, weil wir ja besser wussten, was uns drohen könnte.“

In seinem Tagebuch notierte Segovia, wie nach einer Woche die Thunfischreserven zu Ende gingen. Von dem abgestandenen Wasser hätten die meisten Kumpel Durchfall bekommen. Die Männer litten unter Pickeln und Ausschlägen. Dazu die psychischen Qualen. Ob er seine Aufzeichnungen veröffentlichen will, darüber ist sich Segovia noch „nicht sicher“. Fast hätte er keine Wahl gehabt: Seine Notizen vergaß der Bergmann zunächst im Stollen - ein Kumpel brachte sie ihm mit.