Der Mann, der die zwei Mädchen ermordet haben soll, spricht von absichtlichen Falschaussagen und heimlich platziertem Blut.

München. Kurz vor dem geplanten Ende des Prozesses um den brutalen Mord an den zwei Mädchen aus Krailling sorgt der angeklagte Thomas S. noch einmal für den ganz großen Auftritt. Wie angekündigt bricht der 51-Jährige am Dienstag vor dem Münchner Landgericht sein Schweigen. In seiner Aussage weist er jegliche Schuld von sich. „Ich möchte klarstellen, ich habe meine Nichten nicht getötet“, lautet sein zentraler Satz.

Der 51-Jährige scheint die Bühne, die ihm der voll besetzte Gerichtssaal bietet, zu genießen. Als er von zwei Beamten hereingeführt wird, schweift sein Blick lange und gelassen über die voll besetzten Zuschauerreihen, in denen auch zahlreiche Angehörige der ermordeten Mädchen Sharon und Chiara Platz genommen haben.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, seine acht und elf Jahre alten Nichten im März vergangenen Jahres aus Habgier getötet zu haben. Er soll die Mädchen in ihrem Kinderzimmer mit einem Seil, einem Messer und einer Hantelstange brutal umgebracht haben. Außerdem soll er vorgehabt haben, die Mutter der Mädchen töten, um seine Frau zur Alleinerbin des Familienvermögens zu machen.

Wie immer erscheint der Onkel der toten Mädchen in blauem Jeanshemd vor Gericht. Nach der Eröffnung der Sitzung setzt S. seine Brille auf und beginnt mit bairischem Zungenschlag, seine handschriftlich notierte Aussage vorzulesen. Zunächst kündigt er an, er werde „Stellung nehmen, zu den bisher gemachten Aussagen“ und sich „im Wesentlichen mit den falschen Aussagen von Zeugen auseinandersetzen“.

Dann befasst sich der ehemalige Postzusteller mit Aussagen von Zeugen und Ermittlern aus den vergangenen zwölf Prozesstagen seit Mitte Januar. Er unterstellt einem nach dem anderen, falsch ausgesagt zu haben, auch seinem eigenen Sohn.

Anders, als Zeugen dargestellt hätten, sei sein Verhältnis zur Familie seiner Frau, der leiblichen Tante der ermordeten Mädchen, gut gewesen. Familienangehörige, die im Prozess aussagten, hatten S. dagegen als „Schmarotzer“ und „Erbschleicher“ bezeichnet. Staatsanwaltschaft und Ermittlern unterstellt er eine mutwillige Verfälschung der Ergebnisse. Ein Foto, das ihm eine Verletzung an der Nase nachweist, wurde laut S. gar nachträglich bearbeitet.

Seine Behauptungen gipfeln in wilden Verschwörungstheorien, die erklären sollen, wie seine Blutspuren an den Tatort kamen: Auf der Krankenstation in Stadelheim sei eine Ampulle mit seinem Blut auf mysteriöse Weise verschwunden. Er äußert den Verdacht, dass dieses Blut heimlich an den Tatort geschafft wurde. DNA-Spuren von Thomas S. konnten unter anderem an Wänden, im Küchenbereich, an Stühlen und an der Toilettenspülung in der Tatwohnung ausgemacht werden.

Als Richter Thomas Lenz gezielt Fragen zu den Spuren stellt, verstrickt sich S. zunehmend in Widersprüchen. Zum Eklat kommt es, als S. dem Richter auf eine Frage antwortet: „Da müssen Sie Sharon fragen“ – das Kind, das S. getötet haben soll.

Für die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Andrea Titz ändert sich nach der Aussage von S. nichts an den bisherigen Ergebnissen in dem Verfahren. Die Angaben des Angeklagten „haben in keiner Weise dazu beigetragen, dass wir die Beweise anders bewerten“, sagt Titz in einer Verhandlungspause. Sie gehe weiter davon aus, dass der Tatnachweis gegen den Angeklagten geführt sei.

Der Prozess wird sich Einschätzung von Beobachtern bis nach Ostern hinziehen. (dapd)