Taucher müssen Einsatz unterbrechen - Umweltexperte: Abpumpen könnte länger als einen Monat dauern - Höhere Wellen am Wochenende erwartet

Giglio/Rom. Die Suche nach den 21 Vermissten an Bord des gekenterten Kreuzfahrtschiffes „Costa Concordia“ ist wieder aufgenommen worden. Die Rettungsarbeiten über Wasser wurden am Freitagabend nach einer erneuten Unterbrechung fortgesetzt, wie ein Sprecher der italienischen Küstenwache, Cosimo Nicastro, mitteilte. Zuvor sei sichergestellt worden, dass das Wrack sich stabilisiert habe. Am (morgigen) Samstagmorgen solle entschieden werden, ob auch wieder Taucher in die Schiffsteile unter Wasser geschickt werden sollten. Die Suche war zuvor abgebrochen worden, nachdem sich die vor der toskanischen Insel Giglio gestrandete „Costa Concordia“ erneut bewegt hatte.

Inzwischen gibt es so gut wie keine Hoffnung mehr, in dem 114.500 Tonnen schweren Schiff noch Überlebende zu finden. Elf Leichen wurden bislang geborgen. 24 Personen werden vermisst. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes ist das Schicksal allein von zwölf Deutschen nicht geklärt. Bei der Identifizierung der Leichen helfen auch Experten des Bundeskriminalamtes.

Der italienische Umweltminister Corrado Clini erklärte am Donnerstag im Parlament in Rom, er habe die Reederei Costa Crociere angewiesen, mit allen nötigen Maßnahmen ein Abrutschen des Schiffes zu verhindern. „Wenn das Schiff abrutscht, hoffen wir, dass es nicht zerbricht und die Tanks nicht reißen.“ Nach Angaben der Behörden wird es mindestens zwei Wochen dauern, das Öl abzupumpen.

Doch der Prozess könne sich womöglich auch mehr als ein Monat hinziehen, räumte Luigi Alcaro, Leiter der italienischen Regierungsbehörde für Umweltschutz Ispra, ein. Das Problem seien insbesondere die zehn Tanks im Innern des Schiffs, die schwierig zu erreichen seien. Außerdem sei das Öl an Bord besonders dickflüssig und klebrig. Am besten wäre es daher, ein Loch in den Rumpf zu bohren und das Öl zu erwärmen, um es flüssiger zu machen und dadurch leichter absaugen zu können. Dazu aber müsse das Schiff stabilisiert werden. „Wenn die 'Costa Concordia' weiter in die Tiefe rutscht und der Treibstoff anfängt, ins Wasser zu sickern, können wir von Jahren und Dutzenden Millionen Euro ausgehen, bevor alles sauber ist“, warnte Alcaro im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters.

Derzeit rutsche der vordere Bereich des Schiffs etwa 15 Millimeter und der hintere sieben Millimeter in der Stunde ab, sagte der Geophysiker Nicola Costagli, Berater des Zivilschutzes, dem Fernsehsender SkyTG24. „Das ist nicht viel, aber es muss unter Kontrolle gehalten werden.“

Die „Costa Concordia“ fuhr am Freitag vor einer Woche auf einen Felsen, kippte zur Seite und versank teilweise. An Bord befanden sich zu diesem Zeitpunkt mehr als 4200 Passagiere und Besatzungsmitglieder. Der Kapitän Francesco Schettino steht unter Hausarrest. Nach Angaben seines Anwalts hat er zugegeben, das Schiff zu nahe an die Küste gesteuert zu. Schettino sei jedoch nicht bereit, die volle Verantwortung zu übernehmen. Auch die Reederei macht den Kapitän für das Unglück verantwortlich. Unternehmenschef Pier Luigi Foschi sagte der Zeitung „Corriere della Sera“, Costa Crociere habe nicht gewusst, dass das Schiff so nah an die Küste gefahren sei. Den Ermittlern zufolge steuerte Schettino das Schiff bis auf 150 Meter vor die Küste. Die Reederei geht nach eigenem Bekunden davon aus, dass der Kapitän die Einwohner an Land grüßen wollte, wo auch ein pensionierter Admiral lebt.

Befehl an „Costa-Concordia“-Kapitän wird zum Verkaufsschlager

Der wütende Befehl „Verdammt noch mal, gehen Sie zurück an Bord“ hat nicht nur den italienischen Küstenwachoffizier Gregorio De Falco zu einem nationalen Helden gemacht. Die Anweisung De Falcos an den Kapitän des gekenterten Kreuzfahrtschiffs „Costa Concordia“ hat auch das Zeug zum Verkaufsschlager. T-Shirts mit dem aufgedruckten Spruch des Küstenschützers stoßen nach Angaben des Vertreibers im In- und Ausland auf reges Interesse. „Wir haben viele Anfragen aus der ganzen Welt, aus Brasilien und Hongkong, auch aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien“, sagte Stefano Ramponi von der Firma Lipsiasoft über im Internet angebotenen T-Shirts.

Ramponi wandte sich am Freitag zugleich gegen den Vorwurf, aus dem Tod von elf Menschen Kapital schlagen zu wollen. Er hoffe, der Befehl werde dafür sorgen, dass ein Ruck durch seine Landsleute gehe, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein und Italien durch Rezession sowie Schuldenkrise zu steuern. (dapd/reuters)