Bei dem schweren Unglück der “Costa Concordia“ mit 4200 Passagieren an Bord vor der italienischen Küste sind mindestens drei Personen gestorben. Drei Vermisste konnten gerettet werden. 40 Menschen werden noch vermisst. Der Kapitän wurde festgenommen.

Porto Santo Stefano/Rom. Es sollte die schönste Reise ihres Lebens werden, doch es endete in einem Alptraum. 24 Stunden nach der Havarie des Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia" vor der italienischen Küste haben Rettungskräfte zwei Überlebende gerettet. Sie seien in einer Kabine entdeckt worden, meldete die Nachrichtenagentur ANSA am Sonntag. Es handele sich um einen Mann und eine Frau aus Südkorea, sagte der Einsatzleiter der Feuerwehr, Vincenzo Bennardo. Beide seien 29 Jahre alt und hätten auf dem Schiff ihre Flitterwochen verbracht.

Die Einsatzkräfte seien in dem havarierten Kreuzfahrtschiff von Tür zu Tür gegangen und hätten Klopfzeichen gegeben, sagte Bennardo. Am späten Sonnabend hätte das Paar schließlich geantwortet. Die Rettungskräfte hätten "eine männliche und eine weibliche Stimme gehört", sagte Marcello Fertitta von der Küstenwache. Beide befänden sich in einem guten Zustand.

Am Sonntag entdeckten Rettungskräfte dann einen dritten Überlebenden. Das sagte ein Sprecher der Feuerwehr, Luca Cari. Die Retter hätten mit der Person gesprochen, sie aber noch nicht befreien können.

Es sind Szenen, die an den Katastrophen-Film "Titanic“ erinnern, beschreiben andere Überlebende das Schiffsunglück der "Costa Concordia" in Italien. Sie seien durch auf die Seite gedrehte Flure gekrochen, um sich in Sicherheit zu bringen. Das Licht sei ausgefallen und Teller und Gläser zerbrochen. Aber es ist kein Film, es ist traurige Realität. Bei der Havarie des Kreuzfahrtschiffes mit rund 4.200 Menschen an Bord vor der Küste der Toskana sind mindestens drei Menschen gestorben und zahlreiche Menschen verletzt worden. Rund 40 Menschen werden noch immer vermisst.

Das Kreuzfahrtschiff war auf Grund gelaufen und in Schlagseite geraten. Zwei französische Passagiere und ein peruanisches Besatzungsmitglied seien dabei ums Leben gekommen, berichtet die italienische Nachrichtenagentur ANSA am Sonnabend. Taucher der italienischen Küstenwache suchten im Rumpf des Schiffs nach den Vermissten. An Bord der havarierten "Costa Concordia“ befanden sich auch zahlreiche deutsche Passagiere.

Außenminister Guido Westerwelle gab unterdessen an, dass sich auch mehrere Deutsche unter den Verletzten befinden würden. "Wir haben bisher etwa von zehn deutschen Verletzten auszugehen, die in den Krankenhäusern auch betreut werden“, sagte Westerwelle am späten Sonnabendnachmittag vor Journalisten in Köln. "Ich kann, weil es immer noch Vermisste gibt, nicht ausschließen, dass es auch noch andere schlimmere Nachrichten geben kann.“

Die Botschaftsangehörigen seien seit den frühen Morgenstunden dabei, die deutschen Passagiere insgesamt zu betreuen, sagte Westerwelle. Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes sei einberufen worden. "Unser Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Familien.“

Die Crew an Bord des Schiffes hatte einen Stromausfall gemeldet, bevor das Schiff vom Kurs abkam. Nach ersten Ermittlungen habe das Schiff einen Felsen gerammt, sagte der Chef des Kreuzfahrtunternehmens Costa Crociera, Gianni Onorato, dem italienischen TV-Sender Sky 24. Der Kapitän, der in diesem Moment auf der Brücke gewesen sei, habe dann entschieden, das Schiff evakuieren zu lassen. Er wurde festgenommen.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Kapitän wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und Herbeiführung eines Schiffbruchs. Die Präfektur in Grosseto teilte mit, sie lasse prüfen, wie die 2400 Tonnen Treibstoff in den Tanks gesichert werden könnten, um eine größere Umweltverschmutzung zu vermeiden.

Ein Sprecher des Veranstalters Costa Kreuzfahrten, Werner Claassen, sagte, dass alle deutschen Passagiere noch am Sonnabendabend von Rom aus nach Hause geflogen werden. Insgesamt waren laut Claassen rund 4.200 Menschen aus mehr als 60 Ländern an Bord des havarierten Schiffes.

Die in Genua ansässige Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere nannte den Unfall eine bestürzende Tragödie und sprach den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus.

Das Kreuzfahrtschiff war Freitagnacht vor der kleinen Insel Giglio, nahe der toskanischen Küste auf ein Riff gestoßen, wie Costa-Sprecher Gianni Onorato sagte. Der Veranstalter arbeite mit italienischen Ermittlern zusammen, um herauszufinden, was falsch gelaufen sei.

Ein Sprecher der Küstenwache, Francesco Paolillo, sagte, die "Costa Concordia“ habe "ein Hindernis getroffen, das ein 50 Meter langes Loch in den Rumpf gerissen hat“. Wasser sei eingedrungen, das Schiff habe sich daraufhin zur rechten Seite geneigt. Zwölf Stunden nach dem Unfall lag es fast waagerecht auf der Seite im Wasser. Paolillo sagte, der erste Alarm sei am Freitag gegen 22.30 Uhr eingegangen, etwa drei Stunden nach dem Ablegen des Schiffs von Civitavecchia.

Rund 30 Menschen wurden Berichten zufolge verletzt. Viele von ihnen erlitten nur Prellungen, der Zustand von mindestens zwei Menschen wurde aber als kritisch beschrieben.

Passagiere warfen den Besatzungsmitgliedern vor, sie nur unzureichend über Evakuierungsmaßnahmen informiert zu haben. Eine Evakuierungsübung war erst für (heutigen) Sonnabendnachmittag angesetzt. Dabei befanden sich einige Passagiere bereits seit mehreren Tagen an Bord des Schiffs. Passagiere beklagten auch, es sei zu lange damit gewartet worden, die Rettungsboote ins Wasser zu lassen.

Hubschrauber brachten einige der Passagiere in Sicherheit. Andere Überlebende wurden von Privatschiffen in der Gegend gerettet. Augenzeugen berichteten, einige Menschen seien vom Schiff in die dunkle, kalte See gesprungen.

Taucher der italienischen Küstenwache suchten unterdessen im Rumpf der "Costa Concordia“ nach Vermissten. Die Retter hätten das Wasser rund um das Schiff mehrere Stunden lang abgesucht und keine weiteren Leichen entdeckt, sagte Cosimo Nicastro von der Küstenwache dem Sender Sky TG24 TV. Deshalb habe man sich entschlossen, in einer riskanten Operation den unter Wasser liegenden Teil der "Costa Concordia“ zu untersuchen.

Die bereits geretteten Passagiere würden auf der Insel in Schulen, Hotels und Kirchen untergebracht, zitierte ANSA Journalisten, die zum Zeitpunkt des Unglücks an Bord der "Costa Concordia“ waren. Der Bürgermeister von Giglio appellierte an die 1.500 Einwohner der Insel, die Schiffbrüchigen vorübergehend zu beherbergen. "Jeder mit einem Dach“ möge sein Heim öffnen, sagte er.

Die 290 Meter lange "Costa Concordia“ befand sich auf einer achttägigen Kreuzfahrt vom italienischen Civitavecchia über Savona, Marseille, Barcelona, Palma de Mallorca, nach Cagliari und Palermo. Neben rund 1.000 italienischen seien auch über 500 deutsche und etwa 160 französische Passagiere an Bord gewesen, teilte die verantwortliche Reederei mit.

"Es ging ein Ruck durch das Schiff“, beschrieb der Deutsche Peter Honvehlmann aus Nordrhein-Westfalen per Telefon der Nachrichtenagentur dpa die Situation. „Innerhalb kürzester Zeit bekam es eine Schräglage, so dass die Vasen von den Tischen fielen, von den Tresen fiel alles runter, (...) so ähnlich wie im Film „Titanic“, man hat es nicht geglaubt.“ Der 38-Jährige wurde zusammen mit seiner Frau gleich zu Beginn der Evakuierung von Bord gebracht.

Man sei von einem technischen Defekt unterrichtet worden, sagte Honvehlmann. Die Mannschaft habe versucht, die Leute zu beruhigen. „Dann trieb das Schiff immer mehr auf die Küste zu.“ Die Rettung sei chaotisch gewesen. „Das war die erste Kreuzfahrt in meinem Leben und sicherlich auch die letzte, sowas geht ja gar nicht.“

Das Schiff wurde nach Angaben der Kreuzfahrtgesellschaft 2006 gebaut und bietet in 1500 Kabinen Platz für 3780 Passagiere, um die sich 1100 Besatzungsmitglieder kümmern. Es ist nicht der erste Zwischenfall mit der "Costa Concordia“. 2008 hatte das Schiff bei der Einfahrt in den Hafen von Palermo in schwerem Sturm die Hafenbefestigung gerammt und war beschädigt worden.

Nach Auskunft des Branchenverbandes European Cruise Council (ECC) haben Kreuzfahrtschiffe in den vergangenen beiden Jahrzehnten weltweit mehr als 90 Millionen Passagiere befördert. 2010 gab es nach ECC-Angaben in Europa 198 Kreuzfahrtschiffe mit Kapazitäten von 100 bis 3600 Passagieren.

Notfallnummern für Angehörige:

Krisen-Hotline des AA: 030/18170

Bereitschaftsdienst Generalkonsulat Mailand: 0039-335- 6255622

Bereitschaftsdienst Deutsche Botschaft Rom: 0039-335-7904170

Hintergrund: Das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia

Die "Costa Concordia“ gehört nach Angaben des Eigners zu den neuesten und größten Kreuzfahrtschiffen, die derzeit auf den Meeren unterwegs sind. Sie wurde 2006 gebaut und bietet in 1500 Kabinen Platz für 3780 Passagiere. Betreiber ist das italienische Kreuzfahrtunternehmen Costa Crociere mit Sitz in Genua. Das Schiff misst 290 Meter und ist gut 35 Meter breit. Es schafft bei 114.500 Bruttoregistertonnen eine maximale Geschwindigkeit von 23 Knoten (rund 43 Stundenkilometer). 1100 Besatzungsmitglieder kümmern sich um die Gäste. An Bord befinden sich auf 17 Decks neben fünf Restaurants auch ein Theater, ein Kino sowie Clubs und Diskotheken.

Von Frances D'Emilio und Nicole Winfield mit Material von dpa