Das Drehkreuz in Frankfurt war für Stunden gesperrt, auch in Berlin ging nichts mehr. In ganz Europa kam es zu weiteren Behinderungen.

Hamburg. Umgeleitete Maschinen, Übernachtung auf Feldbetten, stundenlange Wartezeiten: Das Winterwetter hat in der Nacht zum Dienstag den Frankfurter Flughafen mitten im Weihnachtsverkehr lahmgelegt. 8.000 Passagiere mussten eine Zwangspause einlegen, Hunderte Flüge wurden gestrichen. Die Verspätungen sollten den ganzen Dienstag anhalten. Die winterlichen Verhältnisse sorgten auch wieder auf deutschen Straßen zu Unfällen und Staus. Bereits am Montag mussten wegen des Wetters in London Flughäfen geschlossen werden.

Auf dem Frankfurter Flughafen mussten am Montagabend ab 22.44 Uhr alle drei Start- und Landebahnen gesperrt werden. Kaum hatte der Räumkonvoi mit 17 Fahrzeugen eine Piste innerhalb von 20 Minuten geräumt, lag schon wieder Schnee, wie Fraport-Sprecher Jürgen Harrer der Nachrichtenagentur DAPD sagte. „Es muss aber sichergestellt werden, dass die Bahnen schnee- und eisfrei sind.“ Demnach bestand die Gefahr, dass der nasse Schnee auf dem gefrorenen Boden zu gefährlichem Eis wurde.

Der Flughafen wurde schließlich um 02.42 Uhr morgens wieder geöffnet. Allerdings rechnete Fraport den ganzen Tag mit weiteren Behinderungen. Fluggästen wurde dringend empfohlen, vor Aufbruch zum Flughafen ihre Gesellschaft zu kontaktieren. Am Dienstag mussten bis zum Vormittag 120 Flüge gestrichen werden. Normalerweise werden täglich etwa 1.300 abgewickelt. Am Montag gab es 230 Annullierungen. Allerdings konnte die Anflugkontrolle am Dienstagvormittag fast wieder die normale Zahl von Maschinen zum Flughafen lotsen.

In der Nacht wurden einige Maschinen umgeleitet. Betroffen waren insgesamt etwa 8.000 Passagiere, von denen etwa 5.000 in Hotels in der Umgebung untergebracht werden konnten. Für andere stellte der Flughafen Decken, Feldbetten und Verpflegung zur Verfügung. Auch die Lufthansa verteilte viele Mahlzeiten, Getränke und Hotelgutscheine. „Es war eine außergewöhnliche Situation und eine große Belastung für alle“, sagte Sprecher Patrick Meschenmoser.

Der Berliner Flughafen Tegel ist am Dienstag wegen Blitzeis vorübergehend geschlossen worden. Die ankommenden Flüge würden auf den im Osten der Stadt gelegenen Flughafen Schönefeld umgeleitet, sagte ein Sprecher. Dort laufe der Betrieb mit Starts und Landungen noch normal. In Tegel werden die Start- und Landebahnen enteist. Der Flugbetrieb sei dort voraussichtlich nur für kurze Zeit nicht möglich, ergänzte der Sprecher. Auf beiden Berliner Flughäfen fallen weiter Flüge aus, weil die Maschinen durch Schnee und Frost an vielen Airport-Drehkreuzen nicht starten können.

Der Umschwung von kaltem zu milderem und feuchtem Wetter führte in weiten Teilen Deutschlands zu Behinderungen auf Straßen. Auf der A45 bei Wetzlar in Mittelhessen gab es einen schweren Lastwagenunfall mit sieben Verletzten und einem Sachschaden von einer halben Million Euro. Auf der A33 bei Paderborn fuhr ein vollbeladener Viehtransporter auf ein Streufahrzeug des Winterdienstes. Dabei wurden der 46-jährige Fahrer des Streufahrzeugs und der 48-jährige Beifahrer im Viehtransporter schwer verletzt. 55 Kälber starben. In Unterfranken waren die A7 und A3 für Stunden gesperrt. In Deutschland breitet sich die wärmere Luft im Laufe des Dienstages weiter aus. Der Deutsche Wetterdienst warnte vor allem für den Ostteil vor gefährlicher Eisglätte. Dort soll der Schnee allmählich in Regen übergehen, der auf gefrorenem Boden gefrieren kann. Die Temperaturen sollen am (morgigen) Mittwoch zwischen minus einem und plus drei Grad liegen. Nur im Südosten soll es schneien. In den übrigen Regionen dürfte es nicht zu chaotischen Verhältnissen auf Straßen, Schienen und Flughäfen wie in den vergangenen Tagen kommen. Dort soll es weitgehend trocken bleiben.

Auf Amsterdams Flughafen Schiphol mussten in der Nacht zum Dienstag erneut hunderte gestrandete Passagiere versorgt werden. Etwa 400 Fluggäste hätten in Feldbetten übernachtet, sagte ein Sprecher. Auch im Verlaufe des Dienstags wurde mit der Streichung von Flügen sowie erheblichen Verspätungen gerechnet. Die Gründe dafür waren vor allem Probleme mit heftigem Winterwetter auf anderen europäischen sowie auf nordamerikanischen Flughäfen, die nicht oder nur eingeschränkt angeflogen werden können. Wegen möglicher Probleme in den jeweiligen Zielgebieten wurde Flugreisenden erneut geraten, sich über eventuelle Verspätungen oder Annullierungen zu informieren, ehe sie zum Flughafen fahren. Allerdings war die Airport-Website www.Schiphol.nl am Dienstag oft überlastet.

Starke Schneefälle und Eis haben in Norditalien in der Nacht zu Dienstag zu einem Verkehrschaos geführt und mehr als 1000 Passagiere auf Flughäfen blockiert. Die Mailänder Flughäfen Malpensa und Linate mussten zeitweise geschlossen werden, auf den Autobahnen in der Emilia-Romagna kamen Autofahrer praktisch nicht mehr voran. Der Zugverkehr im Norden war schon am Montag teilweise zusammengebrochen, Hunderte von Zügen fuhren nicht, viele nur verspätet. In Mailand sind auch 800 Soldaten eingesetzt, um dem Schnee-Notstand in der Metropole des Nordens zu begegnen. In nahezu der gesamten Lombardei blieben die Schulen geschlossen, in der Region schneite es auch am Morgen noch.

Für hunderte gestrandete Reisende ging es nach tagelangem Warten am Dienstag endlich los: Nach einer fast dreitägigen Vollsperrung rollten die ersten Eurostar-Züge wieder durch den Ärmelkanaltunnel. Der erste Zug mit 750 Fahrgästen verließ den Pariser Gare du Nord kurz nach 08.00 Uhr. Hunderte weitere Reisende warteten in einer langen Schlange auf die nächsten Züge. Wahrscheinlich wird die Bahngesellschaft aber erst nach Weihnachten wieder zu ihrem Normalbetrieb zurückkehren können. Zwei Drittel der Züge zwischen Paris und London sollten am Dienstag wieder im Stundentakt verkehren, teilte die Betreibergesellschaft weiter mit. Zunächst seien die Plätze jedoch für jene Reisende reserviert, die ursprünglich Reservierungen für Samstag und Sonntag hatten. Von der beispiellosen Pannenserie wenige Tage vor Weihnachten waren schätzungsweise 40.000 Fahrgäste betroffen.

Ersten Erkenntnissen zufolge waren die klirrende Kälte und der Pulverschnee in Frankreich für das Eurostar-Desaster verantwortlich. Das Unternehmen erklärte, als Ursache der Störung sei ungewöhnlich trockener Puderschnee festgestellt worden. Das feine Pulver sei durch den Schneeschutz in die Motoren gelangt und dann im Tunnel, wo die Temperaturen beträchtlich höher lagen, getaut. Das Kondenswasser habe dann Kurzschlüsse verursacht und die Züge lahmgelegt. Die Passagiere haben jedoch wenig Verständnis für die Pannen an den modernen Schnellzügen. „Es ist ja nicht so, dass es nie zuvor geschneit hat“, sagte die 21-jährige Studentin Jennifer Eboule. „Man kann sich kaum vorstellen, dass so etwas ein derart großes Problem verursacht.“ Betriebsleiter Nicolas Petrovic erklärte dagegen: „Es ist das erste Mal in 15 Jahren, dass wir diese Schneebedingungen hatten.“ Normalerweise sei der Schnee am Kanal nass und schwer.

Mehrere Züge waren in der Nacht zum Samstag im Tunnel stehen geblieben, mehr als 2.000 Fahrgäste steckten teils 15 Stunden lang fest, litten unter Durst, Panikattacken und Platzangst. Davon blieben die Reisenden am Dienstag zwar verschont, doch sie sorgten sich um andere Dinge, beispielsweise ihre Bahn- oder Fluganschlüsse. Isabella Comba berichtete, sie müsse spätestens am Nachmittag in London sein, um dort noch ihren Zug nach Cornwall zu bekommen. „Mein Mutter ist krank und ich will an ihrer Seite sein“, sagte sie.