In Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland stehen alle Züge still. Europaweit bislang 46 Tote durch den Sturm.

Hamburg. Wegen des Orkantiefs „Xynthia“ wird der gesamte Zugverkehr in Nordrhein-Westfalen vorläufig eingestellt. Es gehe sowohl um den Regional- als auch um den Fernverkehr, sagte ein Sprecher der Bahn am Sonntagabend in Düsseldorf. Die Züge führen zum Teil noch bis an ihr Ziel, es würden aber keine neuen Züge mehr eingesetzt. Man wolle einfach kein Risiko eingehen, sagte der Sprecher. Wie lang die Unterbrechung dauern werde, sei im Moment noch nicht abzusehen. Zuvor war der Zugverkehr bereits im Saarland komplett und in Rheinland-Pfalz teilweise gestoppt worden. Auch in Baden-Württemberg waren viele Bahnstrecken unterbrochen.

Auf seinem Weg nach Deutschland verursachte das Sturmtief "Xynthia" in Westeuropa mit Orkanböen und Regengüssen starke Schäden und riss mindestens 46 Menschen in den Tod. Rund eine Million französische Haushalte waren am Sonntag ohne Strom, nachdem der Sturm von Spanien kommend über Frankreich hereinbrach. Unter den Unwetter-Toten ist ein Mann aus Baden-Württemberg, der von einem Baum erschlagen wurde.In einem Wald bei Taunusstein nahe Wiesbaden wurde ein 69 Jahre alter Mann von einem umstürzenden Baum begraben und starb. Der Mann war mit einer Wandergruppe unterwegs. In einem Wald in Pulheim bei Köln sei eine Frau beim Nordic-Walking von einem umfallenden Baum getötet worden. Damit kamen in Folge des Orkantiefs „Xynthia“ bereits drei Menschen in Deutschland ums Leben.

Allein in Frankreich fielen dem Sturm „Xynthia“ mindestens 40 Menschen wegen Hochwassers oder umherfliegender Äste und Gebäudeteile zum Opfer. Zwölf weitere Menschen würden noch vermisst, teilte ein Sprecher des Zivilschutzes, Samuel Bernès, am Abend mit. In Frankreich wurden überdies 59 Verletzte gemeldet, es war der schlimmste Sturm in dem Land seit 1999. Die Windgeschwindigkeiten reichten von 150 Stundenkilometern an der Atlantik-Küste bis zu 200 Stundenkilometern auf den Höhenlagen der Pyrenäen. Hinzu kamen sintflutartige Regenfälle. Besonders schwer betroffen waren den Behörden zufolge die Départements Vendée und Charente-Maritime am Atlantik. Aber auch in den Départements Loire-Atlantique, Pyrénées-Atlantique, Haute-Garonne und Yonne gab es schwere Schäden.

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Zuvor war der Sturm auch über die Nordküste Spaniens hinweggefegt. Dabei kamen drei Menschen ums Leben, wie Innenminister Alfredo Perez Rubalcaba mitteilte. Zwei Menschen wurden bei Arlanzon getötet, als ihr Auto von einem umstürzenden Baum getroffen wurde. In Ourense fiel eine Frau dem schweren Sturm zum Opfer. Am Freitag hatte „Xynthia“ bereits mit Windgeschwindigkeiten bis zu 190 Kilometern pro Stunde auf den Kanarischen Inseln erhebliche Schäden angerichtet.

Ein weiteres Todesopfer gab es in Portugal, wie Innenminister Rui Pereira mitteilte. Demnach spielte ein zehnjähriger Junge vor dem Gottesdienstbesuch am Sonntagmorgen Ball neben einer Kirche und wurde dabei von einem fallenden Ast erschlagen.

Der Deutsche Wetterdienst in Offenbach (DWD) warnte die Menschen davor, in den Wald zu gehen. Das könne bei kräftigem Sturm wegen der zahlreichen abknickenden Äste lebensgefährlich sein. Entwurzelte Bäume, herabstürzende Dachziegel und umherfliegende Gegenstände könnten verbreitet schwere Schäden an Gebäuden verursachen, warnte der DWD. Bewegliche Sachen sollten nicht draußen liegen gelassen werden. „Einen Teil Westdeutschlands erwischt es in der gleichen Stärke wie Frankreich“, sagte DWD-Meteorologe Peter Hartmann. Das gelte insbesondere für das Saarland, den Westen von Rheinland-Pfalz und den Süden von Nordrhein-Westfalen und Hessen. „Wer nicht Auto fahren muss, sollte es besser vermeiden.“ Die Orkanstärke werde sich zwar über der Mitte Deutschlands abschwächen, dennoch sei „Xyntiha“ ein Sturmtief, „wie man es nicht jedes Jahr hat“.

Nahe der baden-württembergischen Gemeinde Feldberg wurde ein Mann am Sonntagmittag in seinem Auto durch einen umstürzenden Baum erschlagen, wie die Polizei in Freiburg mitteilte. Die Ehefrau des Opfers sei schwer verletzt geborgen und mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht worden. Die Straße war zunächst blockiert. Auf dem Bodensee wurde der Katamaranverkehr zwischen Konstanz und Friedrichshafen eingestellt. Viele Straßen mussten gesperrt werden, nachdem Bäume auf die Fahrbahnen gestürzt waren. Auch auf der Autobahn 5 in der Nähe von Rastatt blockierte ein Baum die Fahrbahn, die Polizeiangaben zufolge aber nicht gesperrt werden musste. Auf dem Feldberg im Schwarzwald wurden am Mittag starke Orkanböen mit Spitzengeschwindigkeiten von 133 Stundenkilometern gemessen.

Auch Rheinland-Pfalz und im Saarland richtete das Orkantief „Xynthia“ erhebliche Schäden an. In Landau wurde eine etwa 30 Jahre alte Frau schwer verletzt, als sie ein Eisentor schließen wollte und der Sturm das Tor aus der Verankerung riss. Am stärksten wüteten die Sturm- und Orkanböen in der Eifel und im Hunsrück. Zahlreiche Straßen mussten wegen entwurzelter Bäume gesperrt werden. „Die Bäume knicken um wie die Streichhölzer“, hieß es beim Lagezentrum in Mainz. Mancherorts fiel der Strom aus.

„Alle fünf Polizeipräsidien des Landes sind betroffen“, hieß es in Mainz. „Alles was laufen und fahren kann, ist unterwegs. Es gehen dauernd Notrufe ein, die Feuerwehren sind alle unterwegs und die Strom-Reparaturtrupps auch.“ Im Saarland wurden zahlreiche Fahrzeuge von umgefallenen Bäumen beschädigt. „Wir haben noch keinen Überblick“, sagte ein Polizeisprecher. Verletzt worden sei hier aber zunächst niemand. Meteorologe Peter Hartmann vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach warnte vor Spaziergängen im Wald. Bewegliche Sachen sollten nicht draußen herumliegen. „Und wer nicht Auto fahren muss, sollte es besser vermeiden.“ Die Orkanstärke werde sich zwar über der Mitte Deutschlands abschwächen, dennoch sei „Xyntiha“ ein Sturmtief, „wie man es nicht jedes Jahr hat“.

Xynthia ist einer der schwersten Stürme seit dem Orkan „Lothar“ Weihnachten 1999. Der Orkan war damals von der Biskaya kommend über Frankreich, die Schweiz und Süddeutschland hinweggezogen und hatte einen Schaden von etwa fünf Milliarden Euro angerichtet. Rund hundert Menschen wurden europaweit durch den „Jahrhundertsturm“ getötet.

Im Nordosten der USA mussten nach heftigen Unwettern hunderttausende Haushalte das Wochenende ohne Strom verbringen. Starke Schnee- und Regenfälle legten am Freitagabend mehr als eine Million Anschlüsse lahm, am Sonnabend warteten allein im US-Staat New Hampshire noch 250.000 Haushalte auf die Wiederherstellung der Elektrizitätsversorgung. In New York waren 160.000 Stromkunden unversorgt, in Maine rund 67.000. Mindestens drei Menschen kamen bei dem dritten Wintersturm innerhalb eines Monats ums Leben.

Der Sturm überzog New York mit einer mehr als 60 Zentimeter dicken Schneeschicht. Im Central Park wurde ein Mann von einem Ast erschlagen, der unter der Last der Schneemassen abbrach. In der Stadt Candia in New Hampshire kamen zwei Menschen bei einem Hausbrand ums Leben, der nach Angaben der Feuerwehr von einem Propangas-Ofen ausgelöst wurde. Offenbar hatten sich die beiden Brandopfer vor der Kälte schützen wollen. Überdies wurden am Sonnabend zehn Menschen leicht verletzt, als Eisbrocken das Glasdach in einer Vorhalle des Sony-Hochhauses in Manhattan durchschlugen. Eis- und Glassplitter prasselten in die Lobby, die Verletzten wurden nach Angaben der Feuerwahr in die umliegenden Krankenhäuser gebracht. Wegen des Sturms wurden am Freitag mehr als 1.000 Flüge gestrichen.