In Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland stehen alle Züge still. Europaweit bislang mehr als 50 Tote durch den Sturm.

Hamburg. Das Orkantief „Xynthia“ hat in Europa mehr als 50 Menschen in den Tod gerissen, darunter vier in Deutschland. Allein in Frankreich kamen am Wochenende mindestens 45 Menschen ums Leben, die meisten von ihnen ertranken im Hochwasser. Zudem hinterließ der Sturm eine Spur der Verwüstung: Bäume wurden entwurzelt, alles, was nicht niet- und nagelfest war, flog wie Geschosse durch die Luft. Hunderte Flüge mussten gestrichen werden; der Bahnverkehr kam in weiten Teilen Deutschlands zum Erliegen.

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Der Orkan tobte mit Geschwindigkeiten von 150 Stundenkilometern an der Atlantik-Küste, bis zu 200 km/h auf den Höhenlagen der Pyrenäen, wo auch Lawinenalarm herrschte. Sintflutartige Regenfälle führten zu Überschwemmungen. Etwa 900.000 Franzosen waren ohne Strom. Wegen überfluteter Gleise war der Zugverkehr in Westfrankreich gestört. In Paris fielen zahlreiche Flüge aus. Neben den Toten gab es nach Angaben des Zivilschutzes rund 60 Verletzte, ein Dutzend Menschen wurden am Sonntagabend noch vermisst. Es war der schwerste Sturm in Frankreich seit 1999. Zuvor war „Xynthia“ über die Kanarischen Inseln und die Nordküste Spaniens hinweggefegt. In Spanien kamen drei Menschen ums Leben. In Portugal wurde ein zehnjähriger Junge von einem Ast erschlagen.

In Deutschland starben vier Menschen: In Feldberg-Bärental im Schwarzwald fiel ein Baum auf ein Auto, der 74-jährige Fahrer starb, seine Ehefrau wurde schwer verletzt. Im Taunus (Hessen) wurde ein 69-jähriger Wanderer, der mit einer Gruppe von 20 Leuten unterwegs war, von einem Baum erschlagen. Dasselbe Schicksal ereilte eine Frau beim Nordic-Walking im Rhein-Erft-Kreis. Im westfälischen Ascheberg fiel ein Baum auf ein fahrendes Auto; die 70-jährige Fahrerin rutschte in den Graben und starb.

Die Deutsche Bahn stellte den Zugverkehr in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen vorübergehend ein. Die Bahnhöfe in Frankfurt am Main und Stuttgart konnte nicht mehr von ICE- und InterCity-Zügen angefahren werden. In Nordrhein-Westfalen waren vor allem die Strecken zwischen Dortmund und Hamm sowie Köln und Bonn betroffen. Der Bahnhof am Frankfurter Flughafen wurde ebenfalls vorsorglich gesperrt. Das beeinträchtige den Flugverkehr dort noch zusätzlich. Wegen Verzögerungen durch den notwendigen größeren Sicherheitsabstand der Flugzeuge wurden 217 Flüge gestrichen, die Reisenden mussten stundenlang warten.

Der Deutsche Wetterdienst in Offenbach (DWD) warnte die Menschen davor, in den Wald zu gehen. Das könne bei kräftigem Sturm wegen der zahlreichen abknickenden Äste lebensgefährlich sein. Entwurzelte Bäume, herabstürzende Dachziegel und umherfliegende Gegenstände könnten verbreitet schwere Schäden an Gebäuden verursachen. Bewegliche Sachen sollten nicht draußen liegen gelassen werden. „Einen Teil Westdeutschlands erwischt es in der gleichen Stärke wie Frankreich“, sagte DWD-Meteorologe Peter Hartmann. Das gelte insbesondere für das Saarland, den Westen von Rheinland-Pfalz und den Süden von Nordrhein-Westfalen und Hessen. „Wer nicht Auto fahren muss, sollte es besser vermeiden.“ Die Orkanstärke werde sich zwar über der Mitte Deutschlands abschwächen, dennoch sei „Xyntiha“ ein Sturmtief, „wie man es nicht jedes Jahr hat“.

Xynthia ist einer der schwersten Stürme seit dem Orkan „Lothar“ Weihnachten 1999. Der Orkan war damals von der Biskaya kommend über Frankreich, die Schweiz und Süddeutschland hinweggezogen und hatte einen Schaden von etwa fünf Milliarden Euro angerichtet. Rund hundert Menschen wurden europaweit durch den „Jahrhundertsturm“ getötet.

Im Nordosten der USA mussten nach heftigen Unwettern hunderttausende Haushalte das Wochenende ohne Strom verbringen. Starke Schnee- und Regenfälle legten am Freitagabend mehr als eine Million Anschlüsse lahm, am Sonnabend warteten allein im US-Staat New Hampshire noch 250.000 Haushalte auf die Wiederherstellung der Elektrizitätsversorgung. In New York waren 160.000 Stromkunden unversorgt, in Maine rund 67.000. Mindestens drei Menschen kamen bei dem dritten Wintersturm innerhalb eines Monats ums Leben.

Der Sturm überzog New York mit einer mehr als 60 Zentimeter dicken Schneeschicht. Im Central Park wurde ein Mann von einem Ast erschlagen, der unter der Last der Schneemassen abbrach. In der Stadt Candia in New Hampshire kamen zwei Menschen bei einem Hausbrand ums Leben, der nach Angaben der Feuerwehr von einem Propangas-Ofen ausgelöst wurde. Offenbar hatten sich die beiden Brandopfer vor der Kälte schützen wollen. Überdies wurden am Sonnabend zehn Menschen leicht verletzt, als Eisbrocken das Glasdach in einer Vorhalle des Sony-Hochhauses in Manhattan durchschlugen. Eis- und Glassplitter prasselten in die Lobby, die Verletzten wurden nach Angaben der Feuerwahr in die umliegenden Krankenhäuser gebracht. Wegen des Sturms wurden am Freitag mehr als 1.000 Flüge gestrichen.