Das Reisebusunglück auf der A 10 nahe Berlin gehört bundesweit zu den schwersten. 14 Menschen starben. Vor Gericht soll die Ursache dafür aufgeklärt werden.

Potsdam. Im Prozess um den tödlichen Reisebusunfall auf der Autobahn 10 zweifelt die Verteidigung einen Fahrfehler als Auslöser für das Unglück an. An der Stelle am Schönefelder Kreuz habe es 2011 mehrere Unfälle gegeben, die ähnlich gelagert gewesen seien, sagte Anwalt Carsten R. Hoenig am Dienstag vor dem Landgericht Potsdam. Polizeibeamte, die am zweiten Prozesstag als Zeugen vernommen wurde, bestätigten dies. Angeklagt ist eine 38 Jahre alte Autofahrerin wegen fahrlässiger Tötung. Ein Fahrfehler von ihr soll den Unfall am 26. September 2010 ausgelöst haben, bei dem 14 Menschen starben und mehr als 30 verletzt wurden.

Die anderen Unfälle hätten zwar nicht die dramatischen Folgen gehabt wie im Fall des polnischen Reisebusses. „Es wird aber ersichtlich, dass nicht menschliches Versagen zu dem Unfall geführt hat, sondern äußere Umstände dazu geführt haben können wie beispielsweise die Beschaffenheit der Fahrbahn“, sagte Hoenig. Er beantragte, dazu einen weiteren Zeugen zu laden.

Die Staatsanwaltschaft sah dafür zunächst keine Veranlassung und beantragte, den Beweisantrag abzuweisen. Tests eines Sachverständigen hätten gezeigt, dass der Wagen an der Autobahnauffahrt bei einer Geschwindigkeit von 40 Stundenkilometer nicht ausgebrochen wäre, sagte Staatsanwalt Gerd Heininger. „Selbst wenn dort ein Unfallschwerpunkt sein sollte, sagt dies nichts darüber aus, wie es zum Unfall kam“, so Heininger. „Es kommt darauf an, wie schnell die Fahrzeuge dort fahren.“

Die Angeklagte - eine Angestellte des Berliner Polizeipräsidiums - soll Straßenverhältnisse und Witterung nicht ausreichend berücksichtigt haben. Dies vermutete auch einer der befragten Autobahnpolizisten als Auslöser für den Unfall. Er bezeichnete die Straßenführung an der Stelle zugleich als „total veraltet“. Sie sei nicht mehr zeitgemäß. Eine Zeugin (29) berichtete ebenfalls von Problemen bei der Auffahrt auf die A10. Sie hatte sich selbst bei der Polizei gemeldet. Ihren Angaben zufolge war sie einen Tag vor dem Unglück an gleicher Stelle beim Beschleunigen ihres Autos ins Schlingern geraten. Ihre Angaben ließen aber den Schluss zu, dass sie zu schnell gefahren sein könnte.

Die Angeklagte hatte zum Prozessauftakt angegeben, keine Erinnerung an das Unglück zu haben. Der Veranstalter (56) der Reise konnte sich dagegen vor Gericht detailliert an die Minuten vor dem Unglück erinnern. Er schilderte, wie der rötliche Mercedes von der Auffahrt auf die Autobahn schlingerte. „Es war ersichtlich, dass das Fahrzeug ins Schleudern geraten war“, berichtete der 56-Jährige. Der Busfahrer (42) habe noch gebremst. „Er konnte aber keine Vollbremsung machen, weil es den ganzen Tag geregnet hat und die Autobahn nass war“, sagte der Mann. „Dann gab es einen Riesen-Knall und die Scheiben splitterten.“

Der Prozess soll am 11. Mai fortgesetzt werden mit Aussagen von Sachverständigen zum Unfallhergang. Nach bisheriger Planung will das Gericht sein Urteil am 1. Juni sprechen.