14 Tote, mehr als 30 Verletzte - das ist die Bilanz des Busunglücks bei Berlin im September 2010. Auslöser soll der Fahrfehler einer Frau gewesen sein.

Potsdam. 14 Menschen starben bei einem Reisebusunglück in der Nähe von Berlin. Eineinhalb Jahre später kann sich die Autofahrerin, die für den Unfall verantwortlich sein soll, nicht an die Katastrophe erinnern. Sie könne den Hergang nicht beschreiben, sagte die 38-Jährige, die immer noch im Besitz ihres Führerscheins ist, zum Prozessauftakt am Freitag. Die Angeklagte muss sich vor dem Potsdamer Landgericht wegen fahrlässiger Tötung verantworten.

Sie wolle aber dazu beitragen, die Ursache für den „grausamen Unfall“ des polnischen Reisebusses im September 2010 aufzuklären, sagte ihr Verteidiger Carsten C. Hoenig. Zur Enttäuschung von Unfallopfern und Hinterbliebenen entschuldigte sich die Angestellte des Berliner Polizeipräsidiums zunächst nicht persönlich bei ihnen.

Sie sei mit einer Freundin unterwegs gewesen, schilderte die Angeklagte vor Gericht. „Was danach geschah, weiß ich nicht.“ Ihre Erinnerung setze erst wieder ein, als sie im Krankenhaus aufwachte. Ihr Verteidiger betonte: „Sie hat den unbedingten Willen, sich der Verantwortung zu stellen.“ Seine Mandantin, die bei dem Unfall verletzt wurde und seitdem arbeitsunfähig ist, hat sich einer Traumabehandlung unterzogen. Sie berichtete vor Gericht von Selbstmordgedanken.

Irritiert reagierten Unfallopfer, aber auch Medienvertreter aus Polen auf die Tatsache, dass die Angeklagte nach wie vor einen Führerschein besitzt und auch schon wieder Auto gefahren ist. „Das ist ein Versäumnis der Ordnungsbehörden“, sagte Radoslaw Niecko, Anwalt von Busfahrer Grzegosz Jarosz (42).

Dagegen erklärte Staatsanwalt Gerd Heininger, dass „allein die katastrophalen Folgen des Unfalls“ nicht ausreichten, um die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies sei nur dann zwingend, wenn ein Autofahrer als ungeeignet für den Straßenverkehr gelten könne, also zum Beispiel betrunken gefahren sei (Paragraf 69 im Strafgesetzbuch).

Das Unglück passierte am 26. September 2010 auf der A 10 nahe Berlin , bei Schönefeld in Brandenburg. Laut Anklage beachtete die Frau Witterung und Straßenverhältnisse nicht ausreichend. Dadurch soll sie zu schnell gewesen sein und deshalb die Kontrolle über ihren Wagen verloren haben, als sie auf die Autobahn auffuhr.

Der Busfahrer versuchte noch auszuweichen, knallte jedoch mit seinem Fahrzeug gegen einen Brückenpfeiler. An den Aufprall selbst könne er sich nicht erinnern. „Ohne das Ausmaß der Tragödie zu kennen, habe ich das Handy aus der Tasche genommen und 112 für den Notruf gewählt“, sagte Jarosz. 47 Mitarbeiter des Forstamtes im polnischen Zlocieniec (Falkenburg) sowie einige Angehörige von ihnen hatten er und sein Kollege an Bord. Etwa eineinhalb Stunden vor dem Unfall hatten die Fahrer gewechselt, berichtete Jarosz.

Er wurde bei dem Unfall am Auge verletzt. Nach mehreren Operationen besteht die Chance, dass er wieder als Busfahrer arbeiten kann. Derzeit darf er auf kürzeren Strecken testen, ob seine Sehkraft wieder ausreicht. Weitere Nebenkläger sind ein Ehemann (38), der seien Frau verlor und Geschwister, deren Eltern starben. Parallel zum Strafverfahren machen Unfallopfer und Hinterbliebenen Schadenersatzansprüche geltend.

Das Landgericht hat zunächst fünf Prozesstage geplant. Beim nächsten Verhandlungstag an diesem Dienstag (8. Mai) sollen vorwiegend Polizeibeamte gehört werden. Ein Urteil könnte am 1. Juni gesprochen werden.