Schalkes Co-Trainer spielte für den HSV als auch für St. Pauli. Hollerbach über Stärken und Schwächen der Rivalen und seine Derby-Erfahrungen.

Hamburg. Die Begeisterung und die besondere Brisanz hat er hautnah miterlebt, mehrfach. Er kennt das Derby wie kaum ein anderer. Fünfmal hat er es gespielt. Viermal für den HSV, einmal im Trikot des FC St. Pauli. Bernd Hollerbach, der auf beiden Seiten als Inbegriff des nimmermüden Arbeiters galt. "An mir kommt entweder der Ball oder der Gegner vorbei, aber niemals beide", ist der bekannteste seiner Sprüche, die bis heute nachhallen. Es sind jene hollerbachschen Qualitäten, denen der Co-Trainer des FC Schalke 04 auch für das Duell am Sonntag entscheidenden Charakter beimisst: Kampf, Aggressivität, Einsatz, Leidenschaft.

"Während des Spiels werden Leute wie David Jarolim oder Gerald Asamoah wichtig sein. Jaro ist extrem giftig und bringt die nötige Aggressivität mit. Und Asa ist da nicht anders. Auch er kennt alle Tricks", weiß Hollerbach, der mit Jarolim noch gemeinsam beim HSV spielte und Asamoah in dessen Schalker Zeit erlebt hat. "Die beiden werden sich nicht schonen und versuchen ihre Mannschaften mitzureißen." Denn einzelne Spieler könnten allenfalls die Initialzündungen geben: "Das Derby wird als Team entschieden." Ein möglicher Vorteil für den FC St. Pauli, dessen größte Qualität seit Jahren in der mannschaftlichen Geschlossenheit liegt? "Vielleicht", sagt Hollerbach, "St. Pauli ist auch darüber hinaus sehr gefährlich, gerade was das Konterspiel anbelangt." Doch all das bringe nichts. "Im Derby zählt nicht, was vorher war. Jeder Spieler wird anders auftreten, wird sich noch einmal puschen, sich strecken, über sich hinauswachsen. Da kann alles passieren."

Er weiß das aus eigener Erfahrung. Von 1991 bis 1995 spielte er für den FC St. Pauli und erlebte beim 0:5 am 1. Juni 1991 eine der schlimmsten Derby-Niederlagen der Braun-Weißen. Hollerbach, damals 21, wurde nach 48 Minuten beim Stand von 0:2 ausgewechselt.

Fünf Jahre später spielte er über den Umweg Kaiserslautern auf der Gegenseite. Das 1:1 "war mein intensivstes Derby", erinnert er sich. "Die HSV-Fans hatten mich noch nicht so angenommen, ich stand quasi zwischen den Fronten." Was bei den folgenden drei Duellen nicht mehr galt. 1996, 2001 und 2002 siegte der Franke mit dem HSV 3:0, 4:3 und 4:0. Und am Sonntag?

Für Hollerbach bleibt der HSV, achteinhalb Jahre lang sein Klub, der wahrscheinlichere Sieger: "Nicht zuletzt aufgrund des 0:2 in Nürnberg hat der HSV den großen Druck, unbedingt gewinnen zu müssen. Ich sehe das eher als Vorteil. Das kitzelt noch einmal mehr aus den Spielern heraus, zumal niemand den Fehler machen wird, St. Pauli zu unterschätzen. Der HSV muss versuchen, diese Drucksituation für sich gewinnbringend zu nutzen."

Aussagen, die eine Sympathie für den größeren Hamburger Klub erahnen lassen. "Nein", widerspricht Hollerbach energisch. "St. Pauli hat mir damals die Chance gegeben, beim HSV hatte ich später tolle Jahre. Ich habe beiden Vereinen viel zu verdanken und bin beiden emotional verbunden. Ich drücke Asa und Carlos Zambrano ebenso die Daumen wie Jaro und Collin Benjamin, mit dem ich ein Jahr zusammengespielt habe. Ich freue mich auf ein interessantes Spiel, hätte nichts gegen ein 3:3."

Ob er am Sonntag im Stadion sein wird, entscheidet Hollerbach erst kurzfristig. "Die ganze Stadt steht Kopf", sagt er. "Aber das kenne ich ja."