In den vergangenen 20 Jahren hat der HSV fünf Heimspiele gegen Bayern München gewonnen. Die Protagonisten von damals machen heute Mut.

Hamburg. Auf dem Papier, wie es so schön heißt, hat der HSV keine Chance gegen den FC Bayern - die Spieler im Münchner Kader sind wertvoller, erfolgreicher und ganz einfach besser. Glücklicherweise wird der 104. Nord-Süd-Gipfel an diesem Sonnabend (18.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) aber immer noch auf Rasen ausgespielt - auf einem gerade verlegten Rollrasen sogar. Und obwohl der HSV in den vergangenen 20 Jahren stets als Außenseiter in die Partie ging, gelang es immerhin fünfmal, den deutschen Rekordmeister zu schlagen. Im Abendblatt machen Torschützen aus siegreichen Tagen den Akteuren von heute Mut. Ein optimistischer Blick zurück nach vorne.

28. März 1993: 3:1

Sein Treffer in der 23. Minute leitete damals den 3:1-Erfolg (die weiteren Tore erzielten Jan Furtok, 70., Armin Eck, 80., Jorginho, 86.) über die Bayern ein - für Thomas von Heesen war es der zweite Heimsieg über die Bayern in Folge nach dem 1:0 vom 14. September 1991 (Torschütze: Eck). Doch die Erinnerungen an diese Partie sind bei Thomas von Heesen verblasst: "Viel mehr haften geblieben ist das 4:3 in München 1982", sagt der 50-Jährige ehrlich, der aktuell den SV Kapfenberg in Österreich trainiert. Kleine Gedächtnishilfe: Furtok verlängerte damals einen Letchkov-Einwurf kunstvoll auf von Heesen, der zur Führung vollenden konnte.

Nur zu genau weiß von Heesen aber noch, dass innerhalb der Mannschaft stets die Spannung vor den Nord-Süd-Duellen stieg. Zu seiner Zeit, erzählt er, sei es immer ein Riesen-Ansporn gewesen, die Bayern zu schlagen: "Das war der Anreiz Nummer eins."

Der frühere HSV-Kapitän traut dem aktuellen Team zu, die Bayern zu schlagen: "Auf jeden Fall! Wichtig wird vor allem sein, gut organisiert gegen den Ball zu arbeiten und den Bayern die Spieleröffnung zu erschweren." Ähnlich wie die Dortmunder es nahezu perfekt zeigten, müssten die Räume "eng gemacht werden". Beim 1:5 gegen den BVB zum Rückrundenstart hätte, so von Heesen, der HSV versucht mitzuspielen, das sei gründlich danebengegangen: "Aus dieser Niederlage sollten die Hamburger gelernt haben."

11. Februar 1996: 2:1

Derzeit bereitet André Breitenreiter Regionalligaklub TSV Havelse in der Türkei auf die Rückrunde vor. Seine Gedanken sind aber beim Nord-Süd-Duell: "Die Erinnerung an 1996 bleibt ewig. Ein tolles Spiel, in dem wir bis kurz vor Ende nicht für unseren Aufwand belohnt wurden. Dann die 85. Minute, mein Ausgleich aus kurzer Distanz. Einige dachten: Ein Punkt wäre super, aber Ali Albertz puschte uns nach vorn: Jetzt noch mal attackieren! Das war Gänsehaut und Adrenalin pur, erst recht, als Uwe Jähnig eine Minute vor Schluss sogar den Siegtreffer erzielte."

Der Schlüssel zum Erfolg sei damals gewesen, dass der HSV die eisigen Bedingungen angenommen hätte: "Entsprechend war unsere Ausrichtung, mit langen Bällen zu operieren und um den zweiten Ball zu kämpfen. Es gab ja keine Rasenheizung, der Platz war gefroren."

Und der HSV heute? "Ich freue mich, dass die Stimmung wieder positiv ist, auch wenn es mal einen Rückschlag gibt. Die Art von Thorsten Fink gefällt mir sehr, auf mich wirkt das sehr authentisch. Ich denke, er hat eine klare Linie und Vorstellung, er versprüht die notwendige Begeisterung."

24. September 2005: 2:0

An den 2:0-Sieg in der Saison 2005/06 erinnert sich Piotr Trochowski, der Torschütze zum 2:0, noch gerne zurück: "Ich bin acht Monate zuvor von den Bayern nach Hamburg gewechselt, für mich war dieses Spiel der erste große Auftritt im HSV-Trikot." Und schenkt man Trochowskis Worten Glauben, dann stand der erste Hamburger Heimsieg gegen den FCB nach knapp zehn Jahren bereits kurz nach dem Anpfiff fest. "Thimothee Atouba tunnelte gleich zu Beginn Hasan Salihamidzic. Da wusste jeder in der Mannschaft, dass die Bayern an diesem Nachmittag schlagbar sind."

Tatsächlich dauerte es nur wenige Minuten, ehe der Niederländer Rafael van der Vaart nach Vorarbeit Trochowskis die frühe Führung erzielte (10.), Trochowski selbst sorgte mit einem Gewaltschuss von der Strafraumgrenze für die vorzeitige Entscheidung (62.). "Der Heimsieg hatte eine regelrecht aufputschende Wirkung für uns. Von den nächsten neun Partien gegen die Bayern haben wir nur noch zwei verloren. Der Mythos des unbesiegbaren Rekordmeisters war gebrochen."

Einen ähnlichen Effekt wie vor sechseinhalb Jahren wünscht Trochowski seinen alten Kollegen auch am Sonnabend. "Leider kann ich das Spiel nicht im Fernsehen sehen, da ich mich mit dem FC Sevilla im Mannschaftshotel auf unser Spiel in der Primera Division gegen Valladolid am nächsten Tag vorbereiten muss. Aber ich habe trotzdem ein gutes Gefühl. Ich tippe auf einen 1:0-Heimsieg für den HSV."

+++ Matz ab! "Wen ich von den Bayern holen würde" +++

30. Januar 2009: 1:0

Trochowskis Tipp scheint durchaus realistisch, besonders, wenn man die vergangenen beiden Heimsiege des HSV bedenkt. Vor drei Jahren schafften die Hamburger das Kunststück, innerhalb eines Kalenderjahres gleich zweimal in der Arena gegen Bayern mit 1:0 zu gewinnen, jeweils nach einem Tor von Mladen Petric. "Entscheidende Treffer gegen Bayern sind immer etwas Besonderes", sagt der Kroate, der nichts dagegen hätte, auch an diesem Sonnabend für die Entscheidung zu sorgen. Sein erster Siegtreffer gegen den Rekordmeister ist ziemlich genau drei Jahre her, als er einen durch Michael Rensing abgewehrten Jarolim-Schuss per Kopf ins Tor beförderte (44.). "Auch die Bayern haben Schwachstellen", sagt Petric, der sich mit seinen persönlichen Gegenspielern erst am Spieltag beschäftigen will. Vor drei Jahren waren es Lucio und Martin Demichelis, diesmal dürften Jerome Boateng und Holger Badstuber auf Petric treffen.

26. September 2009: 1:0

Nicht mal acht Monate nach dem 1:0 wiederholten Petric und der HSV ihr Kunststück. Diesmal traf der Torjäger, als er eine Vorlage Zé Robertos locker an Torhüter Jörg Butt vorbei ins Netz schob (72.). "Auch wenn die Ausgangslage diesmal eine andere ist, freue ich mich auf das Spiel", sagt Petric, der nur allzu gerne seinen 50. Bundesligatreffer erzielen würde. Und wenn es tatsächlich so ist, dass der HSV keine reale Chance gegen den Rekordmeister hat, dann will nicht nur Petric genau diese nutzen.