Der Dortmunder traf in der zweiten Halbzeit, nachdem Russland in der ersten Hälfte durch Dsagojevs dritten Treffer in Führung gegangen war.

Warschau. Ein Traumtor von Jakub Blaszczykowski lässt EM-Gastgeber Polen weiter auf den Viertelfinal-Einzug hoffen. Der Dortmunder Flügelspieler rettete seiner Mannschaft im brisanten Duell mit dem Erzrivalen Russland im zweiten Gruppenspiel ein 1:1 (0:1) - und dennoch steht Polen gegen Tschechien am Samstag in Breslau mit dem Rücken zur Wand. Ein Sieg: K.o.-Runde, kein Sieg: das Aus. Russland reicht schon ein Unentschieden gegen Griechenland für den Einzug in die Runde der letzten Acht.

„Kuba“ war nach dem Abpfiff entsprechend erleichtert. „Das war ein sehr wichtiges Tor für uns heute. Wir sind weiter drin und wollen den nächsten Schritt machen. Und ich weiß, dass wir das auch schaffen“, sagte der Kapitän: „Gegen Tschechien, das wird ein kleines Finale für uns.“ Mit der Unterstützung der fantastischen Fans sei „alles möglich“.

Die Polen haben ihr Schicksal nach Blaszczykowskis stürmisch umjubeltem Ausgleichstreffer (57.) selbst in der Hand. Kuba fasste sich in einer teils turbulenten zweiten Halbzeit aus 18 Metern nach Zuspiel von Lukasz Piszczek ein Herz - eine Dortmunder Co-Produktion. Alan Dsagojew (37.) hatte Russland mit seinem dritten Treffer bei der EM in Führung gebracht. Hätte sie Bestand gehabt, wäre die Sbornaja bereits durch gewesen.

Die historische Belastung des Duells hatte sich vor dem Stadion in schweren Ausschreitungen entladen. An ihrem Nationalfeiertag marschierten Tausende Fans der Russen Stunden vor dem Anpfiff entlang der Weichsel zur Arena - eine blanke Provokation, auf die viele Polen mit wüsten Beschimpfungen reagierten. Flaschen flogen, die Polizei schritt ein und wurde auch attackiert. Sie musste Tränengas und Wasserwerfer einsetzen, der Marsch wurde aufgelöst.

Im Nationalstadion setzten sich die Provokationen fort. Während die Nationalhymne vor dem Anpfiff des souveränen Schiedsrichters Wolfgang Stark (Ergolding) abgespielt wurde, rollten russische Anhänger ein riesiges Banner aus, das die halbe Fankurve bedeckte: „This is Russia“, stand da, abgebildet war ein furchterregender Krieger. Die polnischen Fans reagierten mit einem Pfeifkonzert und lautstarken „Polska“-Rufen.

Als dann schließlich Fußball gespielt wurde, war die russische Auswahl überlegen, Polens „Bialo-Czerwoni“ (die Weiß-Roten) hatten aber die besseren Chancen. Der künftige Stuttgarter Sebastian Boenisch lenkte den Ball nach einer Flanke von Ludovic Obraniak aus kurzer Distanz mit dem linken Knie Richtung Tor - Russlands Torhüter Wjatscheslaw Malafejew parierte (7.). Vier Minuten später schloss Robert Lewandowski von Borussia Dortmund aus 20 Metern ab, sein Schuss verfehlte den Winkel des russischen Tores knapp. „Das ist Fußball“, sagte der BVB-Torjäger: „Jetzt müssen wir unbedingt gewinnen. Nur das zählt.“

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Auch Stark war in einem heißblütigen Duell gefordert - und stets auf Ballhöhe. Er musste eine knifflige Situation bewerten, als Damien Perquis im eigenen Strafraum rustikal zu Werke ging; seine Entscheidung, keinen Elfmeter zu geben, war vertretbar. Definitiv korrekt war, Abseits anzuzeigen, als Eugen Polanski (FSV Mainz 05) ins russische Tor getroffen hatte (18.).

Lewandowski hatte es schwer, seine Gegenspieler waren keineswegs zimperlich. Sergej Ignaschewitsch und Alexej Beresuzki gingen sofort auf die Knochen, sie waren nicht willens, dem gefährlichsten Polen auch nur einen Quadratzentimeter Raum zu geben.

Die Polen waren da weniger achtsam: Dsagojew verlängerte eine Flanke von Andrej Arschawin mit der rechten Schulter ungehindert ins Tor. Das stachelte die Polen an, die fortan schwungvoll nach vorne spielten, dabei aber auch ihre Abwehr entblößten. Leidenschaftlich, bisweilen auch ungestüm rannte Polen auch nach dem Ausgleich an - Malafejew rettete klasse gegen Polanski (68.). Russland wirkte kontrollierter, lauerte in mitreißender Atmosphäre auf den Knockout - vergeblich. (sid/abendblatt.de)

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Vor dem Spiel: Es ist die erste echte Bewährungsprobe für die Sicherheitskräfte bei dieser Europameisterschaft. Im Abendspiel der Gruppe B treffen mit Polen und Russland zwei Teams aufeinander, deren Fanlager untereinander verhasst sind. Die angespannte Stimmung entlud sich am Nachmittag bereits in schweren Ausschreitungen, als polnische Hooligans einen Marsch gewaltbereiter russischer Fans angriffen . "Das ist eine nationalistische Manifestation", reagierten polnische Fans entsetzt und verärgert.

Der polnische Nationaltrainer Franciszek Smuda hat für das Spiel in Gruppe A in Warschau gegen Russland zwei Änderungen in seinem Team vorgenommen. Im Vergleich zur EM-Auftaktpartie gegen Griechenland (1.1) saß Maciej Rybus auf der Bank, ihn ersetzte Dariusz Dudka. Zudem musste Smuda auf den wegen einer Roten Karte aus dem Eröffnungsspiel gesperrten Torhüter Wojciech Szczesny verzichten, für ihn kam Ersatzkeeper Przemyslaw Tyton.

Russlands Trainer Dick Advocaat vertraute seiner erfolgreichen Startelf vom Spiel gegen Tschechien (4:1). Dort hatten die Russen mit schnellem und effektivem Konterfußball die zahlreichen Fehler des Gegners eiskalt ausgenutzt. Schiedsrichter der Partie ist mit Wolfgang Stark übrigens ein deutscher Vertreter.

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Die Aufstellungen

Polen: 22 Tyton – 20 Piszczek, 13 Wasilewski, 15 Perquis, 2 Boenisch – 5 Dudka (73. Mierzejewski), 7 Polanski – 16 Blaszczykowski, 11 Murawski, 10 Obraniak (90. Brozek) – 9 Lewandowski

Russland: 16 Malafejew – 2 Anjukow, 12 Beresuzki, 4 Ignaschewitsch, 5 Schirkow – 6 Schirokow, 7 Denissow, 8 Sirjanow – 17 Dsagojev (79. Izmailov), 11 Kershakov (70. Pavlyuchenko), 10 Arschawin

Schiedsrichter: Stark (Ergolding)

Tore: 0:1 Dsagojev (37.), 1:1 Blaszczykowski (57.)