In Über- und Unterzahl ist das Eishockeyteam so ineffektiv wie keine andere Mannschaft. Trainer Benoit Laporte sucht nach Auswegen.

Hamburg. Politiker finden gemeinhin Wege, um selbst die negativste Statistik positiv für sich auszulegen. Benoît Laporte wäre als Politiker ungeeignet, denn der Trainer der Hamburg Freezers versucht gar nicht erst, die erdrückenden Fakten zu beschönigen. "Wenn wir unser Powerplay nicht schleunigst verbessern, wird es sehr schwierig, das Viertelfinale zu überstehen", sagt der 51-Jährige, dessen Team am Mittwoch in Mannheim in die Play-off-Serie gegen die Adler startet.

Tatsächlich ist es angesichts der Schwäche ihrer Special Teams erstaunlich, dass die Freezers die Hauptrunde in der Deutschen Eishockey-Liga auf Rang fünf beendeten. Mit einer Überzahlausbeute von nur 13,54 Prozent (31 Tore in 229 Situationen) belegen die Hamburger ebenso den letzten Rang wie bei ihrer Unterzahleffizienz von 79,62 Prozent (43 Gegentore in 211 Situationen). Zudem fingen sie ligaweit die meisten Gegentreffer in eigener Überzahl (zehn).

Um diese Schreckensbilanzen in der wichtigsten Phase der Saison aufzuhübschen, lässt Laporte seine Spieler seit Wochen vermehrt Über- und Unterzahlsituationen trainieren, auch wenn er weiß, dass die beste Übung nicht an die Intensität eines Spiels heranreichen kann, weil sich niemand im Training so eifrig in Schüsse wirft, wie es die gegnerischen Verteidiger im Spiel tun. Die Meinung des früheren Nationaltrainers Hans Zach, dass Powerplay einzig eine Frage des Talents und deshalb nicht zu erlernen sei, teilt Laporte allerdings nur eingeschränkt.

Pfad und Richer führen die Freezers bis 2014

Der Frankokanadier hält aber die Trainingsphasen bewusst kurz, damit seine Spieler so intensiv wie möglich arbeiten. "Es ist wichtig, die Abläufe ständig zu wiederholen, damit sich Laufwege automatisieren. Wer zu viel nachdenkt, hat die Chance schon vertan", sagt der Coach. Zudem nutzt er Videostudien, um die Stärken und Schwächen der Gegner visuell zu verdeutlichen.

Dass sie Überzahl spielen können, haben seine Spieler zu Saisonbeginn bewiesen, als sie eins der besten Powerplayteams der Liga waren. "Der Unterschied war, dass in der Euphorie des guten Saisonstarts der Puck von selbst lief. Irgendwann haben die Jungs versucht, den perfekten Pass zu spielen, anstatt die Scheibe laufen zu lassen", sagt Laporte. Wurde zu Saisonbeginn kaum eine Scheibe tief gespielt, hat Laporte seinem Team angesichts der vielen Puckverluste im Aufbauspiel, die zu den zehn Unterzahlgegentoren führten, kompliziertes Aufbauspiel untersagt. "In Überzahl muss schnell und präzise gespielt werden, um den Gegner zum Laufen und damit zur Aufgabe seiner Ordnung zu zwingen", sagt er. Erst dadurch ergeben sich die Lücken, die Distanzschützen wie Christoph Schubert oder Brett Engelhardt nutzen können.

Entscheidend für ein gutes Powerplay ist der Aufbauspieler, den Laporte "Quarterback" nennt. Dieser zeichnet sich durch gutes Auge, einen harten Schuss und die Fähigkeit aus, unter Druck stets die richtige Wahl zwischen Abschluss und Abspiel zu treffen. Im Freezers-Team ist Rob Collins der wichtigste Spielmacher, auch Patrick Traverse hat beste Anlagen. Das Problem ist, dass Collins auch in Unterzahl der wichtigste Akteur ist, weil er antizipieren kann, wohin der Gegner spielt.

Spielt er zu häufig in den Special Teams, fehlen irgendwann Kraft und Konzentration. Deshalb arbeitet Laporte an Varianten mit Engelhardt, Serge Aubin oder Traverse. "Je mehr Überraschungsmomente, umso größer die Chance, den Gegner zu überrumpeln", sagt er, "allerdings darf man auch das eigene Team nicht mit zu vielen Varianten verwirren." Letztlich sei der Ausweg aus der Powerplayschwäche eine Frage der Leidensfähigkeit. "Nur wer bereit ist, alles für Tore oder das Verhindern von Gegentoren zu opfern, wird Erfolg haben", sagt Laporte.