U 18 - Story

Hamburg. Miguels und Yannicks kraftvolle und laute Schreie erfüllen die kleine Turnhalle in Eidelstedt. Zwölf Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren, darunter Yannick und Miguel, stehen im Kreis. In ihren Händen halten sie Holzstöcke, ihr Gewand ähnelt der Rüstung eines Kämpfers. Das Szenario sieht gefährlich aus. Die Kinder sind mit Leidenschaft dabei. Schließlich soll der laute Kampfschrei, Kiai genannt, den Gegner einschüchtern. Das Schreien hat aber noch einen pragmatischen Zweck: Nur wer es präzise mit einem Vorwärtsschritt und Angriffsschlag koordiniert, bekommt bei einem Wettkampf einen Treffer zuerkannt.

Was nach einer Szene aus Tom Cruises Film "Last Samurai" aussieht, spielt in einer Hamburger Turnhalle. Seit zwei Jahren gibt es eine Kendo-Kindergruppe in Eidelstedt, die einzige in der Hansestadt. Trainiert werden die Kids von Angela Neumeister, einer ehemaligen Europameisterin. "Es ist teilweise schon schwierig, die Rasselbande zu kontrollieren, aber es macht mir viel Spaß, mit den Kindern zu trainieren. Kendo soll Geist und Körper ertüchtigen und den Charakter stärken. Daher sind Disziplin und Erziehung zu einem Verhaltenskodex (Reiki) ein wichtiger Bestandteil des Trainings." Zwei Mal in der Woche haben die Kinder in Eidelstedt die Möglichkeit dazu.

"Ich habe Kendo zum ersten Mal im Fernsehen gesehen. Jetzt bin ich seit zwei Jahren schon dabei und besitze inzwischen den vierten kyu", sagt Miguel. Was ihm aber am meisten Spaß macht, gibt er ehrlich zu: "Den anderen auf die Birne hauen ist schon lustig."

Kendo ist japanisch und bedeutet "Der Weg des Schwertes". Heute ist Kendo eine in Japan weit verbreitete Sportart, die sich aus der mittelalterlichen Kampfkunst der Samurai entwickelt hat. Die Ursprünge reichen ins 15. Jahrhundert zurück. Der Kampf wird heute in einer Art Rüstung (Bogu) mit Harnisch (Do), Panzerhandschuhen (Kote) und Gesichtsschutz (Men) ausgetragen. "Die komplette Rüstung kostet um die 1000 Euro, und fast jedes Einzelteil muss aus Japan importiert werden", sagt Miguels Mutter. Miguel und Yannick wissen um ihre Wirkung, wenn sie ihre komplette Ausrüstung tragen. "Dann sehen wir richtig gefährlich aus - wie kleine Krieger."