U 18 - Porträt

Hamburg. Wer Anna-Lena Gottschling beim Turnen zusieht, kann schnell den Eindruck gewinnen, die Gesetze der Schwerkraft gälten für die elfjährige Hamburgerin nur bedingt. Wenn sie aus dem Stand einen Rückwartssalto auf dem Schwebebalken oder mit etwas Anlauf ein paar Flickflacks mit anschließender Schraube macht, scheint die kleine Kunstturnerin für einige Augenblicke in der Luft zu stehen. "Anna-Lena hat gute Voraussetzungen: Sie ist ausdrucksvoll und koordinativ sehr begabt", sagt ihr Trainer Alexander Palnau von der Hamburger Turnerschaft (HT 16) über das junge Talent.

Keine fünf Jahre war Anna-Lena alt, als sie mit dem Kunstturnen in Neugraben (HNT) begann. "Schon als Säugling war sie immer mit in der Halle", berichtet Jens-Michael Gottschling, wie in ganz jungen Jahren das Fundament für die spätere Leidenschaft seiner gelenkigen Tochter entstand. "Meine ältere Schwester turnte", erzählt Anna-Lena, "das wollte ich auch."

Nachdem sich gezeigt hatte, über welches Potenzial sie in den vier Kunstturn-Disziplinen Stufenbarren, Boden, Sprung und Schwebebalken verfügt, wechselte sie auf Grund der besseren Trainingsbedingungen ins Leistungszentrum der HT 16. Gegenüber der schier übermächtigen Konkurrenz aus Bergisch-Gladbach, Berlin oder Chemnitz seien aber auch die Bedingungen in der kleinen Halle an der Angerstraße in Borgfelde eher mäßig, erklärt Hamburgs Abonnement-Meisterin etwas enttäuscht. Gerne würde sie noch öfter üben: "Die anderen haben jeden Tag zweimal Training, wir nur elf Stunden pro Woche."

Trotzdem ist ihre Freizeit recht spärlich bemessen. "Wenn ich mal Zeit habe, treffe ich mich mit meinen Freundinnen, fahre Einrad oder gehe in die Bücherhalle." Meistens jedoch dreht sich bei der Fünftklässlerin, die Englisch und Sport als ihre Lieblingsschulfächer angibt, alles ums Kunstturnen. Schließlich will sie ja auch hoch hinaus: "Eine WM ist mein Traum", sagt sie.

Dass der Weg dahin von so manchem Rückschlag gesäumt sein wird, weiß Anna-Lena nur zu gut. Als sie Mitte November bei den deutschen Meisterschaften im nordrhein-westfälischen Neuss gleich viermal vom Balken fiel und am Ende nur einen der hinteren Plätze belegte, war die Enttäuschung groß. Dennoch: "Aufhören könnte ich nicht - dazu bin ich zu ehrgeizig", sagt Anna-Lena und lächelt. Sie wolle Profi werden. Die Schwerkraft scheint sie bei diesem Plan schon auf ihrer Seite zu haben. (abi)