Rhythmische Sportgymnastik: Der Nikolauscup feierte zehnten Geburtstag.

Hamburg. Es regnet. Es regnet Bälle und Bänder, Reifen und Keulen. Lisa schleudert den Gymnastikreifen in die Luft, lässt den gestreckten Arm nach oben zeigen und dreht sich einmal um die eigene Achse. Der rote Reifen findet nicht den Weg zurück in die wartende Hand. Knapp fliegt er vorbei und springt in die Menge. Kleines Missgeschick, doch davon lässt sich keines der gut 30 Mädchen stören, die sich zusammen auf dem 13 mal 13 Meter messenden Feld einturnen. Es geht eben eng zu bei den letzten Vorbereitungen zum Duo-Wettbewerb der rhythmischen Sportgymnastinnen beim zehnten Nikolauscup der HT Barmbek-Uhlenhorst, der größten Gymnastikveranstaltung in Norddeutschland.

"Die Duos, das bedeutet Show und Spaß, nicht Wettkampf", erklärt Sandra Wohnberger vom TH Eilbek die Übung, die eine Hamburger Eigenkreation darstellt. Vor vier Jahren ließ Veranstalterin Doris Camien die Mädchen erstmals in Zweierteams zur Kür antreten: "Das strenge Reglement ist dabei aufgehoben. Auch Kostüme und Musik können frei gewählt werden." Die Gymnastinnen, 31 Duos sind am Start, belohnen es mit Einfallsreichtum. Sandra verwandelt die Turnhalle zusammen mit ihrer Vereinskameradin Magdalena Wochnik in einen sonnenüberfluteten Strand. Rosa Röckchen und Sonnenbrille, und schon geht es los, mit Reifen und Band, zu den karibischen Klängen aus dem Werbespot für Bacardi-Rum. Selbstverständlich kommt statt des Gymnastikballs ein Wasserball mit ins federleichte Spiel, ehe die beiden 17-Jährigen ihre Vorführung unter einem Sonnenschirm beenden.

Dass die rhythmische Sportgymnastik zu wenig öffentlich beachtet wird, darin sind sich Magdalena und Sandra, die bei den diesjährigen Hamburger Meisterschaften mit Platz eins und zwei glänzten, einig. "Dabei ist Gymnastik viel abwechslungsreicher als zum Beispiel Fußball. Da rennen alle nur dem Ball hinterher", beschwert sich Sandra über mangelndes Interesse und folglich kaum Sponsoren. Sogar die Fahrten zu Meisterschaften müssen aus eigener Tasche bezahlt werden.

Immerhin berichtete das Deutsche Sportfernsehen Anfang Dezember nach fünfjähriger Pause, und damit zum ersten Mal nach dem Rücktritt von Magdalena Brzeska, wieder vom Weltcup-Finale. Tatsächlich hat die Gymnastik-Diva bezüglich Popularität und sportlicher Erfolge hierzulande eine große Lücke hinterlassen. Eine große Lücke, die viele der eifrigen kleinen Gymnastinnen in der Barmbeker Halle eines Tages gern füllen würden.

Julia Zizkina vom SV Nettelnburg-Allermöhe zum Beispiel. Die Zwölfjährige mit den dunklen Haaren wirkt auf den ersten Blick so leicht, dass man sich davor hüten möchte, in ihrer Nähe zu niesen. Ganz allein, fast verloren steht sie exakt in der Mitte des Feldes, das rote Gymnastikband eingerollt vor sich auf dem Boden, den Blick auf einen Punkt konzentriert. Doch mit den ersten Takten der Musik verwischt sich der erste Eindruck: Sie nimmt das ganze Feld ein, überfliegt mit weiten Sprüngen den Gymnastikboden und beherrscht das flatternde Band. Julia, Mitglied im Leistungskader des Deutschen Turnerbundes, gilt als das derzeit größte Talent im Hamburger Gymnastik-Sport. Trainerin Olga hat schon, mit einem Augenzwinkern, Olympia 2012 - hoffentlich in Hamburg - im Blick.

Aber auch wenn man nicht an Olympia denkt, wenn der Reifen wie bei Linda und Aileen einmal in die falsche Richtung rollt: Es gibt Applaus, und ein stolzes Strahlen erscheint. Schließlich ist nicht nur bei Olympia Dabeisein alles.