Jozef Bojko reitet den Underdog zum Derbysieg. Für Michael Owens Brown Panther blieben nur Spesen - der Favorit blieb auf der Strecke.

Hamburg. Goodbye. Auf der Zielgeraden war der hohe Favorit Brown Panther aus England geschlagen. Jockey Jozef Bojko nutzte die Gunst der Sekunden und dirigierte seinen Hengst Waldpark couragiert nach vorne. Leicht mit zwei Längen gewannen beide das Idee 142. Deutsche Derby vor dem Trainingsgefährten Earl of Tinsdal mit Eduardo Pedroza im Sattel. Geboren wurde der braune Vollblüter aus dem Besitz des Hamburger Züchters Hannes Gutschow in Rissen. Als Dritter galoppierte Saltas mit Andrasch Starke durchs Ziel.

"Waldpark hat einen Riesencharakter", sagte Jozef Bojko nach der Siegerehrung im Absattelring. "Eigentlich sind wir zu früh an der Spitze gewesen." Bescheidenheit ist eine Zier, und so überspielte er charmant eine schwierige Entscheidung im Betrieb des Trainers Andreas Wöhler in Güterloh. Dort hatte Stalljockey Eduardo Pedroza die Qual der Wahl - und entschied sich für Earl of Tinsdal. Zwar war dessen zweiter Platz aller Ehren wert, doch Lorbeerkranz und das Blaue Band des Jahrgangsbesten gebührten Waldpark.

Und als die beiden Triumphatoren, begleitet von zwei Schimmeln, zur Gratulationscour vor der Tribüne erschienen, gab es Begeisterungsrufe und viel Applaus. Bojko hüpfte immer wieder im Sattel hoch, reckte die linke Hand gen Himmel und spreizte die Finger zum Siegeszeichen. Sie kam doch noch auf, diese typische Derbyatmosphäre, von der sich die 15 500 Besucher nur allzu gerne infizieren ließen und die mittags noch im Regen zu ertrinken drohte.

Als dann die deutsche Nationalhymne über dem Horner Moor erklang, hatte dies auch symbolische Bedeutung. Weil die Jockeys der ersten vier Pferde allesamt in Deutschland arbeiten und ihre für viel Geld engagierten Kollegen aus dem Ausland düpierten. Und weil das Gestüt Ravensberg in Bielefeld zu den ältesten Zuchtstätten hierzulande zählt. Der letzte Derbysieg liegt mehr als vier Jahrzehnte zurück.

Besitzer Reinhard Delius, ein schwer kranker, hochbetagter Herr, war zu Hause geblieben, sodass sein Sohn die Preise entgegennahm. Die Siegbörse in Höhe von 300 000 Euro plus Züchter- und Besitzerprämien werden überwiesen. Zurückhaltend wie immer stand Trainer Andreas Wöhler daneben. "Dreimal ist Bremer Recht", pflegen sie in seiner Heimatstadt zu sagen. Diese Regel setzte er nach den Erfolgen 1992 mit Pik König und 1999 mit Belenus nun in die Tat um. Damals hüpfte Wöhler vor Freude in den Rennbahnsee und verlor dabei seine Brieftasche. Man wird eben vernünftiger.

Derweil die einen feierten, standen andere im Abseits. So wie Fußballstar Michael Owen, dem dieses Missgeschick bei Manchester United nur selten widerfährt. Zwar beschert ihm der fünfte Rang seines 32:10-Favoriten Brown Panther 10 000 Euro, doch deckt diese Summe noch nicht einmal die Spesen für den Transport des Hengstes mit einem Privatflugzeug. "Die Hamburger haben sich als hervorragende Gastgeber bewiesen", verteilte der Fußballer vor dem Rückflug Lob an die Gastgeber und wahrte britischen Stil.

Betroffene Mienen gab es gleichfalls bei Trainer Jens Hirschberger und Bankier Georg Baron von Ullmann. Das Gestüt Schlenderhan war mit fünf Vollblütern im Derby präsent, doch blieb Mawingos vierter Rang die beste Platzierung. Mitfavorit Arrigo wurde gar nur Letzter im Feld der 18 Starter.

Zwei Rennen später war die Derbywoche gelaufen. "Ich habe mitgefiebert", sagte Olaf Scholz nach seiner Derbypremiere als Erster Bürgermeister. "Die Tipps der Experten waren interessant, ich habe jedoch nicht selbst gewettet." Wahrscheinlich lag er damit richtig; denn die Dreierwette ohne die drei großen Favoriten Brown Panther, Arrigo und Gereon zahlte 21 079 Euro für zehn Euro Einsatz und beglückte damit besonders jene, die auf Risiko gesetzt hatten.

Apropos Geld: Das miserable Wetter ausgerechnet während der beiden entscheidenden Tage kostete Zuschauer und Umsatz. Insgesamt wurde das mit Liebe hergerichtete Hippodrom gelobt, und auch die Umbaumaßnahmen auf der Tribüne kamen gut an. Kritisiert wurden Feldfüller wie Pony- oder Trabrennen sowie die schlechte Ausschilderung auf dem Marktplatz.

Dringend müssen neue Sponsoren gewonnen werden, damit Renn-Club-Vize Albert Darboven 2012 nicht zum vierten Mal in Folge als Patron des Derbys einspringen muss. Präsident Eugen-Andreas Wahler kündigte an, noch in diesem Monat Gespräche mit Marketingagenturen zu führen, die den ehrenamtlich tätigen Vorstand in seiner Arbeit unterstützen sollen.

Abschließend fiel auf, dass mit wenigen Ausnahmen kaum hochkarätige Vollblüter aus anderen Ländern nach Horn kamen. Ein bisschen mangelte es also am internationalen Flair. Zudem droht im nächsten Jahr Ungemach: Parallel zum Derby steht die Fußball-Europameisterschaft auf dem Programm.