Der viel gepriesene Service in Amerika ist eine Medienente. Vier Bundesstaaten gesehen, überall maulige, schlecht gelaunte und vor allem desinteressierte Dienstleister. Selbst in Nobelrestaurants und Spitzenhotels.

Der Ort in Louisiana heißt Houma, Cajun Country. Bekannt für seine Sümpfe, auf dem Highway in der Sonne dösende Alligatoren und deftige Küche. Wir erreichen unser Motel um halb zehn Uhr abends. Weil wir nach einer 400-Meilen-Tour keine Lust mehr haben, ein Restaurant zu suchen, wird uns "Taco Bell" am Parkplatz empfohlen. Dort gebe es wunderbare Chicken Wings. Zwar wären uns Gumbo und andere Köstlichkeiten der Cajun-Küche lieber, aber wir sind ausgelaugt von der Fahrt, der Swamptour, der Hitze und der ruppigen Fiedel-Banjo-Akkordeon-Volksmusik an jedem Aussichtspunkt.

Der Gastraum ist eine Eishöhle. Draußen typische Südstaatenschwüle, innen eine Temperatur um null Grad. Wir sind die einzigen Gäste. Sechs Angestellte des Schnellimbisses beobachten uns, haben aber nicht die Güte, sich unserer anzunehmen. Zehn Minuten lang haben wir die Möglichkeit, die Angebotstafel gründlich zu studieren - und die Gesichter der Verkäufer: vier Frauen, zwei Männer. Fünf davon sind jung und wollen Spaß, eigentlich gefällt uns ihr Grölen und Flirten. Aber warum bedienen sie uns nicht?

Eine stämmige junge Frau fragt im breiten Amerikanisch des Südens nach unserem Begehr. Wir ordern, warten 20 Minuten lang. Ist das wirklich ein Schnellimbiss? Später erfahren wir, dass Mitarbeiter solcher Ketten, die manchmal nur fünf Dollar pro Stunde verdienen, nicht das geringste Interesse am Kunden haben. Wozu auch? Während wir am Gummiadler kauen, wird der Raum gekehrt. Ich weise auf den aufsteigenden Staub hin. Achselzucken. Das Lächeln der Angestellten springt uns zwar an, aber es ist absolute Leere darin. Nur die Kleinste und mit Abstand Älteste von allen fragt uns, woher wir kämen. "Oh, great country, Cancellor Schmidt ..." Sie lacht.

Der viel gepriesene Service in Amerika, das merken wir auf dieser Zwei-Wochen-Reise, ist eine Medienente. Vier Bundesstaaten gesehen, überall maulige, schlecht gelaunte und vor allem desinteressierte Dienstleister. Selbst in Nobelrestaurants und Spitzenhotels.

In Washington wird uns beim Auschecken eine Hotelrechnung vorgelegt, die nicht mal zur Hälfte stimmt. Sie zu korrigieren dauert 35 Minuten, drei missgelaunte Angestellte reden mit. Penibel wird jeder Posten mehrmals durchgegangen. Am Ende verlassen wir das Haus genervt, nötigen den Taxifahrer zur Geschwindigkeitsüberschreitung und erreichen das Flugzeug in letzter Minute. Ähnliches widerfährt uns in Memphis, Mississippi, New Orleans. Aber alle lächeln - durch uns hindurch.

Nach dem Rückflug ist uns nach Erholung zumute. Zwischen dem Flugzeugwechsel in Frankfurt wollen wir in die Lufthansa Lounge, übersehen aber, dass es die der First Class ist. Die Uniformierte nimmt unsere Business-Class-Tickets mit allen Anzeichen des Ekels entgegen, sagt: "Sie sind hier ohne jede Bedeutung." Kein Lächeln.