In unserer Serie treffen wir Menschen aus Stormarn auf ihrer Lieblingsbank. Heute erzählt der langjährige CDU-Stadtverordnete von Parteien, Freunden und seinen Reisen um die Welt.

Reinbek. Ein paar Jungs, alle Anfang 20, entern die Reinbeker Stadtverordnetenversammlung und machen Politik. Geschehen in den Siebzigerjahren in Reinbek. Helmut Schmitt (54) war einer von ihnen. Warum gibt es das heute nicht mehr? "Es interessiert die Leute nicht mehr. Vielleicht ist es ihnen auch zu mühselig", sagt Schmitt. "Die Parteien werben auch nicht genug um Nachwuchs."

Er habe mal ein paar junge Menschen zu einer CDU-Veranstaltung mitgebracht. "Da ist keiner der Alten auf sie zugegangen", sagt Schmitt, "ich hatte das Gefühl, die Platzhirsche wollten sich das nicht streitig machen lassen."

Helmut Schmitt war lange Zeit selbst Platzhirsch - und ist es in gewissem Sinn immer noch. Das Netz, das er in Reinbek gesponnen hat, wirkt unzerreißbar. Rechtsanwalt und Notar ist er, ehrenamtlicher Vorsitzender der Südstormarner Vereinigung für Sozialarbeit (SVS), eines Sozialkonzerns mit rund 120 Mitarbeitern, Chef von Haus und Grund in Reinbek, Mitglied in unzähligen Vereinen und Verbänden im Ort. Bei der CDU ist sein Rat immer noch gefragt.

Er hat drei Kinder und eine Frau, die ihm mal davon abgeraten hat, in Reinbek Bürgermeister werden zu wollen. Er hätte Lust gehabt, aber er hat auf sie gehört. "Zu viel Feuerwehr-Termine und so was", sagt Schmitt, bei dem man plötzlich eine gewisse Ähnlichkeit mit Ole von Beust festzustellen glaubt. Der Ole von Beust von Reinbek - das war zum Greifen nahe.

Zu seinem Netz gehören auch die Sportlerrunden und regelmäßige Treffen mit Freunden. Der donnerstägliche Tennistermin, der im Hotel Waldhaus bei seinem Freund Dieter Schunke endet, ist ihm heilig. Dasselbe gilt für die "Alten lieben Freunde", sechs Kumpel, die sich an jedem ersten Mittwoch im Monat reihum zum Essen und Plaudern treffen. Klar, dass es dann auch wieder um Politik geht. Alle sechs waren Stadtverordnete, alle sechs haben 1994 gemeinsam aufgehört. "Ich hatte keine Lust mehr, es wiederholt sich irgendwann", sagt Schmitt, der unter anderem dafür gesorgt hat, dass Reinbek ein Freizeitbad hat. "Aber in der ersten Zeit haben wir noch fleißig Leserbriefe geschrieben - unter dem Kürzel 'Alf'", sagt Schmitt. "Alf" steht für "Alte liebe Freunde". Sechs alte Freunde eben, die - nicht nur immer lieb - das Wirken der Reinbeker Rest-Politiker beobachten. Auch heute noch - nur ohne Leserbriefe.

Und dann gibt es da noch ein zweites Netz, das Schmitt ausgeworfen hat, ungleich größer als das Reinbeker. Es ist ein Weltnetz. Kaum ein Kontinent, kaum ein Land, das er nicht besucht hat. Schmitt, in Bonn geboren, im Alter von zwölf Jahren nach Reinbek gekommen, protestiert: "In Südamerika bin ich noch nie gewesen." Um sich gleich darauf zu berichtigen: "Nein, stimmt nicht, vor zwei, drei Jahren war ich in Chile. Muss ich noch mal hin. Attacama-Wüste und so - hab' ich noch nicht gesehen."

Jedes Jahr knüpft er weiter an diesem Netz. Nächstes Ziel: das Ladakh, ein heute zu Indien gehörendes ehemaliges Königreich mit einer buddhistisch-tibetischen Prägung. Zu dritt fahren sie. Ein Führer ist organisiert, mit dem Jeep geht es durch die weitgehend unberührte Hochgebirgsnatur in der Himalaja-Bergkette. Alte Kulturen faszinieren ihn. Seine langweiligste Reise: Neuseeland. Sein häufigstes Ziel: Afrika. "Wiege der Menschheit", sagt Schmitt in seiner knappen und schnellen Art. "Da haben Sie auch mit der Zeitumstellung keine Probleme", sagt er. "Abends ins Flugzeug. Nächsten Morgen sind Sie da. Ausgeruht. Das Schlafen im Flugzeug ist ja bei meiner Länge kein Problem." Schmitt, der nicht zu den Größten zählt, schmunzelt.

Sechs Wochen Urlaub macht er im Jahr, aufgeteilt in Zwei-Wochen-Portionen, manchmal auch in noch kleinere. "Sechs Wochen am Stück weg zu sein, das schaffe ich nicht, dazu bin ich zu neugierig. Da will ich schon wissen, was hier so passiert."

Dann geht es wieder los mit Mittwochstreffen und Donnerstagsrunden, mit Netzverstärkungen und Netzerweiterungen. Wenn er hin und wieder sagt, er wolle kürzertreten, dann hat man nicht das Gefühl, dass er damit seine Freunde, seine Vereine und seine SVS meint. Auch nicht die Politik. "Jetzt bin ich so lange raus, jetzt könnte es schon fast wieder Spaß machen", sagt er.

Doch auf seine Reisen, darauf wird er ganz bestimmt nicht verzichten. "Wenn ich noch mal was anderes machen könnte, würde ich Reiseleiter werden", sagt Schmitt. "Ich organisiere und darf kostenlos mitfahren - das wäre doch schön."