Schwitzen, trinken, fasten - wenn die Nase tropft, der Hals schmerzt und das Fieber steigt, sind natürliche Methoden dem Großangriff mit der Pille oft weit überlegen.

Susanne hats pünktlich zum Frühlingsbeginn erwischt: Halsschmerzen, Schnupfen, Gliederschmerzen und das niederschmetternde Gefühl minderer Leistungsfähigkeit. Das alles sind klare Signale des grippalen Infekts, den sich der durchschnittliche erwachsene Mitteleuropäer etwa einmal pro Jahr einfängt. Bei Kindergartenkindern sind auch fünf bis zehn Erkältungen im Jahr keine Seltenheit. Bei diesem Virusinfekt sind die Atemwege im Nasen- und Rachenraum betroffen. Trotzdem besteht ein großer Unterschied zur heimtückischen Influenza, der echten Grippe, die Susannes Arbeitskollegin Karin zu Hause ins Bett zwingt und einen heftigeren Tribut verlangt. Deren Erkennungszeichen sind ein rascher Krankheitsbeginn, manchmal schon binnen zwei Stunden, hohes Fieber und ein heftiges Schwächegefühl. Während der grippale Infekt in der Regel nach einer Woche überstanden ist, kann die Influenza den Menschen über Wochen aus dem Verkehr ziehen. Aber selbst bei den verhältnismäßig harmlosen grippalen Infekten werden heute reflexartig Apotheken angesteuert, um an Schutz- und Genesungspräparaten zu kaufen, was der Markt so hergibt. Kipp viel rein und sei rasch gesund, so die trügerische Hoffnung. "Wer sofort mit Aspirin oder Paracetamol schießt, bleibt manchmal sogar länger krank", meint Herbert von Laer (45), Facharzt für Allgemeinmedizin in Hamburg-Lokstedt. Denn diese Medikamente senken das Fieber, das die Abwehr des Körpers unterstützt. Dabei gibt es eine Reihe einfacher Maßnahmen, um Linderung zu schaffen. Ziel sollte es sein, das Unwohlsein mit natürlichen Mitteln zügig im Keim zu ersticken. Dr. von Laer, ein Profi auf diesem Gebiet, erklärt: "Die deutsche Sprache weist bei der Diagnose ,Erkältung' ja ganz präzise auf die Ursachen hin." Eine Unterkühlung des Körpers, oft schon durch kalte Füße ausgelöst, mit direkter Störung des Wärmeorganismus führt zu eisiger Reaktion: Kältegefühl, Zittern, Frösteln. In dieser Jahreszeit, wo der Frühling immer wieder wintrige Rückfälle hat, wird das in vielen Fällen hervorgerufen durch leichte Kleidung oder kalte Füße, durch leichte Socken oder "cooles" Schuhwerk. Als Antwort müssen wir dem Körper helfen, Wärme aufzubauen. Warme Kleidung oder sorgfältiges Zudecken im Bett reichen nicht, da sie die ungenügende Wärme lediglich konservieren. Die Wärme muss zugeführt und in der Eigenproduktion gesteigert werden. Da helfen warme Getränke wie Tee, Hühner- und Gemüsebrühe, 50 Grad warme Badetücher aus dem Backofen oder ein Vollbad mit heißem Wasser. Wer nur eine leicht erhöhte Temperatur spürt, so etwa bis 38,5 Grad, sollte sich darüber freuen und sie nicht auf Anhieb partout senken wollen. Denn letztlich ist diese ein Zeichen für ein funktionierendes Immunsystem. Deshalb gilt meist auch: Schwitzen ist Trumpf! Wirksam zu erreichen ist das zum Beispiel mit Lindenblüten- oder Holunderblütentee. Aber auch andere Hausmittel, manche über Generationen erfolgreich praktiziert, und nur bei uns in Vergessenheit geraten, können wirksam sein. So wird bei Temperaturen über 39 Grad, bei Gliederschmerzen und Unwohlsein eine Abkühlung durch kalte Ganzkörperwaschungen oder durch Wadenwickel empfohlen. Voraussetzungen für eine hilfreiche Prozedur indes sind wirklich heiße Waden. Denn kühle Wickel bei kalten Extremitäten schaden nur. Vor allem aber gilt im Krankheitsfall: trinken, trinken, trinken. Zwei bis drei Liter täglich sollten es schon sein. Während Milch eher verschleimt und nicht empfehlenswert ist, sollte der Kranke zu rotem Tee, Apfelsaftschorle oder Mineralwasser greifen. Essen dagegen ist weniger wichtig. "Fasten am ersten Krankheitstag entlastet den Verdauungstrakt", empfiehlt der Allgemeinmediziner und Naturheilkundler. "Somit kann sich der Körper ganz auf die Krankheitsbekämpfung konzentrieren." Ein weiteres Hausmittel: regelmäßiges Stoßlüften in der Wohnung (Fenster auf - kurz, aber heftig!) sowie Ruhe und Reizabschirmung. Das Aus gilt zum Beispiel für den Fernseher oder permanente Hintergrundmusik . . . Leider jedoch ist es selten nur mit einer milden Malaise und dezenten Temperatursteigerung getan; oft beeinträchtigen zusätzliche Symptome das Wohlsein erheblich. Aber auch bei ihnen gibt es Abhilfe und Erleichterung, die natürlich sind (siehe rechts). Als Fazit rät Herbert von Laer: "Der akute virale, unkomplizierte Infekt der Luftwege braucht Zeit, Ruhe, Flüssigkeit und Naturmittel, aber kein Antibiotikum." Übrigens sind Antibiotika vielleicht nicht die einzigen Mittel, die bei Erkältung fehl am Platze sind: Bis heute, so von Laer, konnte die Wissenschaft den Nutzen einer Vitamin-C-Einnahme bei grippalem Infekt nicht nachweisen. Schwitzen, trinken, fasten - wenn die Nase tropft, der Hals schmerzt und das Fieber steigt, sind natürliche Methoden dem Großangriff mit der Pille oft weit überlegen.