Berlin. Die Gasheizung ab 2024 “H2-ready“ machen und auf Wasserstoff umrüsten. Ein Brancheninsider spricht über die Trends in der Zukunft.

Weg von fossilen Energiequellen und stattdessen auf klimafreundliche Alternativen wie die Wärmepumpe setzen – im Grundsatz ist sich die Ampel-Koalition einig. Nur das Wie spaltet die Parteien – allen voran die Grünen und die FDP. Die Partei um Klimaschutz- und Wirtschaftsminister Robert Habeck setzt sich in der Energie- und Wärmewende für eine rasche Lösung aus. Die Liberalen kritisierten hier die aus ihrer Sicht zu starke Festsetzung auf die Wärmepumpe und pochen auf Technologieoffenheit.

Gasheizung ab 2024: Umrüsten auf Wasserstoff – Was technisch schon heute möglich ist

In gleich mehreren Punkten konnte sich die Partei von Finanzminister Christian Lindner gegen ihre Koalitionspartner behaupten. Ab 2024 sollen neben der Wärmepumpe auch Pellet- und Gasheizungen neu eingebaut werden dürfen – es gelten aber Voraussetzungen: Neu eingebaute Gasheizungen müssen auf die Nutzung von Wasserstoff umrüstbar sein oder alternativ zu mindestens 65 Prozent über Biomasse wie Biomethan betrieben werden können. Eine Studie zur H2-ready-Option für Gasheizungen macht Hoffnung für Millionen Hausbesitzer.

Die im deutschen Gasnetz verbauten Stahlrohrleitungen sind für den Transport von Wasserstoff geeignet. Das hat eine Studie des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs (DVGW) ergeben. Lediglich einzelne Einbauteile müssten ertüchtigt oder ausgetauscht werden. Zudem müssten für Wasserstoff und Erdgas getrennte Leitungen zur Verfügung stehen. "Eine Beimischung von 20 Prozent Wasserstoff wäre schon heute grundsätzlich möglich", erklärt Frederic Leers vom Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH).

Faktencheck zur H2-Gasheizung

FaktorDefinition
BrennstoffquelleWasserstoff (H2)
EmissionenKeine schädlichen Emissionen wie CO2 – Restprodukt ist Wasser
AnpassungMöglicherweise Anpassungen an Brenner und Wärmetauscher der Gasheizung erforderlich
InfrastrukturVergleichbar mit der klassischen Gasheizung
NachhaltigkeitEffiziente und nachhaltige Alternative – primär bei der Nutzung von grünem Wasserstoff
VerfügbarkeitBegrenzte Verfügbarkeit von Wasserstoff – Infrastruktur muss weiter ausgebaut werden
NachteileLagerung von Wasserstoff – auch Sicherheit und Kosten für die Umstellung

Gasheizung komplett auf Wasserstoff umrüsten – erste serienreife Geräte schon im Test

Perspektivisch sei die Adaption auf einen Betrieb mit reinem Wasserstoff machbar. Leers: "Jetzt ist die Politik gefordert, einen entsprechenden Rahmen zu erarbeiten – damit der Wasserstoff-Hochlauf gelingt." Interessant könnte die Nutzung von Wasserstoff auch für Hausbesitzer mit bestehenden Gasheizungen werden. "Heutige Bestandsgeräte können eine H2-Beimischung von 10 Prozent problemlos bewältigen." Alle seit 2020 verkauften Brennwertgeräte würden in Deutschland sogar bis zu 20 Prozent Wasserstoffanteil vertragen.

Mit Blick in die Zukunft spricht Leers gegenüber unserer Redaktion auch von der Nutzung von bis zu 100 Prozent Wasserstoff. Hierfür müssten selbst Neugeräte umgerüstet werden – der BDH spricht jedoch von einem "überschaubar finanziellen und zeitlichen Aufwand". Derzeit würden entsprechende Geräte die notwendigen Genehmigungs- und Zertifizierungsverfahren durchlaufen. Die beiden Hersteller Viessmann und Vaillant haben nach eigenen Angaben serienreife Geräte – aktuell werden sie Langzeittests unterzogen.

Gasheizung umrüsten: Brancheninsider vermutet – H2-ready für "wenige hundert Euro"

Wolfgang Rogatty von der Firma Viessmann zeigt sich zuversichtlich: "Diese H-ready-Brennwertgeräte lassen sich mit wenigen Handgriffen vom Betrieb mit Erdgas oder Erdgas/Wasserstoff-Gemischen auf den Betrieb mit 100 Prozent Wasserstoff umstellen." Leers vom BDH sieht in der Zukunft verstärkt auch "Umrüstkits": Diese von den Geräteherstellern bereitgestellten Sets sollen die Umrüstung von Gasheizungen auf den Wasserstoffbetrieb ermöglichen.

Leers: "Die Kosten für die Umrüstung belaufen sich auf wenige hundert Euro." Damit könnte die Gasheizung im Wasserstoffbetrieb eine kostengünstige Alternative zur Wärmepumpe sein – allem voran in Bestandsbauten. Doch so hoffnungsvoll sich diese Lösung auch anhört – bei H2-ready-Gasheizungen stehen Verbraucher vor einer großen Hürde. Denn auf den Ausbau des Gasnetzes und die Wasserstoffproduktion haben Hausbesitzer nur bedingt Einfluss. Viel wird von den politischen Weichenstellungen abhängig sein.

Übersicht Gasheizung: Diese Arten gibt es

HeizungDefinitionVorteileNachteile
Standard-GasheizungNutzt Erdgas zur Erzeugung von Wärme. Sie besteht aus einem Brenner und einem Wärmetauscher sowie einem Schornstein.Günstig in der Anschaffung und im Betrieb / hoher Wirkungsgrad / gute Verfügbarkeit von ErdgasAusstoß von CO2 / hohe CO2-Bepreisung / soll ab 2024 verboten werden / kann von der Austauschpflicht betroffen sein
Gas-BrennwertheizungBrennwertgeräte nutzen nicht nur die Wärme – die beim Verbrennen von Gas entsteht – sondern auch den dabei erzeugten Wasserdampf. Dies führt zu einer effizienteren Wärmeerzeugung.Sehr hoher Wirkungsgrad / geringerer Gasverbrauch im Vergleich zu Standard-Gasheizungen / Energieeinsparung / niedrigerer CO2-PreisHöherer Anschaffungspreis im Vergleich zu Standard-Gasheizungen – benötigt einen Abgasweg
GaskombithermeGaskombithermen erzeugen neben Raumwärme auch Warmwasser. Sie sind somit eine Kombination aus Heizung und Warmwasserbereiter.Platzsparend – es wird keine separate Warmwasserbereitung benötigt.Höherer Anschaffungspreis – benötigt einen Abgasweg
Gas-HybridheizungEine Gas-Hybridheizung kombiniert eine Gasheizung mit erneuerbaren Energien – etwa einer Solarthermieanlage oder einer Wärmepumpe.Nutzt erneuerbare Energien / sehr hoher Wirkungsgrad / kann CO2-Emissionen reduzieren / Förderung vom Staat für erneuerbaren AnteilHoher Anschaffungspreis / Planung und Installation können komplex sein / zwei Heizsysteme benötigen mehr Platz
H2-ready-GasheizungH2-ready Gasheizungen sind auf den Einsatz von Wasserstoff als Brennstoff vorbereitet. Bei Verfügbarkeit kann Erdgas durch Wasserstoff ersetzt oder gemischt werden.Kann erneuerbare Energie nutzen (grüner Wasserstoff) / kein CO2-Ausstoß bei Verbrennung von Wasserstoff / zukunftssichere InvestitionDerzeit begrenzte Verfügbarkeit von und Infrastruktur für grünen Wasserstoff / hoher Anschaffungspreis / Zustand der Gasnetze

H2-Gasheizung als Alternative zur Wärmepumpe: Diese Voraussetzung muss erfüllt sein

Das betrifft auch die Produktion von Wasserstoff. Denn nur grüner Wasserstoff – der per Elektrolyse aus Wasser produziert wird – macht die Wasserstoffheizung klimaneutral. Einige Forscher sehen die Versorgungslage kritisch. Die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff werde "kurzfristig knapp und langfristig unsicher" bleiben, urteilt etwa das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Zuversichtlicher zeigt sich der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfachs (DVGW). Schon ab 2030 könne der Bedarf an grünem Wasserstoff gedeckt werden.

Videografik: Grüner Wasserstoff - Energiequelle der Zukunft

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    DVGW-Vorstandschef Gerald Linke sieht die Bundesregierung am Zug: "Mit politischem Willen und den notwendigen Weichenstellungen können über die deutschen Verteilnetze ausreichende Mengen für alle Sektoren zur Verfügung stehen – für die Industrie und auch für die über 20 Millionen Haushalte, die heute mit Gas heizen." Doch was bedeutet die gesamte Entwicklung für die Verbraucher? Fest steht: Im Zuge der Debatte um die zwei Themen Wärmewende und Heizung kann noch viel passieren.

    Die Grafik zeigt, wie aus Wasser und Strom grüner Wasserstoff gewonnen werden kann. Klimaneutraler Wasserstoff gilt als Voraussetzung für H2-Heizungen in der Energie- und Wärmewende.
    Die Grafik zeigt, wie aus Wasser und Strom grüner Wasserstoff gewonnen werden kann. Klimaneutraler Wasserstoff gilt als Voraussetzung für H2-Heizungen in der Energie- und Wärmewende. © dpa-infografik

    Heizung ab 2024: Heizungsgesetz bieten mehrere Optionen – unser Tipp für Verbraucher

    Noch ist das Heizungsgesetz nicht beschlossen. Am Donnerstag (15. Juni) hatte erstmals eine Lesung im Bundestag stattgefunden. Jetzt geht der Entwurf in die einzelnen Fachausschüsse. Dort können noch einmal Änderungen am Gesetz vorgenommen werden – erst im letzten Schritt kommt es im Bundestag zur Abstimmung. Daher sollten Hausbesitzer, die ihre Heizung in den kommenden Jahren erneuern müssen, erst einmal abwarten. Zumal die von der Bundesregierung festgehaltene kommunale Wärmeplanung noch aussteht.

    FAQ zum neuen Heizungsgesetz

    1. Was sind die grundlegenden Änderungen?

    Neue Heizungen sollen künftig zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden – daran ändert sich nichts. Allerdings wurde der Zeitplan deutlich entschärft und neben der Wärmepumpe sind andere Heizungstechniken gleichberechtigt. etwa Biomasse-Heizungen. Neu im Gesetz ist auch die kommunale Wärmeplanung – mehr dazu in Punkt fünf.

    2. Ab wann soll das Heizungsgesetz gelten?

    Das Gesetz soll zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Es wird jedoch eine Übergangsphase geben – in dieser soll eine kommunale Wärmeplanung erstellt werden. Erst im Anschluss sollen die Vorgaben im neuen Heizungsgesetz greifen.

    3. Welche Systeme erfüllen die 65-Prozent-Vorgabe?

    Neu ist: Heizungen, die mit Holz und Pellets betrieben werden, erfüllen die 65-Prozent-Vorgabe ausnahmslos. Auch Gasheizungen, die zu 65 Prozent mit Biomasse oder Wasserstoff betrieben werden, sollen unter bestimmten Umständen weiter eingebaut werden dürfen. Rein regenerative Alternativen wie die Wärmepumpe erfüllen die 65 Prozent ohnehin.

    4. Ist eine Gasheizung nach 2024 noch zulässig?

    Ab Januar 2024 sollen Gasheizungen eingebaut werden können – die Voraussetzung: Die neue Heizung muss auf Wasserstoff umrüstbar sein oder über Biogas betrieben werden können. Diese Regelung greift auch für Neubauten außerhalb von Neubaugebieten.

    Die Zukunft für viele Gasheizungen in Deutschland könnte Wasserstoff sein. Doch noch ist die Technik nicht ganz ausgereift.
    Die Zukunft für viele Gasheizungen in Deutschland könnte Wasserstoff sein. Doch noch ist die Technik nicht ganz ausgereift. © dpa/Archiv/Collage: FUNKE

    5. Wie wirkt sich die kommunale Wärmeplanung auf das Gesetz aus?

    Die kommunale Wärmeplanung soll vorliegen, bevor Hauseigentümer aufgrund des Gesetzes zum Heizungsaustausch verpflichtet werden. Das bedeutet, dass in Gebieten, in denen keine kommunale Wärmeplanung vorliegt, die Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) noch nicht gelten.

    6. Was ist die kommunale Wärmeplanung?

    Die kommunale Wärmeplanung ist letztlich ein strategischer Prozess. Gemeinden und Städte sollen ihre Wärmeversorgung planen und steuern – um ihre Energieeffizienz zu verbessern, den Einsatz erneuerbarer Energien zu erhöhen und CO2-Emissionen zu reduzieren. Dieser Prozess beinhaltet die Erstellung eines Wärmeatlasses, die Analyse der bestehenden Infrastruktur und die Bewertung von Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz und Nutzung erneuerbarer Energien.

    Die Wärmeplanung berücksichtigt sowohl technische als auch wirtschaftliche Aspekte und beinhaltet die Beteiligung der Öffentlichkeit, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse und Bedenken der Gemeindemitglieder berücksichtigt werden. Insgesamt dient die kommunale Wärmeplanung dazu, die komplette Wärmeversorgung nachhaltiger, effizienter und kosteneffektiver zu gestalten und die Ziele des Klimaschutzes zu unterstützen.

    7. Wie wird die Umrüstung auf erneuerbare Heizungen bei Bestandsgebäuden geregelt?

    Besitzerinnen und Besitzer von Bestandsgebäuden werden zur Umrüstung auf erneuerbare Heizungen verpflichtet, sobald die kommunale Wärmeplanung vorliegt. Dies könnte in einigen Regionen erst ab 2028 der Fall sein.

    8. Was ist das geplante "Heiz-Kataster" im neuen Gesetz?

    Das geplante Heiz-Kataster verpflichtet Kommunen, den Energieverbrauch der Gebäude in einer Region genau zu erfassen. Dies soll mehr Planungssicherheit bei der Wärmewende bieten.

    9. Wie wirkt sich das neue Heizungsgesetz auf die Austauschpflicht aus?

    Das neue Heizungsgesetz hat keinen erheblichen Einfluss auf die Austauschpflicht von bestehenden Heizungssystemen – die bisherigen Vorgaben für den Heizungstausch haben weiter Bestand. Aufgrund der Neuerungen im Heizungsgesetz haben Betroffene aber mehr Alternativen zur klassischen Gas- oder Ölheizung. Neben Wärmepumpe und Co. sollen zusätzlich unter bestimmten Bedingungen weiterhin Gasheizungen zulässig sein, die mit Biomasse oder H2-Wasserstoff betrieben werden können.

    Dennoch hängt die spezifische Auswirkung des neuen Gesetzes auf die Austauschpflicht von der jeweiligen kommunalen Wärmeplanung ab – bis diese vorliegt, sind die Bestimmungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) für den Austausch von Heizungen nicht anwendbar. Daher kann es sein, dass in einigen Regionen die konkreten Auswirkungen des neuen Heizungsgesetzes auf die Austauschpflicht erst in einigen Jahren vollständig spürbar sein werden.

    10. Welche Förderungen soll es für den Wechsel zu erneuerbaren Heizungen geben?

    Die bestehenden Förderungen für neue Heizungen (2023) sollen weiter optimiert werden, um unterschiedliche soziale Härten zu adressieren und breitere Teile der Gesellschaft zu erreichen. Im Förderkonzept ab 2024 sind daher Klimaboni vorgesehen, die auf verschiedene Verbrauchergruppen abzielen.