Berlin. Die Strompreise sind im Tiefflug. Lohnt sich jetzt ein Anbieterwechsel? Experten haben dazu eine klare Meinung – und geben Tipps.

Das Jahr 2022 war für die Menschen von einem Auf und Ab der Energiepreise geprägt. Im März hatten die Verbraucher das primär bei der Entwicklung der Heizölpreise in Deutschland zu spüren bekommen. Nach Informationen von "esyoil" knackte der Preis für einen Liter Heizöl am 9. März die 2-Euro-Marke – für einen Liter mussten Heizölkunden stolze 2,09 Euro bezahlen. Seit Ende 2022 ist diese Hochphase der Energie- und Preiskrise überstanden. Die Heizölpreise sind seit Januar im Tiefflug – und theoretisch kosten auch Gas und Strom weniger.

Strompreise sinken: Anbieterwechsel kann sich lohnen – so viel können Verbraucher sparen

Das Problem im Unterschied zum Heizöl: Für Gas und Strom gelten feste Verträge. Kurzfristige Schwankungen am Energiemarkt haben auf die Strom- und Gaskunden deshalb meist keine direkten Auswirkungen. Das ist gerade in der aktuellen Situation ärgerlich. Denn auch am 13. Februar liegen die Strompreise in Ökostrom- und Alternativtarifen deutlich unter denen der Grundversorger in Deutschland – umso interessanter wird für viele Verbraucher jetzt der Wechsel zu einem anderen Anbieter. Aber wie sinnvoll ist das?

Fest steht: In Ökostrom- und günstigeren Alternativtarifen können Stromkunden aktuell zwischen 200 und 300 Euro an Stromkosten pro Jahr sparen. Das berichtet die "WirtschaftsWoche" und beruft sich auf Zahlen vom Vergleichsportal "CHECK24". 5.000 Kilowattstunden kosten bei Neukundenverträgen derzeit durchschnittlich 1.917 Euro – das seien rund 200 Euro weniger als der Durchschnittspreis der Grundversorgung. Auch das Vergleichsportal "StromAuskunft" meldet am 13. Februar einen Strompreis in dieser Spanne:

StromtarifStrompreisStromkosten pro Jahr
Lokaler Versorger48,55 Cent pro kWh1.699,33 EUR
Günstigster Ökostromtarif38,32 Cent pro kWh1.341,25 EUR
Günstigster Alternativtarif37,30 Cent pro kWh1.305,65 EUR

Sinkende Strompreise machen Wechsel attraktiv: Darauf sollten Verbraucher jedoch achten

Weg aus der Grundversorgung und zurück in einen günstigeren Stromtarif – etwa zu einem Alternativanbieter. Der Schritt erscheint logisch – jedoch sollten Verbraucher hier ein paar Dinge beachten. Denn Anbieter mit aktuell günstigen Angeboten kaufen ihren Strom meist kurzfristig über den Spotmarkt ein. Der Nachteil: Bei erneut steigenden Strompreisen müssen diese Anbieter ihre Preise schneller als die Grundversorger wieder anpassen. Christoph Maurer – der Geschäftsführer der Energieberatung "Consentec" – warnt gegenüber der "WirtschaftsWoche".

Die Kombination aus Spontanmarkt-Anbietern und langfristigen Verträgen kann für die Stromkunden unangenehme Folgen haben. "Steigen die Preise am Spotmarkt, drohen diese Anbieter illiquide zu werden." Im Extremfall könnte Billiganbietern die Insolvenz drohen. Die Folgen für die betroffenen Stromkunden wären dann dramatisch: Sie müssten – ähnlich wie in der Energiekrise – in einen deutlich teureren Stromtarif wechseln. Sie wären dann die großen Verlierer und würden am Ende mehr pro Kilowattstunde (kWh) Strom zahlen.

Strompreise sinken: Mehrere hundert Euro pro Jahr sparen – Energieexperten geben Tipps

Maurers Tipp an wechselfreudige Verbraucher: Insolvenzgefährdete Strom- und Gasanbieter erkennen – doch das gestaltet sich in der Praxis schwierig. In der Regel bekommt man auf Vergleichsportalen wie "CHECK24" und "Verivox" neben den Gas- oder Strompreisen kaum Informationen über den finanziellen Stand eines Energieversorgers. Als "Faustregel" könne man sich laut Maurer jedoch merken: Generell sind reine Stromhandelsgesellschaften gefährdeter als Unternehmen. Hinter diesen Unternehmen würden oft Stadtwerke oder große Energiekonzerne stehen.

Ungeachtet solcher Risikofaktoren bei der Entwicklung der Strompreise in Deutschland kann sich ein Anbieterwechsel aktuell lohnen – das sagt zumindest Energieexperte Hans Weinreuter von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Er beobachte schon seit einigen Wochen zum Teil enorme Preisspannen bei den Grundversorgern in Rheinland-Pfalz, sagte der Experte im Januar Berichten des "Südwestrundfunks" (SWR) zufolge zur aktuellen Entwicklung der Gas- und Strompreise. Auch aus seiner Sicht seien bei einem Anbieterwechsel mehrere hunderte Euro Ersparnis pro Jahr möglich.

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Stromanbieter wechseln und pro Jahr viel Geld sparen – Preisbremse dabei nicht vergessen

Genau wie Maurer hat auch Weinreuter für interessierte Verbraucher einen Tipp parat: Die Gas- und Strompreise vergleichen und primär auch die Gas- und Strompreisbremse einkalkulieren. Für Verbraucher greift die Gas- und Strompreisbremse ab März und soll die Energiepreise um bis zu 80 Prozent deckeln. Doch die wenigsten wissen: Auch für Anbieter greift die Entlastung. Genau hier sei für Verbraucher einiges zu holen – bei Anbietervergleichen sollte man das im Hinterkopf haben und auch in Vertragsverhandlungen mit potenziellen neuen Anbietern.

Die Frage zu den Strompreisen – ob sich ein Anbieterwechsel aktuell lohnt – lässt sich im Hinblick auf die Einschätzungen der Experten mit ja beantworten. Auch Daniel Puschmann – Geschäftsführer von "Verivox" – bescheinigt den deutschen Stromkunden im Gespräch mit der "BILD" einen "guten Zeitpunkt" für einen Anbieterwechsel. Sein Tipp: "Wer flexibel bleiben möchte, kann einen Tarif mit einer Laufzeit von ein bis drei Monaten abschließen." Zudem sollten Sie immer auf das Kleingedruckte in den Verträgen achten.

Strompreise machen Wechsel attraktiv: Expertin warnt vor fieser Masche mit Günstig-Preisen

Manche Anbieter locken die Verbraucher mit günstigen Strompreisen für wenige Monate – danach wird es oftmals deutlich teurer. Jurist Leonora Holling – Geschäftsführerin im Bund der Energieverbraucher – gegenüber "BILD": "Die Preise ohne Umlagen und staatliche Auflagen sollten für den Vertragszeitraum garantiert sein." Nichts ist zudem günstiger als kostenfreier Strom – Stichwort: Solaranlage. Dabei muss es nicht immer die teure PV-Anlage sein. Auch kleine Mini-Solaranlagen – auch Balkonkraftwerke genannt – können beim Energiesparen helfen.

Von vielen Kommunen gibt es für Balkonkraftwerke sogar eine Förderung – mehrere hundert Euro sind je Anlage möglich. Verstärkt finden sich in Online-Shops auch Mini-Windräder – kleine Mini-Kraftwerke für den Balkon oder Garten. Interessant ist für Verbraucher auch die Kombination solcher Anlagen. Der Begriff "autark" – sich ganz oder teilweise autonom vom öffentlichen Stromnetz zu machen – gewinnt dabei immer mehr an Bedeutung. Dazu kommt: Über die Jahre amortisieren sich die Anschaffungskosten – daher lohnt sich die Investition in nahezu allen Fällen.