Kommentar

Zwischen Berlin und New York liegt der Atlantik, zwischen Berlin und Bali drängt sich der Indische Ozean, die Sahara erstreckt sich Richtung Mombasa, der Balkan erhebt sich Richtung Istanbul - islamistischer Terror war bisher weit weg. Doch seit den Anschlägen von Madrid ist er, wie es aussieht, ganz nah. Nicht mal mehr nur vor der sprichwörtlichen Haustür, sondern mittendrin in der europäischen Wohnung breiten sich Angst und Schrecken vor unberechenbaren Angreifern aus.

Seit den Anschlägen vom 11. September in den USA meinten sich auch die europäischen Länder für diesen Fall gewappnet zu haben und sind nun doch auf die schlimmste Weise davon überrascht worden. Antiterrorgesetze, landesübergreifender Informationsaustausch, Verhaftungen, Verurteilungen und Abschiebungen islamistischer Terroristen haben die Bomben von Madrid nicht verhindern können.

Das ist Furcht erregend, und es muss - das Gefühl der Ohnmacht bekämpfend - natürlich dazu führen, alle Maßnahmen und Sicherheitsstrukturen neu zu überdenken. Bisher stehen die wirksamen Antworten noch aus.

Westliche Demokratien, deren Strukturen auf freier Entfaltung und Eigenständigkeit beruhen, tun sich naturgemäß schwer mit polizeilicher Kontrolle und lückenloser Überwachung, selbst wenn sie letztlich zum eigenen Schutz dienten. Wer dem nicht Rechnung trägt, würde den Terroristen in die Hände spielen.

Das heißt nicht, dass man nicht immer wieder über verbesserte Vernetzung, Strukturen und Gesetze nachdenken sollte. Völlig überhastet aber ist es, deswegen in diesen Situationen immer wieder gleich an dem gesamten Gerüst der deutschen Sicherheitspolitik zu rütteln - etwa gleich die bewährte Trennung von Polizei und Bundeswehr aufzuheben.

Niemals darf man das Vertrauen in die Werte der eigenen Demokratie verlieren.