Kontrollen an deutschen Bahnhöfen . Schily will EU-Krisenkonferenz Madrid: Neue Hinweise auf Islamisten

Berlin/Madrid. Europa will sich gegen Anschläge von Al Kaida zur Wehr setzen. Nachdem sich gestern die Hinweise erhärteten, wonach das Terror-Netzwerk hinter dem Anschlag von Madrid steht, wurden in zahlreichen europäischen Staaten die Sicherheitsmaßnahmen drastisch verstärkt. So auch in Deutschland. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) sprach von einer "neuen Qualität" des Terrors und drängte auf eine Sonderkonferenz der EU-Innenminister bereits in den nächsten Tagen.

Nachdem ein "Militärsprecher der Al Kaida für Europa" am Wochenende in einem Video die Verantwortung für den blutigen Anschlag von Madrid übernommen hatte, bei dem 200 Menschen den Tod fanden und rund 1500 verletzt wurden, hat die spanische Polizei weitere Indizien für eine Urheberschaft des Terrornetzwerks gefunden. Fünf Männer aus Marokko und Indien wurden als erste Verdächtige festgenommen. Einer der Marokkaner stand schon früher unter Terrorverdacht. Al Kaida droht in dem Video mit weiteren Anschlägen, vor allem gegen die europäischen Länder, die den Kurs der USA im Irak-Krieg unterstützt hätten.

Noch sei nicht ganz geklärt, dass Al Kaida und nicht die baskische Untergrundorganisation ETA hinter dem Anschlag stehe, sagte Schily gestern nach einer kurzfristig einberufenen Sitzung des Sicherheitskabinetts in Berlin. Doch die Beteiligung sei "sehr ernsthaft zu erwägen". Wenn sie sich bestätigen sollte, "bedeutet das eine neue Qualität des islamistischen Terrorismus in Europa".

Schily hatte sich in einer Telefonkonferenz mit seinen Innenminister-Kollegen der Länder abgestimmt, und auch die höheren Polizeiführer der einzelnen Bundesländer tauschten sich am Wochenende intensiv aus. Das Ergebnis: verstärkte Überwachungen und Kontrollen an Flughäfen und auf Bahnhöfen. Auch die Kontrollen an den EU-Außengrenzen wurden verstärkt.

Nach Auffassung des Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, ist der islamistische Terrorismus schon unter uns. "Die Terroristen leben hier. Es wird etwas passieren", sagte er dem Hamburger Abendblatt und mahnte zur Wachsamkeit. "Wir dürfen nicht erst so lange warten, bis wir durch eine furchtbare Gewalttat geweckt werden."

Neben Deutschland, das an der Grenze zur Schweiz am Wochenende besonders kontrollierte, haben auch andere EU-Länder schon reagiert. In Italien berief Innenminister Giuseppe Pisanu einen Sicherheitsgipfel ein, nachdem die Behörden zuvor eine verstärkte Überwachung von Flughäfen, Zügen und U-Bahnen angeordnet hatten.

Frankreich verstärkte die Überwachung der Bahnhöfe und Flughäfen und führte vorübergehend Grenzkontrollen ein. Tschechien intensivierte die Kontrollen an den Grenzen zu Deutschland und Österreich. Außerdem ordnete das Innenministerium höhere Polizeipräsenz in der Öffentlichkeit an.

Schily bat die Bevölkerung um Verständnis, dass Überwachung und Kontrolle etwa in Bahn- und Straßenverkehr verstärkt würden und möglicherweise auch zu Beeinträchtigungen führen könnten, die "nicht willkommen" seien. Auch mit einer erhöhten Zahl von Trittbrettfahrern sei zu rechnen.